Wir leben in einer Zeit, in der das Recruiting neuer Mitarbeiter einem starken Wandel unterworfen ist. Wie könnte man diesen Wandel charakterisieren?
Charise Le: Seit der Covid19-Pandemie haben sich viele Dinge verändert. Das betrifft den Bereich der Digitalisierung, aber auch Diversität ist ein wichtiges Thema. Aus Sicht zukünftiger Mitarbeiter würde ich die Veränderung so beschreiben: Welche Werte verfolgt ein Unternehmen? Nachhaltigkeit ist hier z.B. ein wichtiges Thema. Der zweite Punkt ist die Flexibilität, die ein Job bietet, und der dritte Punkt ist die Vergütung. Wir haben im Moment einen arbeitnehmerorientierten Recruiting-Markt. Heutige Bewerber haben mehr als eine Option auf dem Arbeitsmarkt und es liegt an den Unternehmen, dem Bewerber eine attraktive Position an Werten zu bieten. Es darf aber nicht nur darum gehen, neue Mitarbeiter zu gewinnen, sondern auch bestehende Mitarbeiter zu halten, zu unterstützen und weiterzubilden. Hier müssen wir die richtige Balance finden.
Rohstoffmangel, Bauteilemangel und Fachkräftemangel: Das sind wirklich besondere Herausforderungen für Unternehmen heute. Tritt der Fachkräftemangel angesichts anderer Probleme für Unternehmen in den Hintergrund?
Le: Nein, das glaube ich nicht. Der Fachkräftemangel hat mehrere Dimensionen. Es gibt eine unmittelbare Auswirkung auf das Geschäft, denn ohne Fachkräfte kann man nicht produzieren. Darüber hinaus haben Unternehmen eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft: Sie müssen den Arbeitnehmern dabei helfen, widerstandsfähig zu sein und die nötigen Skills für den Arbeitsmarkt zu entwickeln. Bei Schneider Electric ist Weiterbildung ein wichtiger Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Wir haben uns im Rahmen dieser Strategie dazu verpflichtet, unsere Mitarbeiter ständig weiterzuqualifizieren. Das heißt, 90 Prozent unserer Mitarbeiter müssen bis 2025 höher qualifiziert sein als vorher.
Daniel Rook: Die Fortbildung der Mitarbeiter muss immer nahe an den Bedürfnissen des Unternehmens, aber auch sehr nahe an den Bedürfnissen unserer Kunden stattfinden. Der Recruiting-Markt in Deutschland ist stark umkämpft, zwischen den großen Unternehmen, aber auch im Mittelstand. Wir müssen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt in das Karriereumfeld zukünftiger Mitarbeiter eingreifen. Eine weitere lohnende Option ist das Recruiting von internationalen Mitarbeitern für den deutschen Markt.
Schneider Electric hat das Thema Nachhaltigkeit sehr früh auf die eigene Agenda gesetzt. Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen den Themen Nachhaltigkeit und Personalmanagement?
Le: Ja, da gibt es auf jeden Fall einen Zusammenhang. Mit unserer Nachhaltigkeitsstrategie unterscheiden wir uns klar von anderen Unternehmen auf dem Markt und machen uns attraktiv für zukünftige Mitarbeiter. Das Recruiting von Mitarbeitern ist selbst Teil unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Vor allem zwei Aspekte sind hier relevant für den Recruiting-Prozess: Das ist einmal die Chancengleichheit, und zwar zwischen Frauen und Männern. Wir haben bei Schneider Electric einen 50/40/30-Anspruch: Wir wollen 50% Frauenanteil im gesamten Team, 40% Frauenanteil in Führungspositionen und 30% Frauenanteil in der obersten Führungsebene. Die zweite tragende Säule in unserer Nachhaltigkeitsstrategie ist die Generationenvielfalt. Wir glauben, dass es zwei Generationen gibt, die Unterstützung benötigen. Das ist einmal die junge Generation: Schneider Electric hat das Ziel, die Zahl der Möglichkeiten für Studenten, Praktika und Lehrstellen zu verdoppeln. Die andere Generation ist die der Älteren. Wir versuchen, genau hinzuhören, was die älteren Fachkräfte wirklich brauchen, und bieten ihnen gezielt Schulungen und Programme an, um sie zu unterstützen.