Bessere Nutzung der Frequenzen machts möglich:

Wi-Fi 6 bringt Effizienzschub für industrielle Anwendungen

Die Frage ist nicht ob, sondern wie IEEE802.11ax (alias Wi-Fi 6) und 5G die drahtlose mobile Kommunikation im Industrieumfeld vorantreiben. Siemens unterstützt beide Technologien, um für unterschiedlichste Anforderungen optimale Lösungen zu bieten. Speziell Wi-Fi 6 setzt als erster WLAN-Standard nicht mehr vorrangig auf mehr Bandbreite, sondern auf effizientere Nutzung der Frequenzen durch jeden einzelnen Client bei einer wachsenden Teilnehmerzahl. Der Standard bietet dafür Funktionen, die es in industrietaugliche Komponenten umzusetzen gilt.
 Die Komplexität industrieller WLAN-Anwendungen wird weiter wachsen. WLAN-Komponenten nach neuem Standard machen die drahtlose Kommunikation flexibler und effizienter.
Die Komplexität industrieller WLAN-Anwendungen wird weiter wachsen. WLAN-Komponenten nach neuem Standard machen die drahtlose Kommunikation flexibler und effizienter.Bild: Siemens AG

Wireless LAN ist im industriellen Umfeld längst viel mehr als die bloße drahtlose Verbindung weniger stationärer Teilnehmer. Mit proprietären industriellen Zusatzfunktionen, den sogenannten iFeatures – wie der industrial Point Coordination Function (iPCF) – hat Siemens schon frühere WLAN-Standards um Echtzeitfähigkeit erweitert und fit für anspruchsvolle industrielle Anwendungen gemacht. Applikationen mit mobilen Teilnehmern wie Krankatzen, fahrerlose Transport- und Shuttle-Systeme, Hochregallager/Regalbediengeräte, Einschienenhängebahnen und in zunehmendem Maß mobile Roboter in modularen Produktionsumgebungen sind heute weltweit etabliert. Die Technologie ist aus der Automatisierungswelt nicht mehr wegzudenken. Noch weniger aus der durchgängig digitalen Fabrik mit immer mehr IIoT-Geräten sowie mobilen Virtual-/Augmented-Reality-Devices zur Visualisierung von Daten und Prozessen, z.B. für Assisted Work. Die Zahl der Teilnehmer in den Funknetzwerken steigt weiter und damit der Bedarf an noch flexiblerer, effizienterer Kommunikation. Dabei müssen Handhabung und Koordination, Service und Wartung für den Anwender einfach beherrschbar bleiben. Der jüngste WLAN-Standard IEEE802.11ax, die sechste, von der Wi-Fi Alliance prägnant Wi-Fi 6 getaufte Generation, bringt dafür eine Reihe an leistungs- und ausbaufähigen Funktionen mit.

Wi-Fi 6 führt die gleichzeitige Nutzung eines WLAN-Kanals für bis zu neun Teilnehmer ein (OFDMA, rechtes Bild). Das kann die Latenzzeiten deutlich verkürzen. Bis Wi-Fi 5 kann immer nur ein Teilnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt kommunizieren (OFDM, link
Wi-Fi 6 führt die gleichzeitige Nutzung eines WLAN-Kanals für bis zu neun Teilnehmer ein (OFDMA, rechtes Bild). Das kann die Latenzzeiten deutlich verkürzen. Bis Wi-Fi 5 kann immer nur ein Teilnehmer zu einem bestimmten Zeitpunkt kommunizieren (OFDM, linkBild: Siemens AG

