Schritt für Schritt

Um die Vorteile vernetzter, digitalisierter Systeme auszuschöpfen, kommen vor der Inbetriebnahme von Maschinen und Anlagen zunehmend digitale Zwillinge zum Einsatz. Sie ermöglichen neben einer methodischen Testplanung und -durchführung auch die frühzeitige Behebung etwaiger Softwarefehler. Werkzeuge, die bisher manuell ausgeführte und auch bei digitalen Zwillingen notwendige Tests automatisieren, können zudem die Prüfqualität deutlich erhöhen und gleichzeitig den damit verbundenen Aufwand reduzieren.
Diversität proprietärer Schnittstellen von CNC-Steuerungen verschiedener Hersteller
Diversität proprietärer Schnittstellen von CNC-Steuerungen verschiedener HerstellerBild: ISG Industrielle Steuerungstechnik GmbH

Steuerungssoftware von Maschinen und Anlagen mittels Simulation bereits vor der Inbetriebnahme zu testen und Fehler zu korrigieren, wird zunehmend zu einem maßgeblichen Unterscheidungsmerkmal auf dem Markt. Nicht zuletzt aufgrund von Maschinenführern die immer offener gegenüber intuitiven Bedienkonzepten und anpassbaren Oberflächen in ihren Anlagen sind, wird die Systemarchitektur der Steuerungssoftware moderner Anlagen komplexer und heterogener. Sie besteht häufig aus verschiedenen Kernbestandteilen wie HMI, SPS und NC-Kern. Da es zwischen diesen Steuerungen sowie der Anlage und der Leitebene im Unternehmen unterschiedliche Schnittstellen gibt, steigt die Komplexität solcher Systeme weiter an.

Architektur der im Forschungsvorhaben umgesetzten Lösung, bestehend aus Testautomatisierungswerkzeug und Hardware-in-the-Loop Aufbau
Architektur der im Forschungsvorhaben umgesetzten Lösung, bestehend aus Testautomatisierungswerkzeug und Hardware-in-the-Loop AufbauBild: ISG Industrielle Steuerungstechnik GmbH

Test und Inbetriebnahme von Software

Um zu überprüfen, ob eine Steuerungssoftware tatsächlich im gewünschten Sinne funktioniert, sind Tests notwendig. Der wichtigste Teil der Testaktivitäten findet heute vielfach erst während der Integration und Inbetriebnahme statt. Es geht dabei darum, die Interaktion der Steuerungssoftware zu bewerten. Viele Unternehmen wollen jedoch früher mit der Testphase beginnen. Deswegen setzen immer mehr Firmen auf eine virtuelle Inbetriebnahme. Hierzu verbinden sie reale Steuerungshardware und -software mit einem virtuellen Modell der Anlage. In Letzterem lässt sich das Verhalten der Anlage in Echtzeit simulieren, wodurch ein sogenannter Hardware-in-the-Loop-Aufbau (HIL) entsteht. Damit ist es möglich, das Gesamtsystem schon deutlich früher sowohl einem Gut- als auch einem Schlechtfalltest zu unterziehen. Unabdingbare Abnahmetests an der realen Anlage beim Hersteller bzw. beim Kunden lassen sich damit wesentlich schneller abschließen. Während die Gutfalltests darauf abzielen, die vom Kunden gewünschte Performance und Funktionalität zu überprüfen, werden bei den Schlechtfalltests Zuverlässigkeit und Robustheit der Software getestet, indem die Reaktion der Steuerungssoftware in expliziten Gefahren- und Störsituationen überprüft wird.

Herausforderungen bei der Testdurchführung

Testaktivitäten sind notwendig, jedoch stellt die virtuelle Inbetriebnahme Unternehmen vor gewisse Herausforderungen. Prinzipiell folgt sie meist einem ähnlichen Schema: Ein Prüfer führt die Testschritte durch, während er anhand einer umfangreichen Checkliste sämtliche vorgegebenen Bedienhandlungen am HIL-Aufbau manuell durchführt. Er provoziert Störsituationen, indem er entsprechende Eingriffe am digitalen Zwilling vornimmt. Das erlaubt, die Wirkung der steuerungstechnischen Algorithmen zur Fehlererkennung und primären Fehlerreaktionen beurteilen zu können. Doch bei der manuellen Ausführung dieser Tests können sich immer wieder Fehler einschleichen, etwa die falsche Interpretation eines Testschritts oder eine Unaufmerksamkeit des Prüfers, wenn es darum geht, die Zustände der Anlage zu beobachten. Außerdem müssen bei Änderungen an der Steuerungssoftware oder an Anlagenkomponenten häufig Bedienhandlungen komplett neu ausgeführt werden, was einen hohen Zeitaufwand verursacht. Darüber hinaus lässt es sich nicht vermeiden, dass aufgrund der Modularität und der Konfigurierbarkeit der Anlagen hohe Wiederholungsraten einzelner Tests entstehen. Nicht zuletzt ergibt sich eine weitere Komplikation: Unternehmen müssen baugleiche Anlagen mit Steuerungen verschiedener Hersteller anbieten. Dementsprechend sind vorab jegliche Kombinationen aus Anlage und Steuerung zu testen. Kontinuierliche Updates seitens des Steuerungsherstellers sorgen ebenfalls dafür, dass regelmäßige Regressionstests der gesamten Steuerungssoftware notwendig sind.

Geeignete Lösung für Testautomatisierung

Um diese Herausforderungen meistern zu können, braucht es ein geeignetes Testautomatisierungswerkzeug (TAW). Bei der Auswahl einer entsprechenden Lösung sollten Unternehmen verschiedene Aspekte beachten. Zunächst sollte das Werkzeug die Definition von wiederverwendbaren Testbausteinen unterstützen. Das ist erforderlich, um die erstellten Testabläufe in verschiedenen Phasen der Entwicklung einer Anlage wiederverwenden zu können. Es ist außerdem essentiell, dass sich Testbausteine ohne Programmierkenntnisse erstellen lassen. Nur so ist sichergestellt, dass sich alle Projektbeteiligten an der Testphase beteiligen können. Dabei wäre es auch hilfreich, wenn das Testautomatisierungswerkzeug die Abläufe leicht verständlich darstellt und intuitiv zu bedienen ist. Das betrifft im Übrigen auch die Interaktion mit der Steuerung: Hierfür darf kein Expertenwissen z.B. hinsichtlich der Kommunikationsprotokolle notwendig sein. Da zumeist sehr komplexe Anlagen getestet werden, ist es hilfreich, wenn das Tool parallele Abläufe, Verzweigungen und Schleifen im Testablauf zulässt.

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ISG Industrielle Steuerungstechnik GmbH

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