KEB Automation baut Hochregallager am Stammsitz in Barntrup

Hauseigene Success Story

Gerade hat KEB Automation am Stammsitz in Barntrup ein neues Hochregallager in Betrieb genommen. Das Besondere: Nicht nur das Lager selbst, sondern auch die angebundenen Strukturen wurden mithilfe hauseigener Technik automatisiert. So ist das Projekt zu einer Success Story für die KEB-Kompetenz in Sachen Intralogistik geworden - inklusive der Einbindung moderner IIoT-Lösungen und der Option für durchgängige DC-Technik.
 KEB hat am Stammsitz ein neues Hochregallager in 
Betrieb genommen - für bis zu 58.000 Euro-Behälter 
und 8.000 Paletten.
KEB hat am Stammsitz ein neues Hochregallager in Betrieb genommen – für bis zu 58.000 Euro-Behälter und 8.000 Paletten. Bild: KEB Automation KG

KEB kann als Anbieter von Antriebs- und Automatisierungstechnik eine hohe Fertigungstiefe vorweisen. Egal ob SPSen, Frequenzumrichter, Motoren, Bremsen, Drosseln, Softwarelösungen oder IIoT-Tools: Alles entwickelt und produziert das Unternehmen selbst – größtenteils Made in Germany und in weiten Teilen am Stammsitz im ostwestfälischen Barntrup. Als Ausrüster von Förderanwendungen hat KEB eine lange Historie, die bis in die Anfänge des Unternehmens zurückreicht. Schon mit den zu Beginn angebotenen mechanischen Komponenten wie Bremsen und Kupplungen zielte man auf dieses Marktsegment. Die digitalen Frequenzumrichter, die das Unternehmen in den 1980er-Jahren entwickelte, vergrößerten das Applikationsspektrum in der Intralogistik, z.B. in Richtung von Start/Stopp-Lösungen für Förderbänder oder Regalsysteme. Mit den ersten Rückspeiseeinheiten in den 1990 oder der eigenen Steuerungstechnik ab der Jahrtausendwende erweiterte sich das Angebot noch einmal. Rückblickend ist sich KEB als Ausrüster der Intralogistik stets treu geblieben.

Was ist NOA?

Mit der Microservices-Plattform NOA (Next Open Automation) will KEB seinen Kunden die Möglichkeit bieten, eigene Automatisierungslösungen auf der Basis von offenen Systemen zu gestalten. Neben Hard- und Softwareprodukten von KEB lässt sich das Konzept einfach erweitern – durch eigenes Knowhow des Anwenders oder die Integration von Drittanbietern. Die Kerninfrastruktur NOA Core setzt auf eine Linux- und Container-basierte Architektur und kann auf Embedded Hardware, IPCs und Panels von KEB oder 3rd-Party-Geräten genutzt werden. Über den App Manager können sowohl KEB-Tools für Visualisierung oder Monitoring als auch kundeneigene Apps verwaltet werden. Für übergeordnete Services wie das Gerätemanagement sorgt ein cloudbasiertes Portal. Es lässt sich nach Bedarf auch als White-Lable-Variante für Endkunden anpassen.

Ein Lager für alle Bauteile

 Blick in den RBG-Schaltschrank mit Rückspeiseeinheit R6 (links), F6-Umrichter (mitte) und S6-Servoumrichter (rechts)
Blick in den RBG-Schaltschrank mit Rückspeiseeinheit R6 (links), F6-Umrichter (mitte) und S6-Servoumrichter (rechts)Bild: KEB Automation KG

Diesem Selbstverständnis folgte man auch, als es darum ging, die eigene Intralogistik am Stammsitz auf ein neues Level zu heben. KEB entschied sich für den Neubau eines modernen Hochregallagers. Ziel war es, alle Bauteile und halbfertige Produkte an einem Ort einzulagern – das bereits bestehende Lager soll künftig nur noch für fertige Geräte genutzt werden. Bei der Planung des Projekts sprach man mit verschiedenen Anbietern. Voraussetzung war, dass Antriebs- und Automatisierungstechnik aus dem eigenen Portfolio zum Einsatz kommt. Im Endergebnis fiel die Wahl auf das Unternehmen Gebhardt aus Sinsheim, mit dem KEB bereits Anlagen für die Fördertechnik umgesetzt hatte. Parallel wurden Frank Weber, Sebastian Wietzorrek und Phillip Hannesen als zuständiges Projektteam aufgestellt. Der Spatenstich erfolgte im September 2021 – 24 Monate später konnte das Lager den Regelbetrieb aufnehmen. „Das Vorhaben einer Sonderlösung mit unserer eigenen Technik hat sich rückwirkend als Glücksfall erwiesen“, betont Weber, der bei KEB im Applikationsvertrieb arbeitet. „Denn aufgrund von Lieferproblemen, mit denen andere Ausrüster damals noch zu kämpfen hatten, wäre sonst der komplette Zeitplan in Gefahr geraten.“

