Herr Wolf, fragt man Ihre Marktbegleiter nach ihrem wichtigsten Auslandsmarkt, dann nennen viele China an erster Stelle – gerade mit Blick in die Zukunft. Turck ist durch seinen sehr frühen Markteintritt im Jahr 1975 hingegen in Nordamerika schon seit Jahrzehnten besonders gut aufgestellt. Welcher Markt wird für Ihr internationales Geschäft zukünftig zur Nummer 1?
Christian Wolf: In China tut sich in den letzten Jahren in der Tat eine Menge und die Entwicklung des Marktes wird durch Regierungsstrategie China 2025 noch weiter beflügelt. In deren Rahmen formt sich der Anspruch, gerade im Bereich der künstlichen Intelligenz und bei weiteren Industrie-4.0-Themen ganz vorne mitzuspielen. China spielt, wie der gesamte asiatische Markt, bereits heute eine zentrale Rolle in der Automatisierungstechnik. Dieser Stellenwert wird weiterhin stark steigen – vor allem, weil die Adaption der neuen Technologien rund um Industrie 4.0 und IoT dort aus unserer Sicht deutlich schneller vorangeht als etwa in den USA oder Europa. Nichtsdestotrotz wird Nordamerika auch künftig zu den wichtigsten internationalen Märkten zählen.
Bisher hatte China nicht den besten Ruf, wenn es um den Absatz von anspruchsvollen Automatisierungslösungen ging, sondern wurde eher als Good-Enough-Markt belächelt.
Wolf: Natürlich gibt es dort einen großen Markt für Good-Enough-Produkte und den wird es auch weiterhin geben. In diesem Segment muss man sich einem harten Preiskampf stellen. Aber in Hinblick auf die technologische Bandbreite entwickelt sich China stark weiter. Es wachsen parallel immer mehr chinesische Vorzeigekunden für Industrie 4.0 heran, die in Bezug auf Hightech sehr anspruchsvoll sind.
Ist letzterer Markt aus europäischer Sicht der spannendere?
Wolf: Auf den ersten Blick schon. Die deutschen und europäischen Unternehmen würden aber einen falschen Weg beschreiten, wenn sie ihren Fokus ausschließlich auf Highend legen und den Good-Enough-Markt komplett aus der Hand geben. Denn die chinesischen Anbieter wollen künftig auch am lokalen Highend-Markt partizipieren – und wenn man Kunden bereits mit einem großen Volumen einfacher Produkte beliefert, ist man natürlich in keiner schlechten Position, um auch über technisch anspruchsvolle Lösungen zu reden.
Für Sie heißt es also das eine tun, ohne das andere zu lassen?
Wolf: Ja, man muss als Automatisierer am Ende des Tages beides können: Hochtechnologie beherrschen, aber auch bei Design to Cost wettbewerbsfähig bleiben. Allein aufgrund des Marktvolumen und -wachstums darf man den chinesischen Anbietern die Kostenführerschaft nicht komplett überlassen.