Single Pair Ethernet

Schaltschranklose Vernetzung mit SPE in Automatisierung und Nutzfahrzeugen

Die Erfolgsgeschichte von Industrial Ethernet in der Automatisierung ist nicht zuletzt der Plug&Play-Fähigkeit zu verdanken. Mit SPE tritt eine neue Technologie auf die Bildfläche, welche das Potential mitbringt die Kommunikationslandschaft in der Automatisierung und in Nutzfahrzeugen in den nächsten Jahren maßgeblich mitzugestalten. Aber haben die bewährten Funktionen von Standard Ethernet noch Bestand oder ist ein Umdenken erforderlich?

Störfeuer auf das Netzwerk

Bei aktuellen Anwendungen in denen Industrial Ethernet durch SPE ersetzten werden könnte, ist eine Lösung mit SPE im Regelfall teurer und das bei gleichzeitig eingeschränktem Funktionsumfang und größerem Planungsaufwand. Eine Kostenersparnis durch den Einsatz von ungeschirmten Kabeln ist nur bei Anwendungen möglich, in denen das EMV-Design dafür ausgelegt ist, z.B. bei der internen Verkabelung von kleinen im Feld installierten Schaltkästen. In industriellen Anwendungen treten jedoch naturgemäß Störfaktoren auf, die erheblichen Einfluss auf die Zuverlässigkeit, Übertragungsqualität und -sicherheit auf das Netzwerk und die Kommunikation haben können. Vor allem an den Anschlusspunkten, an denen Steckverbinder, Kabel und Geräte aufeinandertreffen, ist das Risiko von Störungen durch Vibrationen, Schmutz, Feuchtigkeit sowie durch äußere elektromagnetische Einflüsse hoch. Genau an diesem Punkt unterscheiden sich die Anwendungsfälle in Industrie und Automotive. Währende beim Einsatz von SPE als Bordnetz ein klar definiertes gekapseltes System vorliegt, in dem alle Komponenten aufeinander abgestimmt sind und elektromagnetische Störungen kaum eine Rolle spielen, sieht es in der Industrie vollkommen anders aus. Bei ungeschirmten Kabeln stellen insbesondere die externen EMV-Einflüsse ein potentielles Problem dar. Bei klassischen Industrial-Ethernet-Applikationen werden diese Störungen über den Schirm des vierpaarigen Twisted-Pair-Kabels abgeführt. Beim Einsatz von SPE gilt es also in jedem Fall zu prüfen, ob und welche Störungen in der jeweiligen Anwendung auftreten können sowie robuste und zuverlässige Komponenten einzusetzen. SPE-Switches sind integraler Bestandteil jeder modernen Kommunikationsstrecke und auch bei neuen Installationen wird das Thema Dezentralisierung und die damit einhergehenden Anforderung an eine hohe Schutzart eine große Rolle spielen.

Mit robusten Komponenten ins Feld

Terz Industrial Electronics hat mit dem Switch-Portfolio T1-XS die ersten SPE/T1 Industrial-Ethernet-Switches mit der Schutzart IP65/67 im Programm. Damit ist eine schaltschranklose Vernetzung direkt im Feld mit nur einem Adernpaar möglich. Die neuen T1-XS mit vibrationssicherer M12-Anschlusstechnik wurden speziell für den Einsatz in rauen industriellen Umgebungen und in Nutzfahrzeugen außerhalb des Schaltschranks mit einem erweiterten Temperaturbereich von -40 bis +70°C entwickelt. Das IP65/67-Metallgehäuse ist staub- und wasserdicht.

Der Standard IEC63171 definiert die Steckverbinder für SPE-Kabel und Geräte. Dabei werden sowohl die Schaltschrank-Varianten (IP20) als auch Feldgeräte mit hoher Schutzart (IP65/67) definiert. Im Gegensatz zum Standard kommen in den aktuellen Switches von Terz M12 D-kodierte Steckverbinder zum Einsatz. Für die physikalische Datenübertragung entstehen hierdurch keinerlei Nachteile. Es werden nur zwei der vier vorhandenen Kontakte verwendet. In Zukunft soll es auf die Zielmärkte zugeschnittene Lösungen mit weiteren Anschlusstechniken geben. Auch die im Standard IEC63171 spezifizierten Steckgesichter werden eingesetzt, sobald sich am Markt eine einheitliche kompatible Lösung durchgesetzt hat.

Für Industrieanwendungen reicht die kapazitive Kopplung, welche im Automotive-Bereich vorgesehen ist, mit Blick auf die galvanische Trennung auf der Datenübertragungsseite nicht aus. Terz setzt daher auf den Einsatz von Chip-LAN-Übertragern, um die in der Industrie normativ geforderten Isolationsabstände einzuhalten. Die Daten werden über einen X-kodierten M12-Uplink-Anschluss mit Gigabit-Geschwindigkeit weitergeleitet. Durch die hohe Bandbreite auf dem Uplink-Port besteht ausreichend Reserve für Kameras und Sensoren der nächsten Generation. Alle Ports bieten dabei auch die Möglichkeit für den Anschluss eines vollgeschirmten Kabels, um auch den EMV-Anforderungen in der Industrie gerecht zu werden.

In Nutzfahrzeugen kann SPE durch Gewichts- und Platzersparnis, einfache Installation und Robustheit die Leistungsfähigkeit und Flexibilität der Fahrzeugvernetzung weiter verbessern. Zudem ermöglicht es eine verbesserte Integration von Kameras, Sensoren und anderen Systemen.

Gute Aussichten mit SPE

SPE bietet ohne Frage viel Potential, die Kommunikationslandschaft in der Automatisierung in den kommenden Jahren entscheidend mitzugestalten. Der Aspekt bestehende Standard-Industrial-Ethernet-Anwendungen zu ersetzten ist dabei viel weniger ausschlaggebend als die Erschließung völlig neuer Anwendungsfelder – wie die Eroberung der Feldebene. Die Implementierung von SPE in neuen Nutzfahrzeugen verspricht ebenfalls Vorteile, die die Effizienz, Sicherheit und Flexibilität in der Fahrzeugkommunikation erneut steigern. Welche Anforderungen abseits der IEEE zum Tragen kommen wird sich in zukünftig entscheiden. Mit den heute am Markt erhältlichen Komponenten lassen sich aber bereits erste Applikationen und Anwendungen realisieren.

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