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Blechverarbeitungs-Anbieter Schimscha zwischen Tradition, Wandel und Innovation

Agieren statt reagieren

Nicht nur, wenn es um unternehmerische Verantwortung geht, zeichnen sich deutsche Familienbetriebe häufig besonders positiv aus. Sie sind auch sehr erfolgreich. Laut dem Global Family Business Index 2021, den die Beratungsfirma EY und die Universität Sankt Gallen erstellt haben, gehören 79 in Deutschland angesiedelte Familienunternehmen, also 16 Prozent, zu den Top 500 weltweit. Das ist die Spitze in Europa und wird nur durch die USA überboten. Jeder zweite Betrieb ist dabei über 100 Jahre alt. Zu den deutschen Traditionsunternehmen gehört auch die Firma Schimscha, die es auf stolze 128 Jahre bringt.
Eine von zwei vollautomatisierten Kabinen für die Pulverbeschichtung von Schaltschränken und Gehäusen. Eine dritte Kabine ist eine manuelle Großraumkabine zur Beschichtung von Einzelstücken. Bild: Schimscha GmbH

Die Firma aus dem baden-württembergischen Ravenstein-Erlenbach bietet kundenspezifische Schaltschränke, Gehäuse, Pulte und Maschinenverkleidungen und wird in vierter Generation von den drei Brüdern Johannes, Thomas und Michael Schimscha geleitet. Aktuell beschäftigt das Unternehmen 150 qualifizierte Mitarbeiter, die das breite Produktportfolio auf rund 22.500 Quadratmetern planen und fertigen. Und die Kontinuität der Familientradition ist auch auf absehbare Zeit gewahrt: Mit Jan, Dominik und Katrin Schimscha arbeitet schon seit einigen Jahren die fünfte Generation in unterschiedlichen Aufgabenbereichen mit im Betrieb.

Unternehmensgründer Johann Schimscha Bild: Schimscha GmbH

Bewegte Geschichte

Begonnen hatte alles im Jahr 1896 mit der Gründung einer Spenglerei durch Johann Schimscha in Misslitz/Südmähren, einer der 14 Regionen des heutigen Tschechien. 1924 wurde das Tätigkeitsspektrum dann erweitert: Neben der Blechverarbeitung hatte sich der Betrieb nun auf den Apparatebau für die Getränkeindustrie spezialisiert. Ein kompletter Neustart erfolgte nach dem zweiten Weltkrieg mit der Ansiedlung des Unternehmens am heutigen Standort in Erlenbach. 1968 trat dann Otto Schimscha, der in diesem Jahr seinen 85. Geburtstag feiert, die Nachfolge seines Vaters in dritter Generation an. Ein Jahr später spezialisierte sich das Unternehmen auf sein bis heute aktuelles Kerngeschäft, die Produktion von Leergehäusen für die Elektro- und Maschinenbauindustrie. Mit Beginn der achtziger Jahre firmierte man dann als Otto Schimscha Metallbau. Die Betriebserweiterung um 8.500 Quadratmeter auf die heutige Größe erfolgte dann im Jahre 2015.

Wichtige Erfolgsfaktoren

Neben diesen äußerlich wahrnehmbaren Entwicklungen und Veränderungen, gibt es zahlreiche weniger offensichtliche Faktoren, die ein Familienunternehmen über eine solch lange Zeit auf der Erfolgsspur halten. Der persönliche und verbindliche Umgang mit Mitarbeitenden und Kunden sind dabei ebenso essenziell, wie das Meistern aktueller Herausforderungen. „Wir packen Dinge proaktiv und frühzeitig an. Wir agieren statt zu reagieren“, bemerkt Johannes Schimscha. Sein Bruder Thomas wird konkret: „Dass wir schon heute einen hohen Digitalisierungsgrad im Unternehmen haben, ist ein Riesenvorteil. Wenn ich daran denke, wie wir heute Aufträge durch permanente Rückmeldungen ins ERP-System kontinuierlich verfolgen können. Oder wie wir mit Hilfe digitaler Tools alle Betriebsmittel über Tablets unkompliziert warten können. Das ist schon ein großer Fortschritt.“ Michael Schimscha ergänzt: „Wichtig ist auch, dass wir seit einiger Zeit einen Digitalisierungsbeauftragten im Unternehmen haben, regelmäßige Workshops mit fachkundigen Beratern abhalten und uns fundiert rund um die Themen IoT, Connectivity und Industrie 4.0 weiterbilden.“ „Wobei wir festhalten müssen, dass ‚uns‘ in diesem Zusammenhang natürlich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meint. Schließlich wollen wir, dass jeder im Unternehmen mit den zunehmend digitalen Prozessen und Maschinen Schritt halten und einen guten Job machen kann und deshalb auch auf Dauer bei uns zufrieden ist“, betont Thomas Schimscha. Neben der Digitalisierung steht die nachhaltige Ausrichtung und Geschäftsentwicklung im Vordergrund. „Wir denken nicht in Quartalen, sondern in Generationen: Nachhaltiges Wirtschaften hat in unserem Familienunternehmen oberste Priorität und ist ein entscheidender Faktor für unsere langfristige Wettbewerbsfähigkeit,“ so Michael Schimscha.

