Antriebslösungen von EBM-Papst

„Champion der Integration“

EBM-Papst ist als Anbieter für die Luft- und Antriebstechnik in der Branche sehr bekannt. Papst-Lüfter wird als feststehender Begriff wie Wago-Klemme oder Tempo-Taschentuch genutzt. Wie aber positioniert sich das Unternehmen mit seinen Antriebssystemen? Welche Eigenschaften differenzieren die Motoren gegenüber denen der Marktbegleiter? Und wie lässt sich den unterschiedlichen Kundenanforderungen am besten begegnen? Darüber hat sich das SPS-MAGAZIN mit Johannes Pfeffer, Geschäftsführer in St. Georgen und dem Leiter des Geschäftsbereichs Antriebstechnik, Johannes Moosmann, unterhalten.
Bild: ebm-papst St. Georgen GmbH & Co. KG

Fällt der Name EBM-Papst, so denken die meisten erst einmal an Lüfter und nicht an Industriemotoren.

Johannes Pfeffer: Wenn man die beiden Unternehmensteile EBM und Papst betrachtet, war EBM schon früh auf Ventilatoren und damit Lufttechnik spezialisiert. Bei Papst spielte hingegen die Antriebstechnik ursprünglich die dominante Rolle, geriet später aber in den Hintergrund. Sie schlummerte sozusagen einige Zeit vor sich hin, obwohl man immer sehr gute Antriebe im Programm hatte. Seit 2010 hat sich das Unternehmen mit einer eigenen Business Unit aber wieder verstärkt auf diese Kompetenz besonnen und ein komplettes Antriebssystem im Markt positioniert. Auf Ihre Frage bezogen ist diese Wahrnehmung also historisch gesehen eher ein Irrtum.

Johannes Moosmann: Papst ist ja sogar der Erfinder des Außenläufermotors und hat diese Technik damals in zahlreichen Anwendungen etabliert. Außenläufer bieten den Vorteil eines ausgesprochen gleichmäßigen Laufs und lassen sich zudem sehr kompakt aufbauen – beides Eigenschaften, die heute in industriellen Anwendungen gefragt sind. Über die Zeit ist natürlich auch die Elektronik für geregelte Antriebe dazugekommen. Wir vereinen im Haus aber nicht nur eine eigene Motoren- und Elektronikfertigung, sondern haben seit der Übernahme der Firma Zeitlauf im Jahr 2013 auch die Getriebetechnik im Programm.

Pfeffer: Unser Standort in Lauf steuert als Getriebespezialist einen ganz wichtigen Beitrag für unseren Systemgedanken bei. In der Kombination unserer vielfältigen Technologien in den Bereichen Elektromotor, Getriebe und Elektronik sind wir dadurch in unseren Märkten einzigartig aufgestellt.

Bild: ebm-papst St. Georgen GmbH & Co. KG

Was bedeutet das konkret?

Moosmann: Wir bedienen den Markt heute aus einem modularen Baukastensystem heraus, dessen Bestandteile nicht nur einfach kombinierbar, sondern auch bereits im Vorfeld validiert sind. Damit können wir Kunden sehr schnell eine spezifisch passende Lösung anbieten. Das ist unsere strategische Zielrichtung, die wir auch konsequent weiter ausbauen. Zu den Außenläufern ist längst die Innenläufertechnik hinzugekommen, die hohe Dynamik und Positioniergenauigkeit erlaubt. So bieten wir heute mit den verschiedenen Baugrößen Leistungen von 30 bis 750W und decken den Bereich der Schutzkleinspannung ab. Wir sind überzeugt, dass sich genau in dieser Leistungsklasse also bei Spannungen kleiner 60V ein signifikantes Marktwachstum abzeichnen wird.

Bild: ebm-papst St. Georgen GmbH & Co. KG

EBM-Papst hat sich also – was die Motorarten angeht – vom Spezialist für Außenläufer zum Allrounder entwickelt?

Moosmann: Egal ob Innen- oder Außenläufer – die in unserem Haus vorhandenen Kompetenzen für die verschiedenen Bauweisen sind ebenbürtig. Zudem greifen beide Bauprinzipien auf die selbe Ansteuerungselektronik zurück. Durch unser Geschäft im Automotive-Markt haben wir zudem einen großen Erfahrungs- und Knowhow-Vorsprung gegenüber Marktbegleitern, wenn es um schnelle sowie wirtschaftliche Entwicklung und Produktion geht.

Pfeffer: Sie sehen: Produktseitig können wir uns sehr gut mit den genannten Eigenschaften differenzieren. Etwas schwerer tun wir uns in der Auswahl der von uns bedienten Märkte. Schließlich gibt es eine Unmenge an passenden Industriesegmenten und Applikationsbereichen, in denen wir prinzipiell unsere Stärken voll ausspielen könnten. Aber wir können leider nicht auf allen Hochzeiten tanzen, sondern müssen Prioritäten setzen. Schwerpunkte unserer strategischen Ausrichtung sind unter anderem die Bereiche Intralogistik, allgemeiner Maschinenbau, Zugangskontrolle und Medizintechnik.

