Drehgeber-Expertenrunde: Miniaturisierung und Industrie 4.0

Drehgeber-Trendbericht (Teil 2)

Im Rahmen der ersten TeDo-Drehgeber-Expertenrunde trafen sich Vertreter von sieben Drehgeberherstellern, um über aktuelle Themen aus dem Bereich Drehgeber zu diskutieren. Nachdem es im ersten Teil um Einkabellösungen, Safety und Schnittstellen ging, beschäftigt sich der zweite Teil mit den Themen Industrie 4.0 und Miniaturisierung.
Bild: Die Teilnehmer der 1. TeDo Drehgeber Expertenrunde (v.l.n.r.); Vorne: Thomas Brandenburger (Hübner), Dieter Schömel (Wachendorff), Peter Elbel (Hengstler); Mitte: Arnold Hettich (Kübler), Christian Leeser (Posital), Andreas Bäuerle (TR electronic); hinten: Dr.-Ing. Peter Ebert (TeDo), Daniel Katzer (TeDo), Dr. Johann Pohany (Baumer)
Bild: Die Teilnehmer der 1. TeDo Drehgeber Expertenrunde (v.l.n.r.); Vorne: Thomas Brandenburger (Hübner), Dieter Schömel (Wachendorff), Peter Elbel (Hengstler); Mitte: Arnold Hettich (Kübler), Christian Leeser (Posital), Andreas Bäuerle (TR electronic); hinten: Dr.-Ing. Peter Ebert (TeDo), Daniel Katzer (TeDo), Dr. Johann Pohany (Baumer)

Sind IO-Link oder OPC UA mögliche Industrie-4.0-Schnittstellen für Drehgeber?

J. Pohany (Baumer): Bei den Absolutwertgebern werden wir Bussysteme wie OPC UA mit TSN sehen. Auch wir haben kundenspezifische inkrementale Drehgeber mit IO-Link entwickelt. Dort kann ich die Parametrierung über IO-Link durchführen, und das gleich weitergeben, was ich parametriert habe inklusive Metadaten. Das kann ich zwar auch bei Bus-basierten Gebern, nur beim Inkrementalgeber tue ich mich da noch ziemlich schwer. Dort kann IO-Link das Mittel der Wahl sein, um preisgünstig additive Daten weiterzugeben.

C. Leeser (Posital): Wir Drehgeberhersteller sind am Ende der Nahrungskette, d.h. wir können zwar darüber spekulieren, was sich durchsetzt, werden aber nicht darüber entscheiden; das sind die Steuerungs- bzw. Umrichterhersteller. Bei IO-Link bin ich mir ziemlich sicher, dass wir uns dort nicht die Finger verbrennen werden.

T. Brandenburger (Hübner): Bei Industrie 4.0 werden sich Double-Chanel-Strukturen durchsetzen. Wir brauchen also einen zweiten Kanal, über den Metadaten oder Parameter ausgetauscht werden. Welche Technik das sein wird, können wir aber heute noch nicht überblicken. IO-Link finden wir zwar für Inkrementalgeber interessant, allerdings haben wir dazu bisher kaum Anfragen gehabt.

P. Elbel (Hengstler): Oft ist über der IO-Link-Ebene noch Profibus/Profinet und dann ist es meist einfacher einen Profibus-/Profinet-Geber einzusetzen.

A. Hettich (Kübler): Ein Drehgeber wird zukünftig durch Integration weiterer Intelligenz zu einem zentralen Datensammelpunkt in einem Antrieb bzw. Achse werden, d.h. wir benötigen eine Schnittstelle, wie OPC UA, die kostengünstig zu implementieren ist. Der Mehrwert, irgendwelche Daten zu sammeln und irgendwohin zu schicken, muss allerdings da sein, damit der Geber auch mehr kosten darf.

Welche Rolle werden Drehgeber bei Industrie 4.0 spielen?

Pohany: Siemens, Microsoft, SAP und Intergraph haben bereits 1998 eine Road Show zum Thema ‚The internet enabled manufacturing company‘ gemacht. Warum hat man aber knapp 20 Jahre gebraucht, um zu den ersten Implementationen zu kommen? Die Technologie musste erst preiswert und miniaturisiert genug sein, damit sie von der MES-Ebene in die Steuerungsebene und von dort in die Sensorikebene kommt. Je mehr preiswerte Rechenpower wir haben, umso mehr können sie an Funktionalität, die heute noch ausgelagert in Steuerungssystemen ist, direkt in den Drehgeber integrieren. Die Datennachbearbeitung der Sensorik wird zunehmend von der SPS in Richtung Drehgeber gehen. Zukünftig wird es also neben der klassischen Automatisierungspyramide auch Kanäle aus der Sensorik direkt in das MES oder in weiterführende Systeme geben.

Hettich: Für mich kann ein Drehgeber in Antrieben oder Achsen der Knotenpunkt sein, um Daten zu sammeln, allerdings nur, wenn man es zu vernünftigen Kosten implementieren kann. Die Frage ist, welche Schlüsse aus den Daten dann gezogen werden. Dort kommen wir ins Condition Monitoring oder Predictive Maintenance, was wir als Drehgeberhersteller nicht alleine definieren können. Hinsichtlich Industrie 4.0 oder IoT kann ich mir vorstellen, dass ein Knotenpunkt vom selbstständigen Bestellvorgang des Ersatzteiles bis hin zu Optimierung von Produkten und Maschinengenerationen dann alles selbst regelt.

Leeser: Es gibt Studien, dass wir vor zwei Jahren das erste Mal mehr IoT-Devices hatten als Menschen auf der Erde und die Vorhersage ist, dass wir bis 2020 weltweit über 50Mrd. IoT-Punkte haben. Dies bedeutet, dass an jeder Stelle, wo irgendeine Infrastruktur liegt, überall preisgünstige Sensoren sein werden. Da die Anzahl der IoT-Knoten viel schneller wächst als die installierte Basis der Maschinen, bedeutet dies, dass wir über einen Retrofitting-Markt reden. Es werden dort Systeme und Produkte kommen, die man an bestehende Maschinen ‚anklebt‘.

Pohany: Dank einer digitalen Schnittstelle bekommen wir mehr Informationen über den Lebenszustand eines Drehgebers, woraus wir Rückschlüsse auf die Applikation ziehen können. Unser neuer Geber für den Bahnbereich hat bereits eine integrierte Schnittstelle für Temperatur und Vibration. Das Problem ist die Normgebung an einer Lokomotive, die sagt, dass dort eine analoge Schnittstelle sein muss. Sie müssen also zwei Schnittstellen integrieren, um die analogen Drehzahlen und die additiven digitalen Daten zu übermitteln.

Für wen sind die Daten sinnvoller: Für die Hersteller oder den Anwender?

Leeser: Über eine große installierte Basis und die daraus verfügbaren Daten kann man schon einige Informationen erhalten. Wenn man diese dann noch mit Input aus der Anwendung verknüpft, kommen wir zu Smart Data. Dazu ist es aber notwendig, dass die Kunden Daten übermitteln, damit wir die statistischen Vorteile von Big-Data-Analysen nutzen können. Dazu wird allerdings Überzeugungsarbeit nötig sein, damit der Kunde uns seine Funktionsdaten übermittelt. Nur so kann die installierte Basis der Produkte besser werden und wir ihm vorhersagen, was passiert.

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