Forschungsprojekt KI-Marktplatz endet – Start-up macht weiter

Wie Künstliche Intelligenz das Engineering revolutioniert

Entwicklungszeiten verringern, Kosten reduzieren und zeitgleich die Produktivität steigern: Warum sich Unternehmen mit künstlicher Intelligenz im Engineering beschäftigen sollten, hat das von it's OWL initiierte dreijährige Forschungsprojekt KI-Marktplatz eindrucksvoll gezeigt. Damit weitere Unternehmen die Vorteile nutzen können, hat das Projektteam das Startup AI Marketplace gegründet.
 Ein Lego-Demonstrator zeigt spielerisch, welche Mehrwerte der KI-Marktplatz bietet - sowohl auf der Anbieter- als auch auf der Anwenderseite.
Ein Lego-Demonstrator zeigt spielerisch, welche Mehrwerte der KI-Marktplatz bietet – sowohl auf der Anbieter- als auch auf der Anwenderseite. Bild: It´s OWL Clustermanagement GmbH

Künstliche Intelligenz im Engineering birgt großes Potenzial für die Steigerung von Produktivität und Wirtschaftswachstum. „Ob die Automatisierung des Technologie-Scoutings oder die Verbesserung von Konstruktionsdaten – das Potenzial von KI im Engineering ist vielfältig. Allerdings fehlt es den produzierenden Unternehmen oft an ausreichendem Knowhow, um diese Potenziale zu erschließen. Das wollen wir mit dem KI-Marktplatz ändern“, sagt Prof. Dr. Roman Dumitrescu, Direktor am Fraunhofer IEM und Mitbegründer des Startups. Dieses hat er zusammen mit Leon Özcan und Ruslan Bernijazov gegründet. Alle drei haben bereits am gleichnamigen Forschungsprojekt gearbeitet. „Mit dem KI-Marktplatz bieten wir Unternehmen einen zentralen Ort, wo sie die Potenziale von KI im Engineering entdecken und wo ihre Herausforderungen damit lösen können“, sagt Bernijazov. Das Startup bietet kostenlose Webchecks und weitere Beratungsformate für den Einstieg in das Thema an.

Dazu gehört auch ein App- und Servicestore, auf dem Nutzer einen einfachen Zugang zu KI-Anwendungen von Drittanbietern erhalten. Erste Anwendungen für den Store sind während der drei Jahre des Forschungsprojekts entstanden. In sechs Pilotprojekten haben 20 Unternehmen und Forschungseinrichtungen mit 72 assoziierten Partnern des KI-Marktplatzes an KI-Lösungen für konkrete Anwendungsfälle gearbeitet. Die Themen reichten von intelligenter Produktbeobachtung und Fehlerdiagnose bis hin zu KI-gestützter Herstellbarkeitsanalyse. An den Pilotprojekten haben sich Claas, Diebold Nixdorf, Düspohl, Hella Gutmann, Westaflex und Ubermetrics beteiligt.

 In Pilotprojekten des KI-Marktplatzes haben 20 Unternehmen und 
Forschungseinrichtungen an KI-Lösungen für konkrete Anwendungsfälle gearbeitet.
In Pilotprojekten des KI-Marktplatzes haben 20 Unternehmen und Forschungseinrichtungen an KI-Lösungen für konkrete Anwendungsfälle gearbeitet. Bild: it´s OWL Clustermanagement GmbH

Bauteile in Sekunden vergleichen

Der Landmaschinenhersteller Claas hat durch das Projekt KI in sein CAD integriert. Entstanden ist eine Wissensdatenbank mit CAD-Modellen für ein intelligentes Gleichteilemanagement mit der Gleich- und Ähnlichteile gefunden werden können. „Dank der Datenbank kann ein Ingenieur Millionen Teile in nur 13 Sekunden durchsuchen, was die Sucheffizienz drastisch erhöht. Sobald die Anwendung in Produktion ist, erwarten wir, dass wir innerhalb der nächsten Monate die Gewinnschwelle erreichen“, sagt Roger Tiako Poungue, Domain Lead CAD Mechanik bei Claas. Durch die Datenbank und die schnelle Suche können Bauteile wiederverwendet werden und müssen nicht neu konstruiert werden, das spart Herstell-, Entwicklungs- und Lagerkosten.

 Das Startup KI-Marktplatz bietet Webchecks und Beratungsformate für den Einstieg in das Thema KI im Engineering an. Zum Leistungsangebot gehört auch ein App- und Servicestore, auf dem Nutzer einen einfachen Zugang zu KI-Anwendungen von Drittanbietern erhalten.
Das Startup KI-Marktplatz bietet Webchecks und Beratungsformate für den Einstieg in das Thema KI im Engineering an. Zum Leistungsangebot gehört auch ein App- und Servicestore, auf dem Nutzer einen einfachen Zugang zu KI-Anwendungen von Drittanbietern erhalten.Bild: It´s OWL Clustermanagement GmbH

KI reduziert Produktionsspanne um 27 Prozent

Einsparpotenzial hat auch der Automobil-Zulieferer Westaflex erkannt. Dank des KI-Marktplatzes hat das Unternehmen seine Produktionsdauer, also die Zeit, die für die Fertigstellung einer bestimmten Aufgabe oder eines Projekts benötigt wird, um 27 Prozent reduziert. Denn nun plant eine Software mit Hilfe von KI, in welcher Reihenfolge die Aufträge produziert werden. Auf Grundlage von ERP-, Maschinen- und Echtzeitdaten aus der Produktion schlägt die KI eine Reihenfolgenplanung vor und löst damit analoge Plantafeln und Tabellenkalkulationen ab. „Durch die Arbeiten im KI-Marktplatz konnten wir unsere Planungszeit verkürzen und die Effizienz unserer Abläufe deutlich steigern“, sagt Olaf Knospe, Leiter Forschung und Entwicklung bei Westaflex.