Warum bewerten Sie die Intralogistik so hoch?

Moosmann: Eine aus unserer Sicht hochspannende Entwicklung ist das weltweite Wachstum im E-Commerce-Markt und die dahinter stehende Automatisierung der Warenlager. Hier lassen sich unsere Antriebe in der klassischen Fördertechnik genauso einsetzen, wie bei Regalbediengeräten oder fahrerlosen Transportsystemen. Deswegen profitieren wir von diesem Trend sehr stark und sehen auch weiterhin Wachstumsraten, die doppelt so hoch sind, wie in anderen Märkten.

Bild: ebm-papst St. Georgen GmbH & Co. KG

Lassen sich denn auch zwischen den Geschäftsbereichen Automotive und Industrie technologische oder strategische Synergien nutzen?

Pfeffer: Prinzipiell ticken die Märkte schon unterschiedlich. Aber wenn man beide Welten versteht, dann tun sich auch entsprechende Synergien auf. So nutzen wir ein breites Prozess- und Erfahrungsspektrum aus dem Automobilbau auch für die Industrie, vom strategischen Einkauf über das Prozessmanagement bis hin zur Qualitätssicherung. Beide Geschäftsbereiche, Automotive und industrielle Antriebstechnik, sind innerhalb unserer Unternehmensgruppe etwas Besonderes: Insgesamt bewegt EBM-Papst zu 90 Prozent Luft. Wir zeigen mit diesen Bereichen aber sehr erfolgreich, dass man auch andere Dinge bewegen kann.

Welches Gewicht haben Steuerungstechnik und Motion Control denn in Ihrem Hause?

Moosmann: Mit Motion Control beschäftigen wir uns schon viele Jahre. Aktuell liegt unser Fokus auf motorintegrierten Systemen, sodass der Anwender auf einen externen Motion Controller verzichten kann. Mehr noch: Mit unserer Elektronik als Master ausgerüstet, steuert ein Antrieb sogar andere Motoren oder liest Sensorsignale aus. Damit kann in einfachen Anwendungen sogar die SPS entfallen. Einen wichtigen Schritt gehen wir zudem in Richtung Netzwerkfähigkeit. Auch hier bietet die Modularisierung der Kommunikationsschnittstellen gewaltige Vorteile und deshalb bauen wir das Spektrum der verfügbaren Bus-/Netzwerkprotokolle kontinuierlich aus.

Pfeffer: Heutzutage ist es als Antriebsanbieter sehr wichtig, dass man diese Elektronik- und Kommunikationsmodule integrieren kann. Wir sind ein Champion in Sachen Integration und bieten alle modernen Möglichkeiten an. Als IIoT-Enabler gehen wir aber nur so weit, wie der Kunde es möchte. Schließlich wollen wir nicht sein Geschäft übernehmen. Denn genauso wenig, wie wir in den direkten Wettbewerb zu den klassischen SPS-Anbietern treten, dringt EBM-Papst auf das Digitalisierungs-Terrain seiner Kunden vor.

Wie flexibel müssen Sie sein, wenn es keine pauschalen Grenzen gibt?

Pfeffer: Nun, manche Kunden integrieren alles selbst, andere freuen sich, wenn EBM-Papst diesen Part möglichst weit übernimmt. Letztendlich müssen wir aber stets ein guter Berater und Sparringspartner für die Kunden sein. Dafür gibt es im Unternehmen sogenannte Drive Experts mit außergewöhnlich tiefem Antriebs- und Elektronikwissen. Sie besprechen mit dem Kunden im Detail, was genau gewünscht ist und welche Antriebslösung am besten passt. Ein solch partnerschaftlicher Ansatz wird in Zeiten von Integration und Digitalisierung immer wichtiger. Doch für uns ist das eigentlich nichts neues, denn EBM-Papst ist seit jeher sehr kundennah aufgestellt.

Nimmt der Kunde Ihr Integrationsangebot heute denn mehr an als früher?

Moosmann: Die meisten Kunden nehmen die Breite unseres Systemangebotes gerne an. Das lässt sich auch gut an unserem Wachstum ablesen. Schließlich verkaufen wir Produkte nicht über den Katalog sondern über Beratung. Anwender, die Motor, Getriebe und Elektronik komplett selbst auslegen wollen, müssen dauerhaft Ressourcen mit entsprechendem Fachwissen vorhalten, was für viele unserer Kunden zu teuer ist.

