Kundenspezifische Antriebslösung weiterentwickelt

Das Bessere ist der Feind des Guten

Die Steuerungen von EST decken verschiedene Anwendungsbereiche ab, darunter das Schrauben und Einpressen sowie die Reibwert- und Wegmessung. Als neue Features stellen sie nun auch Kenndaten für Predictive Maintenance bereit und lassen sich über eine Web-Applikation parametrieren. Zudem wird ein neues Handwerkzeug unterstützt - bei dessen Anbindung über Ethernet arbeitet das Unternehmen eng mit dem Antriebslieferanten zusammen.
 Der SD2 für EST ist ein kundenspezifisches Gerät, das sich vom Standard unter anderem dadurch unterscheidet, dass es ohne Prozessorkarte geliefert wird.
Der SD2 für EST ist ein kundenspezifisches Gerät, das sich vom Standard unter anderem dadurch unterscheidet, dass es ohne Prozessorkarte geliefert wird.Bild: Sieb & Meyer AG

Predictive Maintenance und vernetzte Systeme sind als Trends für die Kunden von EST zunehmend relevant. „Auf diesen neuen Wegen wollen wir sie natürlich bestmöglich begleiten“, erklärt Geschäftsführer Stefan Nuding. Deshalb wurden die Funktionen der FlexE12-Steuerungen unter dem Namen FlexE12 4.0 erweitert. Im ersten Schritt entschied man sich, auf das Betriebssystem Linux umzusteigen. Als Resultat ließ sich der Speicher vergrößern, sodass Kenndaten für Predictive Maintenance entsprechend abgelegt und in Folge auch ausgewertet werden können.

 Die Firma EST hat die Steuerungen der Serie FlexE12 weiterentwickelt und in Kooperation mit Sieb & Meyer 
ein neues Werkzeug angebunden.
Die Firma EST hat die Steuerungen der Serie FlexE12 weiterentwickelt und in Kooperation mit Sieb & Meyer ein neues Werkzeug angebunden.Bild: EST GmbH

Vorausschauend warten und online parametrieren

Konkret funktioniert das wie folgt: Während der Pausenzeit des Systems – also wenn gerade nicht geschraubt oder eingepresst wird – führt die Steuerung automatisch verschiedene Selbsttests durch. So erhalten Anwender Hinweise auf den aktuellen Zustand des Gesamtsystems (Schraubwerkzeug oder Fügeeinheit inklusive Steuerung). Zusätzlich lässt sich auf den Werkzeugen ein Datenchip integrieren, auf dem der Lebenslauf abgespeichert ist. Das erlaubt es, jederzeit die Historie des Geräts auszulesen – z.B. wo und wann es eingesetzt oder gewartet wurde. Der Vorteil: Der Zugriff auf externe Datenbanken entfällt, die Auswertung erfolgt direkt am Werkzeug – dafür kann das jeweilige Unternehmen seinen Mitarbeitern individuell die entsprechenden Rechte zuweisen. Eine weitere Neuerung ist die passende Web-Applikation. „Bislang gab es eine reguläre Parametrier-Oberfläche des Systems“, so Nuding. „Nun haben wir zusätzlich eine benutzerfreundliche Web-Oberfläche entwickelt, über die sich die Steuerungen parametrieren und bedienen lassen. Darüber können Anwender auch externe Module wie Ventile oder Zylinder ansteuern.“

Werkzeuge über Ethernet anbinden

Nicht zuletzt hat EST eine neue Generation von handgehaltenen Schraubwerkzeugen angebunden. Entsprechende Schraubwerkzeuge hat das Unternehmen zwar selbst nicht im Sortiment, Kunden können aber flexibel und modular Geräte anderer Hersteller anschließen. Darunter findet sich jetzt auch ein neuartiges Schraubwerkzeug, das per Ethernet-Schnittstelle an die Steuerung angebunden ist. „Für den Kunden hat das unter anderem den Vorteil, dass nur ein sehr dünnes Kabel benötigt wird, um die Signale zwischen Werkzeug und Steuerung zu übertragen“, so Stefan Nuding. Die Implementierung der neuen Ethernet-Schnittstelle war allerdings mit Aufwand verbunden. „Wir haben dabei über Monate eng mit EST zusammengearbeitet, denn das Unternehmen verwendet seit jeher in den FlexE12-Steuerungen unseren Servoverstärker SD2“, erläutert Ralph Sawallisch, Key Account Manager Antriebselektronik bei Sieb & Meyer. „Wir haben dafür das individuelle Frontend jetzt um die Ethernet-Schnittstelle ergänzt.“

Eine Kooperation mit Zukunft

Beim SD2 von Sieb & Meyer handelt es sich um einen vielseitigen Servoverstärker, der die hohe Prozessgenauigkeit der EST-Steuerungen ermöglicht. Schon bei der Entwicklung der ersten Generation genügte ein Antrieb von der Stange nicht: „In der Standardausführung weiß der SD2 nicht, was Schrauben anziehen bedeutet“, so Sawallisch. „Es fehlen wichtige Funktionen wie die Ablaufsteuerung, die Visualisierung sowie die Kommunikation zu den Leitrechnern.“ Deshalb entwickelte EST zu Beginn des Projektes selbst eine Steuerungsplatine bzw. Prozessorkarte, die diese Funktionen abdeckt. Die für die Regelung des SD2 nötige Schaltung wurde von Sieb & Meyer konzipiert und ins Layout integriert. Der Servoverstärker wird in diesem Fall also ohne Prozessorkarte geliefert, da diese vom Kunden selbst hergestellt und eingesetzt wird. Sie ist ein integraler Bestandteil des SD2 und wird auch vom Gerät mit Spannung versorgt. „Man könnte sagen, EST kauft von uns ein Gerät ohne Kopf“, ergänzt Sawallisch mit einem Augenzwinkern. „Diesen Kopf stellt unser Kunde selbst her, wobei wir das Knowhow für die Schaltung beitragen. Und nun entwickeln wir den Kopf gemeinsam kontinuierlich weiter, um ihn fit für neue Anforderungen zu machen – im konkreten Fall, um mit dem neuen Werkzeug kommunizieren zu können.“ Die langjährige Kooperation mit EST ist ein Paradebeispiel für ein Spezialgebiet des Antriebsanbieters: die Konzeption und Umsetzung von kundenspezifischen Antriebskonzepten. Das Unternehmen bietet seinen Kunden dabei den kompletten Service – von der ersten Beratung über die Entwicklung bis zur Serienproduktion. Das Angebot reicht von einfachen Hardwareanpassungen bis hin zu komplett neu definierten Geräten und Funktionen. EST-Geschäftsführer Nuding ist sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit. „Mit Sieb & Meyer haben wir einen Partner an unserer Seite, mit dem wir alle Anforderungen unserer Kunden erfüllen können.“ Dass EST dabei auch in Zukunft neue Wege beschreiten will, zeigt ein aktuell realisiertes Forschungsprojekt: Es soll ermöglichen, dass sich die Daten aus der FlexE12-4.0-Steuerung in einer Cloud speichern und auswerten lassen.

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