Inverview mit Dr. Jochen Köckler, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Messe AG

„Sämtliche Komponenten, um die eigene Fertigung zu digitalisieren“

"Wir brauchen Pioniergeist und wir brauchen Pioniere. Und die treffen wir in Hannover", sagt Dr. Jochen Köckler, Vorsitzender des Vorstands der Deutschen Messe AG, im Vorgriff auf die bevorstehende Hannover Messe. Wie keine andere Messe auf der Welt zeigt die Veranstaltung jedes Frühjahr die vielen Facetten entlang der Wertschöpfungskette in der Industrie, angefangen mit der Energieverteilung über die Automation bis hin zur industriellen Cloud und darüber hinaus in unternehmensübergreifende Strukturen der Supply Chain. Wir sprachen mit Dr. Köckler unter anderem darüber, was die Show 2019 den Besuchern zu bieten hat und welche Impulse das Partnerland Schweden mitbringt.
Dr. Jochen Köckler, Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen Messe, Hannover
Dr. Jochen Köckler, Vorsitzender des Vorstandes der Deutschen Messe, HannoverBild: Deutsche Messe AG

Was macht die Hannover Messe insgesamt einzigartig für die Besucher?

Dr. Jochen Köckler: Einzigartig an der Hannover Messe ist, dass Sie nirgendwo sonst eine derart geballte Präsenz der globalen Industrie finden. Das gilt für die pure Zahl der Entscheidungsträger, die jedes Jahr nach Hannover kommen. 6.500 Aussteller und mehr als 220.000 Besucher erwarten wir im April. Das gilt für den hohen Grad an Internationalität mit Teilnehmern aus etwa 80 Ländern der Welt. Und das gilt für die Diskussion übergeordneter Industriethemen, die wir aufgrund der Branchenvielfalt so nur in Hannover führen können. Auch in Zeiten mobiler Kommunikation bleibt das Messeerlebnis unersetzlich. 6,5 Millionen direkte Geschäftskontakte an fünf Tagen. Auf der Hannover Messe haben Sie eine Frequenz an hochwertigen Kontakten, für die sowohl unsere Besucher als auch unsere Aussteller sonst lange durch die Gegend reisen müssten. Und dann kommt noch hinzu, was sich nicht planen lässt: die unerwarteten Begegnungen, die Entdeckungen auf dem Weg durch die Hallen.

Was macht die Hannover Messe 2019 aus?

Dr. Köckler: Die Hannover Messe ist gleichermaßen Treiber und Impulsgeber. Wir bringen Vordenker zusammen und verstärken Trends. Für 2019 haben wir als Leitthema ‚Industrial Intelligence‘ gesetzt. Im Zuge der digitalen Transformation der Industrie gewinnen Technologien wie KI, Machine Learning oder auch VR/AR zunehmend an Bedeutung. Wir erleben, wie Menschen und Maschinen gemeinsam lernen und daraus Vorteile gewinnen. Daten aus der vernetzten Produktion werden sinnvoll genutzt, Prozesse werden verbessert, Störungen lassen sich voraussagen – sowohl in der Produktion als auch im Stromnetz oder in der Logistik. Darüber hinaus setzen wir verschiedene Schwerpunkte wie Plattformökonomie, Sektorkopplung, Cobots oder Leichtbau. Diese Bereiche sind aktuell von größter Bedeutung. Das spiegelt die Hannover Messe. So wird es beispielsweise erstmals einen Leichtbau-Gipfel der Bundesregierung auf der Hannover Messe geben.

Der Begriff Industrie 4.0 ist mit der Hannover Messe eng verbunden. Was bieten Sie diesbezüglich den Besuchern?

Dr. Köckler: Die Integration, Digitalisierung und Vernetzung industrieller Technologien bewegt in 2019 mehr denn je die internationale Industrie. Wir können auf der Hannover Messe sehr gut beobachten, wie die Bereiche Automation und IT immer weiter zusammenwachsen. Das zeigen die zahlreichen Allianzen zwischen Maschinen- und Anlagenbau auf der einen und Softwarekonzernen auf der anderen Seite. Die Besucher erwartet ein umfangreiches Spektrum an ganzheitlichen Lösungen für die industrielle Fertigung. Das betrifft etwa smarte Sensorik, intelligente Antriebslösungen oder Systeme zur Unterstützung einer modularen Produktion. Auf der Hannover Messe finden sich sämtliche Komponente, um die eigene Fertigung zu digitalisieren. Zum Wissens- und Erfahrungsaustausch dienen außerdem unsere Foren, wie etwa das Forum Industrie 4.0.

Was hat es mit Ihrem Claim ‚Home of Industrial Pioneers‘ auf sich?

Dr. Köckler: Industrial Pioneers – Pioniere der Industrie – das sind genau jene Menschen, die mit ihren Ideen und ihrem Engagement die Welt voranbringen und verändern. Es ist eine Frage der Haltung, ob man sich mit Zögern und Bedenken tragen will oder sich mit Optimismus und Neugier der Zukunft und ihren Herausforderungen stellt. Uns als Hannover Messe liegt die zweite Sicht auf die Dinge sehr viel mehr. Und wir sind durchaus stolz darauf, nicht nur eine Bühne, sondern auch ein Zuhause für die Pioniere der Industrie sein zu dürfen. Die Kampagne ‚Home of Industrial Pioneers‘ hat den großen Vorteil, dass wir unter ihrem Dach sehr viele Geschichten erzählen können. Spannende Geschichten aus der Vergangenheit genauso wie aus der Gegenwart. Wir brauchen Pioniergeist und wir brauchen Pioniere. Und die treffen wir in Hannover.

Die Industriemesse beginnt im nächsten Jahr bereits am ersten April. Warum war eine Vorverlegung des Messezeitpunktes notwendig?

Dr. Köckler: Das Datum der Hannover Messe ändert sich von Jahr zu Jahr. Ein wichtiger Faktor bei der Festlegung des Termins ist immer die Frage, wann genau Ostern ist und wie in den einzelnen Bundesländern die Osterferien liegen. Da ist der Spielraum dann in einigen Jahres etwas enger. Wichtig ist uns, dass wir im April stattfinden. 2019 ist es eben mal ganz am Anfang. Da wir unsere Termine frühzeitig bekannt geben, können sich Aussteller und Besucher langfristig darauf einstellen.

Was erwarten Sie vom Partnerland Schweden an Impulsen?

Dr. Köckler: Schweden ist ein Land, zu dem der Begriff des Industrial Pioneers sehr gut passt. Viele Innovationen kamen und kommen aus Schweden. In internationalen Innovations-Rankings belegt Schweden häufig erste Plätze. Digitalisierung, Smart Industry oder auch Umwelttechnologien und Klimaschutz – darin ist Schweden sehr weit. Das alles zeugt von einer innovationsfreudigen und zukunftsgerichteten Mentalität. Gleichzeitig sind die Rahmenbedingungen in Schweden günstig, beispielsweise mit sehr hohen Investments in Forschung und Entwicklung. Schweden wird sich auf der Hannover Messe als Ideenschmiede moderner Technologien präsentieren. Unter dem Motto ‚Sweden Co-Lab‘ setzen die Schweden auf starke internationale Partnerschaften. Wo sollten sich diese besser gründen lassen als in Hannover? (kbn)

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