Einsatz von Simulation und virtueller Inbetriebnahme im Anlagenbau

„Für uns ein Erfolgsfaktor“

Im Interview erläutert Jörg Thomas, Technischer Leiter (CTO) der Firma Klotz, die Vorzüge des Simulationstools fe.screen-sim von F.EE für die virtuelle Inbetriebnahme von Prüfständen und Montageanlagen.
Jörg Thomas: "Durch den Einsatz von Fe.screen-sim können wir mögliche Probleme und Fehler bereits in der Planungs- und Konstruktionsphase identifizieren und beheben, was die Effizienz der Projekte steigert."
„Durch die Simulationssoftware können wir Probleme und Fehler bereits in der Planungs- und Konstruktionsphase identifizieren und beheben.“ Jörg Thomas, Klotz – Bild: F.EE Industrieautomation GmbH & Co. KG

Was sind die Hauptgeschäftsfelder Ihres Unternehmens?

Jörg Thomas: Klotz ist ein Unternehmen mit Hauptsitz in Kötz bei Günzburg und einem Standort in Shanghai, das sich seit über 30 Jahren auf den Bau von Prüfständen und Montageanlagen für KFZ-Lenkungen spezialisiert hat. In den letzten Jahren haben wir ein umfangreiches Knowhow für elektrisch unterstützte Lenksysteme aufgebaut und bieten heute unter anderem Prüfstände und Montageanlagen für Rack- und Column-EPS-Systeme sowie deren Komponenten – wie Sensoren, Motoren und Powerpacks – an. Dabei arbeiten wir eng mit unseren Kunden zusammen und entwickeln Anlagenlösungen, die exakt den Anforderungen des Kunden und der Branche gerecht werden. Neben dem Sondermaschinenbau ist auch die technische Software eine unserer Kernkompetenzen. Mit KinRig haben wir ein flexibles Produkt geschaffen, das Automatisierungs- und Prüfaufgaben schnell und standardisiert umsetzt, was eine höhere Effizienz und Produktivität in der Produktion ermöglicht. Zum Software-Knowhow von Klotz gehört auch die virtuelle Inbetriebnahme von Maschinen mit Hilfe der Simulationslösung fe.screen-sim aus dem Hause F.EE. Klotz hat in den letzten Jahren eine umfangreiche Modellbibliothek entwickelt, die es ermöglicht, schnell digitale Zwillinge der Anlagen aufzubauen.

Wie hat der Einsatz der Software den Workflow bei Ihnen verändert?

Durch den Einsatz können wir mögliche Probleme und Fehler bereits in der Planungs- und Konstruktionsphase identifizieren und beheben, was die Effizienz der Projekte steigert. Die Qualität der SPS-Software wurde erhöht, da automatisierte Tests ohne Gefährdung von Personen durchgeführt werden können. Die Fehleranalyse kann in einer professionellen Entwicklungsumgebung stattfinden, wodurch der Behebungsprozess extrem beschleunigt wird. Die virtuelle Inbetriebnahme verkürzt damit die Inbetriebnahmezeit, ermöglicht Codeanpassungen während der Anlagenverlagerung, spart Kosten und erhöht die Flexibilität. Gerade in punkto Flexibilität spielt uns die Möglichkeit der Inbetriebnahme im Homeoffice natürlich zusätzlich in die Karten. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich die Kommunikation der Abteilungen im Unternehmen durch die gleichzeitige Arbeit auf einer Plattform deutlich verbessert hat, was wiederum zu einer effektiveren und effizienteren Arbeitsweise führt.

Wird jede Anlage bei Ihnen virtuell in Betrieb genommen?

Wir streben an, rund 90 Prozent unserer Anlagen virtuell in Betrieb zu nehmen. Ziel ist, die Inbetriebnahme schneller, sicherer und kostengünstiger durchzuführen. Das ist möglich durch den Einsatz von fe.screen-sim und einer großen eigenen Modellbibliothek zur schnellen Abbildung der Anlagenmodelle. Ausnahmen bilden Anlagen mit zu komplexen externen Schnittstellen oder zu einfachen kleinen Modulen, bei denen keine virtuelle Inbetriebnahme erforderlich ist. Grundsätzlich wird aber immer angestrebt, die virtuelle Inbetriebnahme zu nutzen, um den Workflow und die Produktqualität zu verbessern.

Wie hoch ist der Automatisierungsgrad bei der Erstellung der virtuellen Modelle?