KI-gestützte Diagnosesoftware auf den Markt gebracht

Der Hersteller für Diagnose und Werkstattausrüstung, Hella Gutmann, hat unter der Beteiligung des KI-Marktplatzes eine automatisierte Diagnose entwickelt und auf den Markt gebracht. Herkömmlich werden potenziell defekte Bauteile in Fahrzeugen anhand von Fehlercodes und Sensorwerten ermittelt. Aktuell benötigt ein Mechaniker dafür in der Werkstatt viel Zeit und Wissen, um auf deren Basis eine fundierte Diagnose zu erstellen. Bei der entwickelten ‚Automatisierten Diagnose‘ arbeitet die KI zum Start mit Daten aus zwei Milliarden ausgelesenen Fehlercodes und rund fünf Millionen erfasster Kausalitäten des Callcenters von Hella Gutmann. Dank der großen Datenmenge können bei über 80 Prozent der automatisierten Diagnosen defekte Bauteile mit hoher Wahrscheinlichkeit identifiziert werden. Darüber hinaus verbessert sich das System kontinuierlich selbst, indem es Feedback von KFZ-Experten nutzt und integriert.

Produktbeobachtung mit künstlicher Intelligenz

Das Analysieren und Verarbeiten von Feedback gehört auch zum Geschäft der Ubermetrics Technologies, der seine Auswertung von digitalem Produktfeedback im KI-Marktplatz automatisiert hat. KI-Anwendungen helfen, relevante Produktinformationen aus unstrukturierten Texten wie Pressemitteilungen oder Social-Media-Beiträgen zu extrahieren und zu analysieren. Unternehmen können die Software nutzen, um zu erfahren, wie bestehende und neue Produkte von Kunden wahrgenommen werden, um Anforderungen an neue Ideen zu identifizieren und Marktchancen abschätzen zu können. „Die für die Produktbeobachtung entwickelten Funktionen werden sich auf unsere Kunden auswirken, da wir einen besseren Service anbieten und die Kostenstruktur optimieren können“, sagt Jakob Tesch, Research Manager bei Ubermetrics. So sollen sich die geschätzten Kosten bei der Anbindung von Datenquellen um 80 Prozent reduzieren und die Anzahl beobachteter Entitäten um ein Vielfaches steigern.

KI kennt die passende Maschineneinstellung

Düspohl Maschinenbau ummantelt Holz-, Metall- oder Kunststoffprofile intelligent mit Hilfe der Profilummantelungs-Maschine RoboWrap. Experten des KI-Marktplatzes haben dabei geholfen, den Rüstprozess der Anlage zu verbessern. Mit Erfolg: Die Einrichtzeit der Maschine ließ sich dank KI von bis zu 16 Stunden manueller Arbeit auf nur noch 10 Minuten reduzieren – eine Zeitersparnis von bis zu 99 Prozent. Zudem weist der Prototyp eine hohe Genauigkeit auf, die KI schlägt in rund 91 Prozent aller Fälle die richtige Einrichtung der RoboWrap vor. Auf die Einstellungen und das Wissen der KI kann das Unternehmen jederzeit zurückgreifen. Zudem treten bei der Einrichtung deutlich weniger Fehler auf – die Schrottrate ist um rund 50 Prozent reduzierbar.

KI spart Zeit im Servicefall

Der Geldautomatenhersteller Diebold Nixdorf hat im Projekt die Bearbeitungszeit von Servicefällen bei den Technikern reduziert. Er nutzt KI-Algorithmen, um auf Basis von Maschinen- und Serviedaten Muster zu erkennen, die bei einem Fehler im Gerät auftreten. So kann die Ursache einer Störung im Servicefall lokalisiert werden, bevor überhaupt Techniker am Gerät eintreffen. Das spart Zeit und senkt zudem die Serviceanrufquote.

Großes Projektkonsortium als Erfolgsgarant

Das Projekt KI-Marktplatz wurde von Januar 2020 bis Juni 2023 im Innovationswettbewerb ‚Künstliche Intelligenz als Treiber für volkswirtschaftlich relevante Ökosysteme‘ des BMWK mit 16,6 Millionen Euro gefördert. Das Projektkonsortium setzte sich aus 20 Forschungseinrichtungen, Netzwerken und Unternehmen zusammen, dessen Nukleus der Spitzencluster it’s OWL bildete. Dabei setzte das Team auf die Expertise der KI-Anbieter Exzellenzcluster Cognitive Interaction Technology (CITEC), Institut für industrielle Informationstechnik (inIT) und Ubermetrics, wie auch auf die Exzellenz der beschriebenen KI-Anwender. Die Unternehmen profitieren von der Expertise aus der Forschung, während die Forschungspartner an realen Use Cases, mit realen Daten arbeiten können. Die im Projekt entstandene Plattform gestalteten maßgeblich die Organisationen Contact Software und Inno-focus, die Fraunhofer-Institute IEM, IOSB-INA und IPK, Fiware Foundation, Heinz Nixdorf Institut, International Data Spaces Association, Prostep Ivip und Unity.

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