Pfeffer: Gerade die großen Player am Markt ziehen eine Buy-Option immer öfter der Make-Option vor. Das betrifft nicht nur unsere klassischen Kunden, sondern auch andere Anbieter, die Kompaktmotoren nicht im Kern ihrer Strategie definieren, diese aber zur Vervollständigung ihres Lösungsangebotes benötigen. So können wir unsere Stärken auch als Partner von großen Integratoren wunderbar ausspielen.

Als Lösungsanbieter kommen Sie auch am Thema Software nicht vorbei.

Moosmann: Absolut richtig! Software benötigt man heute in ganz unterschiedlichen Ausprägungen – sei es als Firmware, Automatisierungsanbindung, Motion-Control-Algorithmen oder Feldbustreiber. Für all diese Bereiche braucht man die richtigen Spezialisten im Unternehmen – ohne die geht es einfach nicht.

Liegt in der Software der Schlüssel, um den vielen verschiedenen Anforderungen der Kunden überhaupt begegnen zu können?

Pfeffer: Sie spielt in einem modernen modularen Konzept zumindest eine sehr wichtige Rolle. Wenn immer mehr Funktionalität über die Softwarelösungen umgesetzt werden kann, lässt sich die teure Varianz der Endprodukte eingrenzen. Auch die Frage nach den kleinstmöglichen Losgrößen relativiert sich durch die Software.

Moosmann: Damit wir mit unserem Baukasten auch kleine Losgrößen wirtschaftlich abbilden können, müssen wir die Varianz zu Beginn der Wertschöpfungskette möglichst gering halten und Skaleneffekte nutzen. Erst im späteren Verlauf der Produktentstehung wird die Varianz, unter anderem durch verschiedene Softwareparameter gebildet.

Lassen Sie uns einen Blick auf die Märkte werfen. Wie global ist EBM-Papst mit seiner Antriebstechnik denn aufgestellt?

Pfeffer: Wir wollen unseren Footprint als Antriebshersteller deutlich erweitern und unsere weltweiten Fertigungsstrukturen zunehmend auch für die Antriebstechnik nutzen. So arbeiten wir gerade an Produktionskapazitäten in China und den USA, die im kommenden Jahr ihre Arbeit aufnehmen sollen.

Mit einem länderspezifischen Angebot?

Pfeffer: Unsere Philosophie ist es, ein einheitliches Basisportfolio anbieten zu können, das wir zentral aus St. Georgen steuern. Die Anpassung auf länderspezifische Lösungen erfolgt dann dezentral in jeder Region. Nur so können wir dem Qualitätsanspruch an einen EBM-Papst-Antrieb immer gerecht werden – egal ob er in China oder in Deutschland gefertigt wurde.

Wie aktiv sind Sie denn heute bereits in den weltweiten Märkten?

Pfeffer: Stand heute ist unser Umsatz noch sehr europaorientiert. Für das Geschäft in Nordamerika wollen wir verstärkt auf unsere gruppenweit etablierte Distributorenstruktur zurückgreifen, die wir mit einfach kombinierbaren Antriebssystemen versorgen. Wir müssen aber unseren aus der Lüftertechnik weltweit bekannten, etablierten Herstellernamen noch stärker mit der Antriebstechnik verknüpfen.

Moosmann: In China gibt es eine ähnliche Situation. Auch hier sehen wir für unseren Systemansatz großes Potenzial und wollen eng gemeinsam mit unseren lokalen Tochtergesellschaften verstärkt den Markt bearbeiten. Denn das Interesse für hochwertige Technik und Produkte in China wächst sehr schnell – und das nicht nur bei Maschinen oder Anlagen, die für den Export vorgesehen sind. Wir beobachten einen Trend zu ‚Highend‘ auch für lokale Applikationen in China selbst.

Herr Pfeffer, bitte wagen Sie abschließend einen Ausblick. Sie sind jetzt gut ein Jahr Sprecher der Geschäftsführung bei EBM-Papst in St. Georgen. Wohin wollen Sie die Antriebstechnik Ihres Hauses führen?

Pfeffer: Wo die Reise in den nächsten Jahren wirklich hinführt, das wird sich im Detail noch zeigen. Ich sehe nicht nur in der Antriebstechnik, sondern auch in unseren anderen beiden Geschäftsbereichen Automotive und industrielle Lufttechnik gewaltige Chancen. Das letzte Jahr habe ich genutzt, um mich tief in diese Marktsegmente einzuarbeiten. Trotz einiger Unterschiede zwischen diesen Bereichen, gibt es hier viel Synergiepotenzial zu nutzen. Wachstum per se ist aber nicht unser Ziel. Viel wichtiger ist es, das Geschäft organisch sinnvoll auszubauen und weiterhin gute Arbeit zu leisten. Und wenn unsere Kunden und Geschäftspartner uns dies dann auch als Feedback geben haben wir alles richtig gemacht.

Vielen Dank für das Gespräch. (mby)

ebm-papst St. Georgen GmbH & Co. KG

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