Korrektive, präventive oder zustandsorientierte Instandhaltung

Warum Instandhaltung unterschiedliche Strategien braucht

Effiziente Instandhaltung ist ein wesentlicher Aspekt einer ressourcenschonenden Industrie. Jede Sekunde, die eine Maschine arbeitet statt gewartet oder instandgesetzt zu werden, vermeidet Verschwendungen und generiert Mehrwerte. Deshalb müssen Instandhaltungsereignisse antizipiert, bewertet und mit Behandlungs-Algorithmen versehen werden.

Ausfallende Instandhaltung oder Reactive Maintenance (korrektiv), die ohne Aufschub nach der Fehlererkennung ausgeführt wird. Alle Ereignisse, die sich gut identifizieren und lokalisieren lassen, sind dafür geeignet. Vorteile: maximale Ausnutzung der Lebensdauer der Komponenten, geringer Planungsaufwand, einfache Umsetzbarkeit. Nachteile: ungeplante, sofort durchzuführende Tätigkeiten, Risiko längerer Stillstandszeiten und geringere Anlagenverfügbarkeit.

Aufschiebende Instandhaltung oder Active Maintenance (korrektiv), die nach vorgegebenen Regeln zurückgestellt wird. Eine Nebenform der ausfallenden Instandhaltung mit der Besonderheit, dass der Zeitpunkt der Reparatur geplant wird. Alle Fehlerereignisse, die gut identifiziert und lokalisiert werden können, sind geeignet. Sie hat dieselben Vor- und Nachteile wie die ausfallende Instandhaltung mit dem weiteren Nachteil zusätzlicher Planung und Risiko von Folgeschäden.

Vorausbestimmende Instandhaltung oder Preventive Maintenance (präventiv), die nach einem festgelegten Zeitplan oder nach einer festgelegten Zahl von Nutzungseinheiten durchgeführt wird, jedoch ohne vorherige Zustandsermittlung. Eine klassische Wartung. Alle Ereignisse, die wenig Kosten verursachen und bei denen die Wartung im Verhältnis zu einer möglichen Reparatur nicht zu lange dauert, sind geeignet. Vorteile: Planbarkeit, Kenntnisse der Abläufe und der benötigten Ersatzteile, hohe Materialverfügbarkeit, hohe Arbeitsqualität, exakte Kalkulierbarkeit, Reduktion ungeplanter Ausfälle und erhöhte Lebensdauer der Komponenten. Nachteile: höhere Kosten und zusätzliche Arbeitsstunden für Planung und Durchführung der Wartung sowie fehlende Kenntnis über das reale Ausfallverhalten der Anlage.

Voraussagende Instandhaltung oder Predictive Maintenance (präventiv), die auf Basis einer Vorhersage durchgeführt wird. Grundlagen sind bekannte Eigenschaften oder Erfahrungen aus Analysen der Vergangenheit oder das Eintreten von wichtigen Parametern. Mit dieser Strategie wird ein zukünftiges Fehlverhalten eines Systems vermieden. Die Komponenten eines potenziellen Fehlerereignisses werden ausgetauscht oder die Auswirkungen der Fehlerursachen werden reduziert, bevor das Ereignis eintritt. Vorteile: Planbarkeit, Bekanntheit der Abläufe und benötigten Ersatzteile, hohe Materialverfügbarkeit, hohe Arbeitsqualität, exakte Kalkulierbarkeit, erhöhte Anlagenverfügbarkeit, weniger ungeplante Ausfälle und erhöhte Lebensdauer der Komponenten. Nachteile: Notwendigkeiten von ausreichendem Planungsvorlauf, von intelligenten Algorithmen, von ausreichend vorhandenen Datensätzen zur Mustererkennung. Zudem höherer Aufwand und höhere Kosten durch Planung und Durchführung vermehrter Wartungsarbeiten, hohe Anforderungen an Personalqualifikation und notwendige Kenntnis über das Ausfallverhalten der Anlage. Ferner kann diese Strategie erst weit nach Produktionsbeginn eingesetzt werden, da benötigte Erfahrungen erst gesammelt werden müssen.

Zustandsbestimmende Instandhaltung oder Condition Based Maintenance (zustandsorientiert). Mögliche Maßnahmen resultieren aus Beurteilungen des physischen Zustands und ggf. weiterer Analysen. Sie ist eine vorhersagende, wissensbasierte Strategie. Alle Ereignisse mit einer gewissen Vorhersagbarkeit und guter Lokalisierung sind geeignet. Vorteile und Nachteile sind identisch zur voraussagenden Instandhaltung.

Verdrängende Instandhaltung ignoriert ein Ereignis. Sie ist keine echte Instandhaltung, sondern eher eine Lösung für den Umgang mit speziellen Fehlerereignissen. Damit wird ein bekanntes oder unbekanntes Fehlverhalten eines Systems nicht behoben und ist nur sinnvoll bei Ereignissen mit keiner oder geringer Funktionsauswirkung. Vorteil: keine Kosten. Nachteilig ist jedoch, dass mindestens Funktionseinschränkungen der Anlage zu erwarten sind.

Die passende Instandhaltungsstrategie für jedes Ereignis

Die effektivste Instandhaltung wird erreicht, wenn die angewendete Strategie zum anliegenden Ereignis passt. Wie kann die Zuordnung gelingen? Eine einfache Methodik ist das Event-Fingerprint-Masking. Hierbei werden die Eigenschaften der Strategien mit den Fingerabdrücken der Ereignisse verglichen. Die voraussagende Instandhaltung zum Beispiel ist zunächst prinzipiell besonders geeignet für Ereignisse mit einer hohen Prädiktabilität. Da sie aber auch gravierende – insbesondere wirtschaftliche – Nachteile hat, sollten zusätzliche spezifische Merkmale betrachtet werden. Bei gut identifizierbaren oder leicht reparierbaren Ereignissen kann man vielleicht besser einfach abwarten, bis das Ereignis eintritt, und sich dann kümmern. Bei leicht vermeidbaren Ereignissen ist es wahrscheinlich auch besser, das Eintreten des Ereignisses zu vermeiden, anstatt frühzeitig z.B. komplette Komponenten auszutauschen. Weist der Fingerabdruck des Ereignisses neben der hohen Prädiktabilität aber eine niedrige Präventabilität, eine niedrige Identität und eine niedrige Reparabilität auf, so kann die voraussagende Instandhaltung eine gute Wahl sein.

Durch diesen Ansatz entstehen für jede Strategie spezielle Maskierungen, die für die Analyse und zur Strategieentscheidung jedes einzelnen Ereignisses nutzbar sind. Eine Instandhaltungsstrategie ist dann für ein Ereignis gut anwendbar, wenn der typische Fingerabdruck des Ereignisses in die Maske der Instandhaltungsstrategie passt. Grafik 1 zeigt als Beispiel die Masken der Instandhaltungsstrategien, zusätzlich einen beispielhaften Fingerabdruck eines Ereignisses und sein Passen in die jeweiligen Masken.Es ist zu erkennen, dass das gewählte Ereignis sehr gut sowohl in die Maske der ausfallenden als auch in die der verdrängenden Instandhaltung passt. Diese Methodik ist für jedes einzelne Ereignis anzuwenden. Anschließend kann festgelegt werden, welche Instandhaltungsstrategien für welche Ereignisse umzusetzen sind.

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