Linde Healthcare stellt in über 50 Ländern die medizinische Gasversorgung in Kliniken und Krankenhäusern sicher. Gasförmiger Sauerstoff wird dort unter sehr hohem Druck in Flaschen gelagert. Medizinischen Sauerstoff zur mobilen Anwendung gibt es üblicherweise in Flaschengrößen von zwei bis fünf Liter. Bei einem Druck von 200bar entspricht ein Liter medizinischer Sauerstoff 200l Sauerstoff bei normalem Luftdruck. Seit über 20 Jahren wird für die medizinische Gasversorgung Sauerstoffzylinder mit analogem Zeigermanometer eingesetzt. Der Nutzer liest dabei den verbleibenden Sauerstoff auf einer physischen Tabelle ab und berechnet diesen anhand des Restdrucks, der Flaschengröße und des eingestellten Sauerstoffflusses. Dies bedarf allerdings eines enormen Aufwands an personellen Ressourcen, da in Krankenhäusern täglich bis zu 1.000 Gasflaschen im Einsatz sind und der Verbrauch bei der maximalen Menge an Durchfluss ca. drei Stunden pro Zylinder dauert. Die gewaltige Logistik dahinter wird von dem Pflegepersonal selbst gestemmt. Die Idee einer digitalen Anzeige bei Sauerstoffflaschen entstand bei Linde Healthcare, mit dem Ziel die Logistik in Spitälern zu vereinfachen. Die Projektdefinition war die Entwicklung eines digitalen Ventils, das kompatibel mit den bestehenden langlebigen Sauerstoffzylindern ist. Über eine offizielle Projektausschreibung hat Linde den Weg zur Keller AG für Druckmesstechnik gefunden. Seit vielen Jahren entwickelt die Firma Füllstandsmessungen mit spezifisch konzipierten Sensoren für unterschiedlichste, schwierige Umgebungen. Mit dem Projekt für Linde Healthcare nahm Keller jedoch ganz gezielt eine neue Herausforderung an, um die interne Infrastruktur und die Prozessabläufe für Produkte in der Medizinindustrie noch weiter auszubauen. Neben der Kompatibilität zum bestehenden Zylinder durfte das neue digitale Ventil in seiner Bauform nicht verändert werden. Zusätzlich stellt die medizinische Sauerstoffanwendung sehr hohe Anforderungen an die Reinlichkeit und die Sensoren. Um diese zu erfüllen, musste ein komplett neuer Sensor entwickelt werden, der vollumfänglich an die vorgegebene Umgebung angepasst ist. Der Sensor muss dabei Druckbereiche bis 300bar messen können sowie in einem Sauberraum hergestellt werden.
Aus analog wird digital
Um die streng definierten Vorgaben zu erfüllen, testete das Projektteam diverse Designs und Prototypen, bis daraus die ideale Kombination entstand. Der neu entwickelte Drucktransmitter ist extrem robust, auf das Nötigste reduziert und die verwendeten Materialien sind besonders sauerstoffverträglich. Mit diesen Eigenschaften brilliert der Sensor PA-5 in seiner kompakten Bauform und wird damit zum Herzstück der digitalen Sauerstoffflaschen von Linde. Der im Ventil eingebaute analoge Sensor misst den Druck des gasförmigen Sauerstoffs in der Flasche und gibt diesen über eine Steckverbindung an die Elektronik hinter dem Display weiter. Die aufbereiteten Daten stehen dem Patienten jederzeit mit eindeutigen Zustands-Icons zur Verfügung. Zusätzlich zur digitalen Anzeige verfügt das Ventil über ein akustisches und visuelles Warnsignal. Der Alarm weist auf kritische Situationen, wie einem niedrigen Füllstand oder einem eingeschränkten Gasfluss durch einen Knick im Schlauch, hin. Das neue Gasflaschensystem nennt sich LIV IQ (Linde Integrated Valve) und hat sich auf dem Markt bereits etabliert. Der große Vorteil des Systems besteht in der eigenen Selbstkontrolle und der besseren mobilen Sauerstoffversorgung wie z.B. bei einem Transport eines Patienten. Des Weiteren wird das medizinische Pflegepersonal durch den reduzierten Ableseaufwand stark erleichtert, denn dies weiß nun auf die Minute genau, wie lange der Sauerstoff beim aktuell eingestellten Verbrauch noch ausreicht.
IoT-Lösung geplant
Die Optimierung der medizinischen Gasversorgung wird künftig noch einen Schritt weitergehen. Es ist geplant für LIV IQ einen IoT-Prozess zu realisieren. Die digitalen Daten der Ventile werden dazu via Funk in ein internes Krankenhaus-Netzwerk eingebunden und kundenfreundlich aufbereitet. Das Pflegepersonal kann mittels einer Vernetzung auf alle digitalen, akustischen und visuellen Display-Informationen von jedem Arbeitsplatz aus – innerhalb des Krankenhauses – zugreifen. Der Aufwand der Überprüfung jeder Sauerstoffflasche vor Ort verringert sich damit nochmal um ein Vielfaches.