Smarte IoT-Lösungen in der Intralogistik

Übersetzungsbüro für drei Welten

Nur selten finden sich in Produktionsbetrieben Systeme, die drei unterschiedliche Welten reibungslos miteinander verbinden. Wie genau das durch die Bereitstellung einer offenen Steuerungs- und Protokolllandschaft gelingen kann, zeigt ein Projekt von Wago und TTS-Automation: Es vereint IT-Welt, Prozesstechnik und Logistik, um effiziente, sichere und gut dokumentierte Verladevorgänge zu erhalten.
Die Steuerung von Wago ermöglicht es bei unseren unterschiedlichen Kunden, praktisch jedes gängige Protokoll zu implementieren - ein wahres Übersetzungsbüro.
Thomas Striegel, TTS Automation
Bild: Wago GmbH & Co. KG
Die Steuerung von Wago ermöglicht es bei unseren unterschiedlichen Kunden, praktisch jedes gängige Protokoll zu implementieren – ein wahres Übersetzungsbüro. Thomas Striegel, TTS Automation Bild: Wago GmbH & Co. KGBild: Wago GmbH & Co. KG

Keine Fahrt leer! Über diese uralte Weisheit der Logistikbranche können moderne Spediteure und Logistikmanager nur müde lächeln. Längst hängt die Rendite davon ab, nicht nur die letzte Lücke im Lieferterminkalender sondern auch in jedem einzelnen LKW zu finden. Um den Materialfluss und den Versand zu optimieren, versuchen bereits viele Anbieter, ihre Geschäftsprozesse zu automatisieren und mit Softwareanwendungen zu unterstützen. Dennoch ist es in den meisten Logistikabteilungen immer noch das Manuelle, das den Arbeitsalltag prägt: Aufträge erfassen, Sendungen planen, Transportrouten und Auslieferung überwachen und den Kunden über den Lieferstatus informieren sind meist – wenn überhaupt – nur teilautomatisiert.

Die Funktionen der IoT Box von Wago müssen offen und einfach sein, sodass sie an die jeweilige 
Kundenapplikation ohne großen Aufwand angepasst werden können.
Wolfgang Laufmann, Wago
Die Funktionen der IoT Box von Wago müssen offen und einfach sein, sodass sie an die jeweilige Kundenapplikation ohne großen Aufwand angepasst werden können. Wolfgang Laufmann, WagoBild: Wago GmbH & Co. KG

Automatisierung lohnt sich

Allein aus wirtschaftlicher Sicht macht eine Automatisierung dieser Abläufe in den meisten Fällen Sinn. Viele Entscheider zögern jedoch mit der Investition. Nicht selten übersehen sie bei ihrer Entscheidung jedoch einen zunächst unsichtbaren aber sehr wesentlichen Aspekt: Die fehlerhafte Beladung eines Fahrzeugs birgt ein nicht unerhebliches Risiko mit unter Umständen weit reichenden juristischen Konsequenzen. „Wer einmal einem Staatsanwalt in die Augen schauen musste bei der Frage ‚Was haben Sie dazu beigetragen, dass es nicht zu diesem Unfall kommen konnte?‘, weiß um die Bedeutung des Themas Dokumentation der Transportsicherung, wenn einmal ein Schadensfall eingetreten ist“, sagt Thomas Striegel. Der Geschäftsführer von TTS Automation wurde vor einigen Jahren von einem Kunden in der Chemieindustrie angesprochen, ob nicht seine Industriekameras auch in der Lage sein könnten, den bislang händischen Kontroll- und Dokumentationsvorgang bei der Beladung von Gefahrguttransportern zu automatisieren. Die Verantwortlichen hatten bis zu dem Zeitpunkt mit einem Tablet-PC oder Digitalkamera von der Ladung Fotos gemacht und händisch in eine Dateiablage sortiert.

Die Probleme bei dieser Vorgehensweise liegen im nicht standardisierten Vorgehen und in der Fehleranfälligkeit. „Es kam nicht selten vor, dass die Fotos verwackelt waren, entscheidende Bereiche verdeckt oder die Fotos schlicht nicht mehr aufzufinden waren, da sie offensichtlich falsch oder gar nicht abgelegt worden waren“, beschreibt Striegel den früheren Zustand. Bei einer fehleranfälligen händischen Dokumentation kann es selbst bei der korrekten Beladung jedes einzelnen LKWs zu Problemen kommen: Etwa kann es im Falle eines Unfalls vorkommen, dass der zur eigenen Entlastung nötige Nachweis einer korrekten Vorgehensweise fehlt oder nicht brauchbar ist.