Häppchenweise effizienter kommunizieren

Einen großen Schritt zu höherer Effizienz ermöglicht die Funktion OFDMA (Orthogonal Frequency-Division Multiple Access/Mehrfachzugang durch orthogonale Frequenzteilung), eine im Mobilfunk bereits etablierte, für WLAN aber neue Art der Datenübertragung. Bislang nutzt WLAN das Verfahren Orthogonal Frequency-Division Multiplexing (OFDM). Dabei kann immer nur jeweils ein Client zu einem bestimmten Zeitpunkt mit dem Access Point kommunizieren und belegt den Kommunikationskanal exklusiv für die Datenübertragung. Mit OFDMA wird der Kommunikationskanal in mehrere Unterkanäle, sogenannte Ressource Units (RU), aufgeteilt. Diese Unterkanäle lassen sich variabel bündeln und von verschiedenen Clients nutzen. So können Daten gleichzeitig, ergo in kürzeren Abständen übertragen werden. Das kann zu geringeren Latenzzeiten, gerade für kleine Pakete wie Profinet Telegramme, führen und damit letztendlich zu kürzeren Zyklus- und Reaktionszeiten der Automatisierungslösungen. In einem WLAN mit durchgängig OFDMA-fähigen Access Points und Clients resultieren daraus verschiedene Vorteile. So können in kürzerer Zeit mehr Teilnehmer als bisher kommunizieren oder bei gleicher Anzahl mehr Daten im bisherigen Zeitfenster übertragen werden. Damit kann z.B. ein fahrerloses Transportsystem (FTS) oder ein Schubplattenfördersystem schneller auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren, etwa auf Personen im Fahrbereich. Es lässt sich folglich mit einer höheren Geschwindigkeit betreiben, ohne die Gefährdung zu erhöhen. In einem Hochregallager bedeutet dies deutlich höhere Umschlagraten. Damit ist die Basis geschaffen, um die immer häufiger auftretenden Anforderungen nach zuverlässiger Echtzeit für Automatisierungskomponenten und datenintensive Applikationen wie Kameraübertragungen parallel zu bewältigen.

Bild: Siemens AG

Energieverbrauch und Funklast reduzieren

Eine weitere neue Funktion von Wi-Fi 6 ermöglicht es, eine definierte Target Wake Time (TWT) für jeden Teilnehmer zu vereinbaren um Clients nur bei Bedarf anzusprechen und ‚aufwecken‘ zu können. Diese verbrauchen somit weniger Energie, was mitunter zu längeren Laufzeiten und Wartungszyklen batteriebetriebener WLAN-Geräte führt. In komplexen Systemen viel wichtiger ist aber der Aspekt, dass ’schlafende‘ Teilnehmer nicht funken und damit den Kommunikationskanal nicht belegen. Das wiederum erleichtert die Planung und Koordination sehr vieler Teilnehmer und führt leichter zu stabiler, störungsfreier Kommunikation. Drei verschiedene TWT-Modi machen diesen Teil des Standards sehr flexibel.

 Dank kürzerer Latenzzeiten lassen sich beispielsweise fahrerlose Transportsysteme in 
größerer Teilnehmerzahl auch bei höherer Geschwindigkeit sicher betreiben.
Dank kürzerer Latenzzeiten lassen sich beispielsweise fahrerlose Transportsysteme in größerer Teilnehmerzahl auch bei höherer Geschwindigkeit sicher betreiben.Bild: Siemens AG

Kanäle räumlich näher wiederverwenden

Ziel der neuen Standard-Funktion Spatial Reuse mit Basic Service Set (BSS) Coloring ist es, Kanäle räumlich näher beieinanderliegend wiederverwenden zu können. Auch dann, wenn diese räumlich so nah sind, dass normalerweise starke Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Dazu wird jedem BSS, bestehend aus einem Access Point und zugehörigen Clients, eine ‚Farbe‘ (das heißt eine Zahl) zugeordnet und eine dynamische Kanal-Freigabeschwelle definiert. Dadurch können die Teilnehmer auch dann zuverlässig kommunizieren, wenn der Kanal eigentlich durch Teilnehmer einer anderen Farbe belegt wäre, diese aber mit geringerer Leistung senden. Damit entfallen die bisherigen Wartezeiten auf einen freien Kanal und die Kanäle können effizienter wieder genutzt werden. Spatial Reuse ermöglicht so eine deutlich effizientere Nutzung des Frequenzspektrums und neue Paradigmen bei der Planung von Anlagen. Es vereinfacht durch die räumlich nähere Wiederverwendbarkeit der Kanäle beispielsweise die Abstimmung unter mehreren Anlagenlieferanten in einer Fabrik. In industriellen IoT-Umgebungen ist eine bessere Verteilung vieler Clients auf verschiedene Access Points und damit eine höhere Störfestigkeit (Übertragungsqualität) auf engem Raum erreichbar.

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Bild: Siemens AG
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