Kampf gegen Klimawandel bietet Deutschland Wachstumschancen

Die deutsche Wirtschaft könnte in den kommenden 50 Jahren durch den Klimawandel Schäden in Höhe von insgesamt 730Mrd.€ erleiden, wenn nicht frühzeitig gegengesteuert wird. Grund dafür sind geringere Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis zum Jahr 2070, die außerdem zum Verlust von bis zu 470.000 Arbeitsplätzen führen könnten, verglichen mit einer Welt ohne Klimawandel. Das ist das Ergebnis der aktuellen Studie des Deloitte Economics Institute „Germany’s turning point – How climate action can drive our economic future”. Gleichzeitig zeigt die Studie die langfristigen Chancen rechtzeitiger Investitionen in Klimaneutralität. Die Studie beschäftigt sich mit Hilfe modellbasierter Szenario-Analysen mit zentralen Fragen der klimapolitischen Debatte. Zum einen mit den ökonomischen Konsequenzen, wenn die CO2-Emissionen nicht eingedämmt werden, und andererseits mit den Folgen, sollten die Volkswirtschaften in Richtung CO2-Neutralität transformiert werden. Das Modell kombiniert makroökonomische und Klimamodelle und hat einen Zeithorizont bis zum Jahr 2070. Analysiert werden verschiedene Faktoren, von Landverlusten und landwirtschaftlichen Einbußen bis hin zu Produktivitätseinbußen. „In unserem Basisszenario gehen wir davon aus, dass die Temperaturen im Falle des Nichthandelns bis zum Ende des Jahrhunderts global um drei Grad steigen werden. Die wirtschaftlichen Schäden dieser Entwicklung werden bisher in Wirtschaftsanalysen und langfristigen Wachstumsprognosen kaum berücksichtigt“, erklärt Dr. Alexander Börsch, Chef-Volkswirt bei Deloitte Deutschland. „Das klassische ‚business as usual‘-Szenario macht angesichts der zu erwartenden Schäden wenig Sinn. Deshalb haben wir in unserer Studie zum ersten Mal volkswirtschaftliche Kosten und Nutzen der Investitionen in Klimaschutz gegenübergestellt.“ Wachstum durch Transformation Laut der Studie ergeben sich substanzielle wirtschaftlichen Vorteile, wenn Deutschland konsequent handelt, einen Beitrag zum globalen 1,5 Grad-Ziel leistet und bis spätestens 2050 klimaneutral wird. In diesem Szenario muss Deutschland in den kommenden Jahren deutlich in die Transformation seiner Wirtschaft investieren. Dadurch wird das BIP-Wachstum etwas niedriger ausfallen als im Falle des Nichthandelns. Die Investitionen betreffen vor allem Anpassungen zur Dekarbonisierung in der Industrie sowie die Umstellung auf erneuerbare Energien wie Wind und Sonne, einschließlich einer zunehmenden Verbreitung von „kohlenstofffreiem“ Wasserstoff. Es gibt jedoch einen Wendepunkt, ab dem die gravierendsten Auswirkungen des Klimawandels vermieden werden und die wirtschaftlichen Vorteile die Investitionen in emissionsarme Produktionsprozesse ausgleichen. Nach diesem Wendepunkt, der nach den Berechnungen für Deutschland im Jahr 2038 liegt, beschleunigen sich die Wachstumseffekte bis 2070. Die deutsche Wirtschaft würde stärker wachsen als sie es ohne die Investitionen in das Erreichen des 1,5 Grad-Ziels getan hätte. Der Grund liegt sowohl in den vermiedenen Schäden als auch in neuen wirtschaftlichen Chancen. Im internationalen Vergleich erreicht Deutschland den Wendepunkt als eine der ersten Volkswirtschaften in Europa, da das Land die Maßnahmen gegen den Klimawandel und Investitionen in grüne Energie vergleichsweise früh eingeleitet hat. Mehr Dynamik, größerer Nutzen Das Wachstum im Jahrzehnt nach 2040 wird zunächst jedes Jahr um 0,8 Prozentpunkte höher ausfallen als in einer Welt der Untätigkeit, so dass sich die Wachstumsdynamik beschleunigt. Im Jahr 2070 ist der Nettonutzen des Übergangs für Deutschland auf 2,5 Prozent des BIP angewachsen. Das Land ist bis 2070 jedes Jahr um 140 Milliarden Euro bessergestellt als in einer Welt der Inaktivität. Dieser Nutzen wächst mit jedem weiteren Jahr. Auch die Zahl der Arbeitskräfte wird zunehmen, insbesondere in der sauberen Energiewirtschaft und im Dienstleistungssektor. Volker Krug, CEO von Deloitte Deutschland, unterstreicht: „Die politischen Entscheidungsträger müssen sich auf einen gemeinsamen strategischen Ansatz einigen. Die meisten wirtschaftlichen Vorteile kommen nur dann zum Tragen, wenn die internationalen Emittenten einen ähnlich konsequenten Ansatz verfolgen. Außerdem werden die großen Unterschiede bei der zeitlichen Verteilung der Vorteile zwischen den EU-Mitgliedstaaten wahrscheinlich eine gemeinsame Lösung erfordern. Darüber hinaus müssen die Industrie und die Politik Lösungen finden, wie die wirtschaftlichen Übergangskosten in den am stärksten betroffenen Sektoren gemildert werden können.“  

Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

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