Der Automatisierungsgrad bei der Erstellung unserer digitalen Zwillinge steigt mit jedem Projekt. Klotz hat eine große Bibliothek mit über 800 Standardobjekten und Plug-ins entwickelt, um die automatisierte Virtualisierung von CAD-Modellen zu ermöglichen. Die CAD-Daten werden automatisiert mit der Klotz-Bibliothek verglichen und die Anlagenmodelle vollautomatisch generiert. Was zu Beginn einen Mitarbeiter eine Woche lang beschäftigt hat, wird heute bei Standardanlagen in drei Minuten erledigt. Der Automatisierungsgrad hängt natürlich von der Art des Projektes ab, aber wir streben danach, diesen ständig zu erhöhen, um die Effizienz zu steigern und die Qualität der Arbeit zu verbessern. Wir arbeiten auch weiterhin an der Entwicklung von Tools zur Unterstützung der Automatisierung, damit die Zeit zur Erstellung virtueller Modelle weiter verkürzt werden kann. Hierfür sind die in fe.screen-sim integrierten Programmierschnittstellen unerlässlich.

Welche Schnittstellen und Datenquellen werden genutzt?

Eine wichtige Datenquelle sind die CAD-Daten aus Autodesk Inventor, die eine genaue geometrische Darstellung der Objekte liefern und deren physikalische Eigenschaften beschreiben. Wir verwenden auch Dokumentationen zu den Aktoren und Sensoren, um zusätzliche Informationen über das Verhalten und die Eigenschaften der Objekte zu erhalten. Für den Ablauf der Simulation nutzen wir verschiedene Schnittstellen wie Twincat, um die Verbindung zwischen der Simulationssoftware fe.screen-sim und dem von uns entwickelten KinRig herzustellen. Je nach Roboter wird auch hier die passende Schnittstelle verwendet. Zum Abruf und der Verarbeitung von Daten aus verschiedenen Quellen nutzen wir Schnittstellen zu Datenbanken, wie TCP/IP, UDP und FTP. Einige dieser Schnittstellen haben wir selbst entwickelt, um den spezifischen Anforderungen der Simulation gerecht zu werden. Insgesamt ermöglichen uns diese Schnittstellen und Datenquellen eine genaue und umfassende Simulation unseres Systems zur virtuellen Inbetriebnahme. Wir können verschiedene Szenarien testen und das Verhalten der Objekte in verschiedenen Umgebungen analysieren, um Anpassungen vorzunehmen und die Leistung zu verbessern.

Welche Vorteile sehen Sie in offenen Programmierschnittstellen und wie nutzen Sie diese?

Ich sehe viele Vorteile für die Modellierung, insbesondere für die Flexibilität und die Möglichkeit zur individuellen Programmierung. Sie bieten uns die Möglichkeit, eigene Schnittstellen zu entwickeln und Plug-ins oder SceneObjects zu schreiben, um unsere Modellierung in der Software flexibel zu erweitern. Zudem können wir unsere Prozesse automatisieren und dadurch Zeit und Ressourcen sparen. Die API ermöglicht einen einfachen Zugriff von außen für Teilehandling und automatisches Testen. Sie kann auch verwendet werden, um externe Tools zu verbinden und somit den Workflow zu verbessern.

Wo sehen Sie Trends im digitalen Engineering?

Im digitalen Engineering gibt es viele Trends, die auch bei Klotz eine wichtige Rolle spielen. Wir sehen die virtuelle Inbetriebnahme und die virtuelle Vorabnahme als wichtige Entwicklungen, die uns helfen, Systeme und Prozesse zu testen und anzupassen, bevor sie physisch implementiert werden. Darüber hinaus nutzen wir KI-Technologien und Datenanalysen zur Verarbeitung von Daten und Erkennung von Mustern – um dann wiederum unseren Workflow zu verbessern. Eine weitere grundlegende Entwicklung ist die Automatisierung von Prozessen, die u. a. eine höhere Genauigkeit und Zuverlässigkeit unserer Prozesse ermöglicht. Schließlich ist die Standardisierung ein wesentlicher Trend im digitalen Engineering, mit dem auch die Erhöhung der Kompatibilität mit anderen Systemen und Prozessen einhergeht. Zusammenfassend sehen wir diese Trends als wichtige Möglichkeit, unsere Prozesse, Systeme, Leistung und Effizienz zu verbessern und dadurch Zeit, Kosten sowie Ressourcen einzusparen.

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