Offene Einkabellösungen für die Servoantriebstechnik

Neue BiSS Alternative?

Das Thema Einkabellösungen für die Servoantriebstechnik gewinnt immer mehr an Bedeutung. Neben einer immer größer werdenden Anzahl an Antriebsherstellern, die solche Lösungen anbieten, steigt auch die Zahl der Drehgeberhersteller mit entsprechenden Lösungen. Das SPS-Magazin sprach mit Johann Bücher, Director Encoder Strategy bei Hengstler, über Acuro Link, eine neue Schnittstelle speziell für Einkabellösungen.
Die neue Drehgeber-Schnittstelle Acuro Link unterstützt derzeitig als einziges Protokoll Einkabellösungen bis zu SIL3 Performance Level e.
Die neue Drehgeber-Schnittstelle Acuro Link unterstützt derzeitig als einziges Protokoll Einkabellösungen bis zu SIL3 Performance Level e.Bild: Hengstler GmbH

Warum brauchen Drehgeber eine weitere Schnittstelle?

Johann Bücher: Von brauchen kann nicht die Rede sein, es wird eher vom Markt gefordert, aufgrund neuer und gestiegener Anforderungen. Vorab sollte man sich allerdings anschauen, was wir mit Acuro Link als neue Schnittstelle wirklich betrachten. Im Bereich Einbau-Drehgeber, sprich dem klassischen Servo-Motor-Feedback-Markt, wird eine neue Leistungsklasse angesprochen. In diesem spezifischen Markt erkennt man zwei Trends: Zum einen der Weg zur Einkabellösung, mit ihren Vorteilen im Bereich der geringeren Gesamtsystemkosten sowie dem reduzierten Platzbedarf und dem niedrigeren Aufwand bei der Installation. Zum anderen wird das Thema funktionale Sicherheit immer wichtiger. Momentan gibt es zwei Lösungen die das Thema Einkabellösung aktiv im Markt vorantreiben und sich bereits positioniert haben. Es gibt allerdings keine vollständig offene Schnittstelle, die den Anforderungen der Kunden entspricht. Die Umsetzung einer 2nd-Source-Strategie aus Anwendersicht ist somit nur schwer umsetzbar. Zudem ist die Angebotspalette an Sensoren, die Einkabellösungen unterstützen, überschaubar. Hier sehen wir unsere Chance, um mit Acuro Link konkrete Kundenanforderungen erfüllen zu können.

Bis zu welchem Level ist eine funktionale Sicherheit gewährleistet?

Bücher: Acuro Link ist konzipiert für eine kundenindividuelle Anpassung des SIL Levels. Es kann allerdings auch bei Anwendungen eingesetzt werden bis zu SIL3 Performance Level e. Somit unterstützten Drehgeber mit Acuro Link als derzeitig einziges Protokoll am Markt Einkabellösungen mit diesem Safety Integrity Level, sprich das Zusammenspiel zwischen Protokoll und Encoder wird bis SIL3 Ple unterstützt. Diese Eigenschaft spiegelt auch das gestiegene Anforderungsniveau des Marktes wider. So sind sich die Experten einig, dass in den nächsten Jahren ein deutlicher Anstieg der Anwendungen im Bereich funktionaler Sicherheit erwartet wird. Acuro Link bietet somit die ideale Basis um bereits heute für die Zukunft gewappnet zu sein.

Welche weiteren Vorteile bietet die neue Schnittstelle?

Bücher: Neben der funktionalen Sicherheit bis hin zu SIL3 PLe, ergeben sich noch weitere Vorteile. Das Thema Platzeinsparung wurde eingangs bereits erwähnt. 50Prozent weniger Kabel und Stecker, weniger Gewicht und kleinere Kabelkanäle. Zudem qualifiziert sich Acuro Link für den Bereich performanter Motion-Control-Anwendungen. Hierbei werden alle Leistungsklassen abgedeckt, wir sprechen dabei gerne von Basic-, Standard- und Advanced-Applikationen. Zudem bietet es eine hohe Übertragungsrate bis zu 10MBaud, kurze Reglerzyklen bis 32KHz und eine störungssichere Datenübertragung. Durch den Einsatz eines Sensor-Hub ist auch eine einfache Einbindung weiterer Sensoren möglich, z.B. für Temperatur oder auch Condition-Monitoring-Szenarien.

Hätte nicht die BiSS-Schnittstelle als Ergänzung ausgereicht?

Bücher: Acuro Link wurde von uns entwickelt auf Basis langjähriger Erfahrung im Einsatz von BiSS. Hengstler war bei der Konzeption von BiSS damals eine treibende Kraft und hat diesen Erfahrungsschatz weiter ausgebaut. Und wie eingangs erwähnt setzt es in Sachen Performance und Funktionaler Sicherheit neue Maßstäbe am Markt.

BiSS hat einige Zeit benötigt, bevor sie im Markt Fuß gefasst hat. Wie wollen Sie erreichen, dass Acuro Link deutlich schneller von den Anwendern eingesetzt wird?

Bücher: Zum einen wurde Acuro Link von uns nicht auf der grünen Wiese entwickelt, sondern in enger Kooperation mit einem Leitkunden, d.h. wir treffen damit die momentanen und zukünftigen Anforderungen am Servo-Motor-Feedback-Markt. Zudem entwickelt die Idee einer Acuro Link Community eine enorme Dynamik. Der gemeinsame Ansatz zur Positionierung einer offenen Schnittstelle wird mithelfen, dass wir deutlich schneller am Markt weitere Anwendungsfelder erschließen werden und eine Marktdurchdringung vorantreiben können.

Wie stellen Sie sicher, dass Acuro Link eine offene Schnittstelle ist?

Bücher: Wir öffnen Acuro Link ganzheitlich, also nicht nur für unsere Kunden, sondern auch für Marktbegleiter und in Richtung Kabelkonfektionierung und anderen Interessengruppen. Erstmals wurde die Idee einer Community auf der SPS IPC Drives 2016 vorgestellt. In der Zwischenzeit fanden viele Gespräche und Abstimmungen statt. Es kristallisiert sich ein klares Bild einer aktiven Interessensgemeinschaft heraus, mit dem Ziel der Schaffung eines offenen Standards im Bereich Einkabellösung für Servo-Motor-Feedback-Anwendungen.

Welche Firmen setzen Acuro Link bereits ein?

Bücher: Wie vorhin betont sind wir dabei eine Acuro Link Community aufzubauen. Somit wird sich der Kreis an weiteren Anbietern und Implementierungen rasch vergrößern. Dadurch wächst auch das Portfolio an Sensoren für die unterschiedlichsten Anwendungsgebiete und Spezifikationen. Unser Leitkunde, mit dem wir gemeinsam Acuro Link konzipiert und realisiert haben, ist Bosch Rexroth. In deren neuen Synchron-Servomotoren Baureihe Indradyn S-MS2N wird unser Drehgeber mit Acuro Link bereits als Protokoll eingesetzt. Besonders in den kleinen Motorbaugrößen spielt die Einkabellösung ihre Stärken im Bereich des verringerten Platzbedarfs voll aus.

Hengstler GmbH
http://www.hengstler.de

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