 Von der Speditionshalle transportiert der Gabelstaplerfahrer das Transportgut zum Trailer des LKWs. Erst ab da beginnt die Aufzeichnung des Beladevorgangs.
Von der Speditionshalle transportiert der Gabelstaplerfahrer das Transportgut zum Trailer des LKWs. Erst ab da beginnt die Aufzeichnung des Beladevorgangs.Bild: Wago GmbH & Co. KG

Industriekameras zur Dokumentation

„Es geht nicht darum, einfach nur eine Kamera zu montieren, die wie eine Überwachungskamera alles filmt.“, erklärt Striegel. „Unsere Lösung wertet die Ladesituation intelligent aus und erzeugt datenschutzkonform nutzbringende Bilder mit wichtigen Informationen zur Dokumentation.“ Da das alles andere als trivial ist, steckt hinter jeder individuellen Kundenapplikation ein eigenes Projekt. Bei den meisten Anfragen geht es darum, mit Hilfe der aufgezeichneten Bilder zu dokumentieren, dass die auf den Auftrag bezogen korrekten Waren und Gebindetypen auf den korrekten LKW verladen wurden und eine Ladungssicherung vorgenommen wurde. Die Software ergänzt die zuvor ausgewählten, aussagekräftigen Bilder mit Zeitstempel und Auftragsnummer, die in die Bilddaten eingebrannt werden, sodass auch eine nachträgliche Manipulation erschwert wird.

Um diese Vorgänge dokumentieren zu können, ist Technik und Logik gefragt: So muss z.B. das vordere und hintere Nummernschild des leeren LKWs erkannt werden. Anschließend wird der Lastwagen automatisch dem passenden ERP-Auftrag zugeordnet und an die für ihn reservierte Laderampe geführt. Im Verladeterminal wiederum sorgen Kameras an den passenden Stellen der Rampe und auf den Gabelstaplern dafür, dass aussagekräftige Bilder erzeugt werden. Die Kameras und ihre Software identifizieren den Stapler, erkennen, wenn er ein- und ausgefahren ist und speichern dann ein Bild der erfolgten sicheren Beladung. Eine ERP-Schnittstelle dient dann dazu, dass die Fotos im System für Warenwirtschaft und Logistikmanagement des Anwenders auffindbar abgelegt werden.

Die Herausforderung für Kamera und Software besteht dabei vor allem in einem Aspekt: Das erzeugte Bild muss aussagekräftig sein. Unzählige Selbstkontrollaspekte durchläuft das Programm dazu im Hintergrund. Für ein verwertbares Bild bei jeglicher Beleuchtungssituation im LKW muss die Kamera erkennen, dass sie nicht von der Sonne oder einer anderen Lichtquelle geblendet ist, oder aufgrund von Temperaturschwankungen ihre Linse nicht beschlägt. Auch muss die Software so programmiert sein, dass das System den richtigen Moment für die Aufnahme findet. In der Sekunde, in der die Software auf den virtuellen Aufnahmeknopf drückt, darf weder der Stapler im Weg sein, noch sich eine erkennbare Person im Bild befinden. In besonders kritischen Anwendungen sorgt das System zudem dafür, dass einzelne Gebinde z.B. über einen Barcode erkannt werden, um die Nachverfolgbarkeit der einzelnen Teillieferungen gewährleisten zu können.

 Die Industriekamera und die flexiblen Komponenten der IoT Box von Wago haben sich für TTS Automation als sehr gut passende Kombination ergeben.
Die Industriekamera und die flexiblen Komponenten der IoT Box von Wago haben sich für TTS Automation als sehr gut passende Kombination ergeben. Bild: Wago GmbH & Co. KG

Vielfältige Sprachen und Protokolle

Um aus den ersten Anfragen der Chemieindustrie ein funktionierendes Produkt zu erarbeiten, musste zunächst vor allem eine Hürde genommen werden: Eine große Herausforderungen für die Techniker von TTS Automation lag in der Anbindung der Kamera an die Steuerungen und angrenzende Systeme: „Wir waren lange auf der Suche, bis wir mit Wago einen Automatisierer gefunden hatten, dessen Steuerung die notwendigen Protokolle in der Breite unterstützt“, blickt Striegel zurück. Die Controller eignen sich etwa immer dann, wenn es darum geht, viele unterschiedliche dezentral verteilte Feldsignale einfach und schnell zu erfassen sowie eine lokale Intelligenz bei kundenspezifischen Projektanforderungen beizufügen. Die mithilfe der Steuerung gewonnenen Daten werden dann in die IT-Welt übersetzt und den verschiedenen Anwendergruppen bereitgestellt.

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