Das neue Hochregallager besteht aus zwei Systemen: einem automatischen Kleinteilelager (AKL) für 58.000 1/4-Euro-Behälter mit zwei Regalbediengeräten (RBG) sowie einem zweiten Segment für 8.000 Paletten mit drei RBG. „Die Grundfunktionen beider Systeme sind gleich“, sagt Wietzorrek, der ebenfalls im Applikationsvertrieb tätig ist. „Pro RBG gibt es ein Fahrwerk, ein Hubwerk und ein Lastaufnahmemittel, kurz LAM, mit Teleskopausleger zum Aufnehmen und Absetzen der Ladungsträger.“ Das LAM des Kleinteilelagers verfügt über vier zusätzliche Antriebe, da es bis zu vier Behälter gleichzeitig aufnehmen bzw. transportieren kann. „Diesen Prozess mit KEB-Technik zu automatisieren, war gar nicht so einfach, da das LAM sehr kompakt ist und die Motoren es entsprechend auch sein müssen“, erklärt Wietzorrek. Deswegen setzt KEB an dieser Stelle eigens für diesen Zweck entwickelte 48V-Antriebe ein. „Solche Servomotoren mit direkt angebautem Getriebe sind sicherlich auch für einige Kunden interessant, denn es gibt gar nicht so viele Anbieter, die das aus einer Hand liefern“, ergänzt Weber. Die S6-Drives treiben die Teleskop-Getriebemotoren am LAM der Paletten-RBGs an. Hub- und Fahrwerk werden über klassische KEB-Getriebemotoren und F6-Umrichter angetrieben. Das Spektrum an verfügbaren Steuerungsfunktionen und Schnittstellen ist bei beiden Antriebsserien gleich.

 Das Projektteam bei KEB, Frank Weber, Sebastian Wietzorrek und Phillip Hannesen, 
zusammen mit SPS-MAGAZIN-Chefredakteur Mathis Bayerdörfer vor der 
nagelneuen Kommissionierung (v.l.n.r.).
Das Projektteam bei KEB, Frank Weber, Sebastian Wietzorrek und Phillip Hannesen, zusammen mit SPS-MAGAZIN-Chefredakteur Mathis Bayerdörfer vor der nagelneuen Kommissionierung (v.l.n.r.).Bild: KEB Automation KG

Effizienz durch Zwischenkreis

Im Sinne möglichst hoher Effizienz und Nachhaltigkeit setzt das Unternehmen im Hochregallager Rückspeiseeinheiten aus dem eigenen Portfolio ein. So wird Bremsenergie nicht mit den sonst üblicherweise verbauten Widerständen verheizt, sondern kann über EMV- und Oberschwingungfilter sauber zurück ins Netz geführt werden. „Lange war die Rückspeisung ein unliebsames Kind bei unseren Kunden“, lässt Weber durchblicken. „Auf diesem Gebiet hat sich aber in den letzten Jahren viel getan. Die Technik ist sehr zuverlässig und deutlich günstiger geworden.“ Deshalb – und wegen der steigenden Energiekosten – sei die Nachfrage in der Industrie nach rückspeisefähigen Lösungen deutlich gestiegen. „Wir rechnen damit, dass sich die Mehrkosten in unserem Fall innerhalb von neun Monaten wieder amortisieren.“

Dabei wird im neuen Lager gar nicht dauerhaft zurückgespeist. „Denn auch der Austausch von Bremsenergie zwischen Hub- und Fahrachse ist über einen Zwischenkreisverbund möglich. Unter den RBGs kann Energie über das AC-Netz ausgetauscht werden“, verrät Wietzorrek. Um das Potenzial möglichst gut auszuschöpfen, sollen die RBGs zudem künftig synchronisiert laufen. „Durch eine exakte Abstimmung im Prozess, kann dann die eine Einheit die Bremsenergie der anderen bestmöglich nutzen.“

Auf die Lagerhaltung nimmt KEB mit seiner Technik keinen direkten Einfluss. Das Bindeglied zwischen Antriebstechnik und übergeordneter Steuerung kommt aber sehr wohl aus dem eigenen Portfolio. Es handelt sich um eine SPS vom Typ C6. Sie empfängt die Betriebsparameter sowie die nötigen Koordinaten aus dem Materialflussrechner via Profinet. Mit diesen Informationen berechnet sie die Fahrkurven und gibt diese Daten per Ethercat und FSoE an die Antriebstechnik im Feld weiter – die das RBG daraufhin präzise auf Position bringt.

 Schematische Übersicht der Antriebs- und Automatisierungstechnik in den RBGs des neuen Hochregallagers
Schematische Übersicht der Antriebs- und Automatisierungstechnik in den RBGs des neuen HochregallagersBild: KEB Automation KG

Kommissionierung und Fördertechnik

Der ambitionierte Intralogistik-Plan von KEB ging über das neue Hochregallager deutlich hinaus. Ergänzend wurde die Kommissionierung samt Fördertechnik ebenfalls komplett neu gestaltet – als zentrales Element für vollautomatisierte Logistikprozesse und die Abgrenzung der Produktionsbereiche. Hier begann der Verantwortungsbereich von Phillip Hannesen, der als Digital Transformation Manager ebenfalls Teil des Projektteams ist.

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