Neues Rittal-Werk in Haiger ist die größte Investition der Unternehmensgeschichte

Ohne Digitalisierung nicht wettbewerbsfähig

"Mit diesem Werk schaffen wir einen komplett neuen Weltstandard für unsere Branche und weit darüber hinaus." So begrüßte Prof. Friedhelm Loh, Inhaber und Vorstandsvorsitzender der Friedhelm Loh Group, die anwesenden Journalisten bei der Vorstellung des neuen Werks zur Fertigung von Kompaktschaltschränken und Kleingehäusen. Im mittelhessischen Haiger wurde mit 250Mio.€ die größte Gesamtinvestition der Firmengeschichte getätigt.
Bild: Rittal GmbH & Co. KG

Durch die hochautomatisierte Produktionssteuerung im Verbund mit dem globalen Distributionszentrum wird das Werk zu einem zentralen Glied in der digitalisierten Auftragsabwicklung und zum Garanten für die Verfügbarkeit des Serienportfolios mit Zubehör. „Das Werk wird vollständig nach hocheffizienten Industrie-4.0-Strukturen ausgerichtet“, betonte Loh. Das neue Werk bietet 290 Arbeitsplätze. In den Fabrikhallen werden bald mit mehr als 100 neuen Hightech-Maschinen und Anlagenkomponenten auf 24.000m² hochautomatisiert rund 9.000 AX Kompaktschaltschränke und KX Kleingehäuse pro Tag gefertigt. Dafür wird das Werk rund 35.000 Tonnen Stahl pro Jahr verarbeiten. Im Produktionsprozess stellt sich der Maschinenpark in Haiger zunehmend automatisiert auf die zu produzierenden Werkstücke und Baugruppen ein. Wo früher die einzelnen Fertigungsprozesse Zuschneiden, Kanten, Schweißen sowie Lackieren transaktional, sequenziell und unabhängig voneinander abgearbeitet wurden, werden im neuen Werk alle Personen und Objekte immer enger in das Manufacturing Execution System (MES) eingebunden. Die Einzelbaugruppen werden am Ende automatisch zum fertigen Produkt zusammengeführt und mit einem QR-Code versehen, der eine Identifizierung auch in der späteren Weiterverarbeitung beim Kunden ermöglicht. Dabei kommunizieren die Maschinen und Handling-Systeme untereinander und mit übergeordneten Leitsystemen über Industrie-4.0-taugliche Kommunikationsnetzwerke. 20 fahrerlose Transportsysteme übernehmen automatisiert die Transporte im Werk.

Bild: Rittal GmbH & Co. KG

Verschiebungen in der Arbeitswelt

Im Gespräch mit der anwesenden Fach- und Lokalpresse ging Friedhelm Loh auf die besonderen Aspekte ein, die es im Digitalisierungszeitalter bei der Errichtung einer neuen Produktionsstätte zu berücksichtigen gelte. „In der neuen Welt der Produktion sind die Investitionen sehr hoch. Wenn wir uns früher sehr intensiv mit Maschinen beschäftigt, sie installiert und betrieben haben, ist die Welt heute eine ganz andere: Es geht um Verknüpfung, es geht um Netzwerke, es geht um Daten“, betonte der Firmeninhaber. Mit Blick auf die Komplexität der neuen Fertigung für Kompaktschaltschränke und Kleingehäuse sagte Loh: „Diese Fabrik, in die wir investiert haben, ist ein Risiko. Das muss nicht klappen.“ Ohne Digitalisierung aber, so Loh, werde der Standort Deutschland auf Dauer nicht wettbewerbsfähig sein. Daher werde es eine Verschiebung zu mehr intelligenter Arbeit geben, woraus sich eine weitere große Herausforderung für die deutsche Industrie ableite: Zur Fortentwicklung und Behauptung in einem zunehmend umkämpften Wettbewerbsumfeld sei das lebenslange Lernen der Mitarbeiter noch nie so gefragt wie heute. Die Bereitschaft zur Aus- und Weiterbildung sei nicht mehr nur ein Kriterium, wenn man mit der Karriere vorankommen möchte, sondern eine essenzielle Überlebensfrage. Loh: „Wir haben bisher rund eine Million Euro allein darin investiert, dass die Mitarbeiter, die künftig hier in Haiger arbeiten werden, die neuen Maschinen und Prozesse verstehen. In früheren Zeiten wäre dies undenkbar gewesen. Heute gehört es dazu.“ Carsten Röttchen, Geschäftsführer Produktion bei Rittal, betont ergänzend, dass die Bereitschaft zur lebenslangen Aus- und Weiterbildung auch von Arbeitnehmerseite vorhanden sein müsse und gab dazu ein anschauliches Beispiel: „Der älteste fachfremde Mitarbeiter, der sich hier innerhalb eines Jahres zum IHK-zertifizierten Maschinen- und Anlagenführer hat ausbilden lassen, ist 55 Jahre alt. Dieser hat früher ausschließlich manuelle Tätigkeiten ausgeführt und arbeitet heute mit hoch komplexen Maschinen.“ Digitalisierung, so hob Uwe Scharf, Geschäftsführer Business Units und Marketing bei Rittal, hervor, dass Digitalisierung kein Selbstzweck sei, sondern nur dann Sinn mache, wenn dadurch die Wertschöpfungskette optimiert und die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werde. Mit Blick auf den Schaltanlagenbau bemerkte Scharf: „Digitale Daten werden Möglichkeiten eröffnen, an die wir heute noch gar nicht denken. So sind völlig neue digitale Service-Geschäftsmodelle im Bereich Instandhaltung, vorbeugender Wartung oder frühzeitiger Diagnostik denkbar.“

Rittal GmbH & Co. KG

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