 Die vierte und aktuelle Schimscha-Geschäftsführung (v.l.n.r.): 
Johannes, Thomas und Michael Schimscha
Die vierte und aktuelle Schimscha-Geschäftsführung (v.l.n.r.): Johannes, Thomas und Michael SchimschaBild: Schimscha GmbH

Vielfältige Kundenanforderungen

Die heutigen Kundenanforderungen fest im Blick hat Konstruktionsleiterin Michaela Schnarrenberger, die seit 19 Jahren bei Schimscha tätig ist: „Unser Unternehmen setzt den Fokus auf kundenspezifische Blechkonstruktionen, so wie maßgefertigte Schaltschränke und Maschinenumhausungen. Wir verstehen uns als Lösungsanbieter und richten unsere Arbeit darauf aus, die individuellen Anforderungen unserer Kunden zu erfüllen. Unsere Konstruktionsabteilung spielt somit eine Schlüsselrolle. Mit meinem Team von zehn hochqualifizierten Konstrukteuren stellen wir sicher, dass wir nicht nur die technischen Anforderungen unserer Kunden verstehen, sondern auch innovative und effiziente Lösungen für die speziellen Bedürfnisse entwickeln können. Wir verstehen uns nicht nur als Dienstleister, sondern als beratender Partner für hochwertige Blechkonstruktionen ‚Made in Baden-Württemberg‘. Mit 128 Jahren an Knowhow stehen wir zudem für eine langjährige Expertise und Kontinuität in der Branche.“

Zum Imagefilm über Schimscha geht es hier.

Fünf Fragen an Otto Schimscha, Unternehmensleiter von 1968 bis 2004

„Der Zusammenhalt ist das A und O“

Otto Schimscha leitete das Unternehmen in dritter Generation 36 Jahre lang. Kurz vor seinem 85-ten Geburtstag beantwortete er exklusiv einige Fragen des SPS-MAGAZINs – unter anderem zu den unternehmerischen Herausforderungen damals und heute.

Herr Schimscha, die Firma, die Sie 36 Jahre lang geleitet haben, hat sich nach dem zweiten Weltkrieg von Südmähren im heutigen Tschechien im baden-württembergischen Erlenbach angesiedelt. Warum ausgerechnet Erlenbach?

Otto Schimscha: Die Entscheidung für Erlenbach wurde von den historischen Umständen geprägt und markiert gleichzeitig den Anfang eines neuen Kapitels in der Geschichte unserer Familie und des Unternehmens. Nach dem Zweiten Weltkrieg mussten wir als Heimatvertriebene die damalige Tschechoslowakei verlassen. Eine entbehrungsreiche Reise brachte uns mit 1.200 Personen in 30 Viehwaggons nach Baden-Württemberg in eine ungewisse Zukunft. Da mein Vater keiner politischen Partei angehörte, durften wir während unserer Flucht eine Kiste Werkzeug mitnehmen. Diese Kiste repräsentiert den Grundstein für den Neuanfang unserer Familie in Deutschland.

Als Sie im Jahr 1968 die Unternehmensführung von Ihrem Vater Otto übernahmen: Was waren damals die besonderen Herausforderungen, denen Sie sich stellen mussten?

Nach dem unerwarteten Tod meines Vaters im Jahr 1967 übernahm meine Mutter, Maria Schimscha, die Unternehmensführung. Sie war eine gestandene Trümmerfrau und hatte das Unternehmen bereits erfolgreich geführt, als mein Vater während des Krieges in russischer Kriegsgefangenschaft war. Ihr konservativer Führungsstil prägte die Geschäftsphilosophie in dieser Zeit. Ich war damals jung, hatte viele neue Ideen und setzte den Fokus auf technologische Fortschritte. Meine Mutter scherzte in dieser Zeit häufig, dass das Maschinenkaufen mein Hobby sei.

Die 70er Jahre waren eine Zeit des Umbruchs, nicht nur gesellschaftlich, sondern auch wirtschaftlich. Eine der größten Herausforderungen bestand darin, das Unternehmen in einer Zeit des Wandels zu stabilisieren und gleichzeitig zukunftsorientiert auszurichten. Neue Technologien in der Blechverarbeitung mussten integriert werden, und wir mussten uns anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Gibt es Entscheidungen, die Sie getroffen haben, auf die Sie mit besonderer Zufriedenheit oder gar Stolz zurückblicken?

Mein Leitmotiv lautete stets: Gemeinsam sind wir stark. Ein besonderer Höhepunkt meiner Karriere ist aber zweifellos die erfolgreiche Übergabe des Unternehmens an meine drei Söhne Thomas, Johannes und Michael Schimscha. Die kontinuierliche Weitergabe von Wissen, Werten und der Unternehmensphilosophie an die nächste Generation ist nämlich ein zentraler Aspekt unserer Familientradition.

Mit Stolz betrachte ich auch die nächste und fünfte Schimscha-Generation, denn meine vier Enkel stehen bereits in den Startlöchern. Es erfüllt mich mit Freude und Stolz zu sehen, dass sie unsere 128-jährige Tradition fortsetzen möchten und bereit sind, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.

Wie würden Sie, mit Blick auf die Gegebenheiten Ihrer Anfangsjahre, die Herausforderungen für die heutige Geschäftsführergeneration einordnen?

Die heutige Geschäftsführergeneration steht zweifellos vor einer neuen Palette von Herausforderungen, die sich in vielerlei Hinsicht von denen meiner Anfangsjahre unterscheiden. Die Dynamik und Schnelligkeit des technologischen Fortschritts prägen die aktuelle Geschäftsumgebung. Es bleibt wichtig, das Erbe der Tradition mit den Anforderungen der Moderne in Einklang zu bringen. Die heutige Geschäftsführergeneration muss nicht nur die unternehmerische Tradition bewahren, sondern auch mutige Entscheidungen treffen, um das Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft zu führen.

Welches sind, Ihrer Erfahrung nach, die wichtigsten Faktoren für den Erfolg eines Familienunternehmens?

Der Zusammenhalt ist das A und O eines erfolgreichen Familienunternehmens. Unser familiärer Zusammenhalt bildet den Grundpfeiler für unsere langfristige und nachhaltige Unternehmensentwicklung, denn: Nur gemeinsam sind wir stark.

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