Time-Sensitive Networking – Zeit zum Handeln

Vorwort von Jordon Woods, Strategic Technologist for the Industrial Ethernet Technology Group bei Analog Devices. Analog Devices ist ein Aufsichtsratmitglied der CLPA.

Um beim Endanwender erfolgreich vollständige Automatisierungssysteme aufzubauen, müssen all die verschiedenen Technologien miteinander verbunden und durch nahtlose, interoperable Protokolle in Betrieb genommen werden. Durch die Standardisierung können komplette Fertigungssysteme zudem mit Produkten unterschiedlicher Anbieter entwickelt und bereitgestellt werden. TSN ist eine Plattform, die zahlreiche Chancen für Konvergenz und Interoperabilität eröffnet, weil hierdurch bislang inkompatible Geräte und Anwendungen Teil eines zusammenhängenden Systems werden können. So werden verschiedene Industrial-Ethernet-Protokolle dasselbe Netzwerk gemeinsam nutzen können. Mittels OPC-UA werden bisher inkompatible Systeme auf der Steuerungsebene und höheren Ebenen in einer gemeinsamen Sprache miteinander kommunizieren können.

Zur Realisierung dieser Vision haben neben der OPC Foundation diverse Open-Industrial-Ethernet-Organisationen die TSN-Kompatibilität in ihr Portfolio aufgenommen. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Whitepapers ist davon auszugehen, dass diese Projekte in etwa ein bis zwei Jahren vollständige Lösungen liefern werden.

Die Normengruppe IEEE 802.1 umfasst über 30 verschiedene Standards, von denen einige für industrielle Anwendungsfälle nicht relevant sein werden. Es bedarf daher gewisser Vereinbarungen, welche Standards für die Automatisierung verwendet werden sollen. IEC und IEEE arbeiten deshalb gemeinsam an der Festlegung eines Standard-Profilsets für TSN, das auf einer umfangreichen Auswahl von Applikationen beruht. Dieses Projekt ist allgemein als IEC/IEEE 60802 bekannt und wird voraussichtlich in ein bis zwei Jahren abgeschlossen sein. Wie wir gesehen haben, werden jedoch viele Anwendungsfälle in der Automatisierung bereits durch die Kernstandards IEEE 802.1AS und Qbv abgedeckt, die die Zeitsynchronisierung und Priorisierung betreffen. Die Geräteanbieter haben bereits Produkte mit diesen Standards auf den Markt gebracht. Außerdem sind IEC und IEEE für gut funktionierende Abwärtskompatibilität bekannt. Alle künftigen Normen werden daher mit großer Wahrscheinlichkeit Weiterentwicklungen früherer Normen sein.

Im Rahmen des IEC/IEEE 60802-Projekts soll auch die Frage der TSN-Konformitätsprüfung geklärt werden. Zumindest eine Open-Network-Organisation bietet dies bereits an, und es ist davon auszugehen, dass diese Aktivitäten in zukünftige, umfassendere Programme einfließen werden, an denen auch andere Organisationen beteiligt sind.

Was also sollten Unternehmen tun, die von den Vorteilen von TSN überzeugt sind und es möglichst bald einführen möchten? Zunächst einmal gilt es, eine aktuelle Technologie zu finden, die TSN bereits unterstützt und zugleich die erforderliche Anwendungsfunktionalität, wie Safety und Motion Control, bereitstellt. So werden die aktuellen Projektanforderungen erfüllt und gleichzeitig die zukünftige Kompatibilität mit anderen TSN-basierten Technologien bei deren Einführung gewährleistet, weil mehrere Protokolle dasselbe Netzwerk nutzen können.

2018 hat die CLPA (CC-Link Partner Association) CC-Link IE TSN eingeführt. 2018 hat die CLPA (CC-Link Partner Association) CC-Link IE TSN eingeführt. Dabei handelt es sich um das bewährte offene industrielle Ethernet CC-Link IE, das mit der TSN-Kompatibilität erweitert wurde. CC-Link IE TSN war die weltweit erste offene Industrial-Ethernet-Technologie, die die Gigabit-Bandbreite mit TSN kombiniert. Ebenfalls wird mit CC-Link IE TSN die100Megabit-Bandbreite unterstützt, und läutet somit zweifelsohne die Zukunft des offenen industriellen Ethernets ein. Das Resultat ist eine bewährte Technologie, die Endanwender, Maschinenbauer und Geräteanbieter jetzt für ihre Produkte und Projekte übernehmen sollten. Geräteherstellern, die CC-Link IE TSN-zertifizierte Produkte anbieten möchten, steht bereits ein sehr umfangreiches und vielfältiges Ökosystem an Entwicklungsoptionen zur Verfügung. Kompatible Produkte und Lösungen von führenden Anbietern wie Mitsubishi Electric sind bereits erhältlich. Endanwender und Maschinenbauer können die beschriebenen Chancen schon heute nutzen. Indem sie jetzt CC-Link IE TSN-kompatible Produkte entwickeln, sind die Gerätehersteller in der Lage, die Zukunft der Automatisierung mitzugestalten und an dieser neuen Marktperspektive teilzuhaben.

CC-Link IE TSN trägt in dreifacher Hinsicht dazu bei, das Versprechen von Industrie 4.0 einzulösen:

  • Performance (Leistung) – Das einzige derzeit verfügbare offene industrielle Ethernet, das die GBit-Bandbreite mit TSN kombiniert, um durch maximale Bandbreitenverfügbarkeit höchste Produktivität zu erreichen.
  • Connectivity (Konnektivität) – Als offene Technologie gewährleistet CC-Link IE TSN für Endanwender und Maschinenbauer Wahlfreiheit im Hinblick auf die Komponenten und Implementierungsflexibilität für die Geräteanbieter. TSN geht noch einen Schritt weiter und eröffnet die Möglichkeit, den CC-Link IE TSN-Datenverkehr mit demjenigen anderer Protokolle zu kombinieren.
  • Intelligence (Informationsgewinn) – Kürzere Entwicklungszeiten und höhere Verfügbarkeit durch Eigenschaften und Funktionen, die das Systemdesign und die Instandhaltung vereinfachen.

Was bedeutet dies alles nun für den Endanwender, Maschinenbauer oder Gerätehersteller, der im Hinblick auf TSN noch immer unschlüssig ist? Bedeutende Vordenker und Innovatoren haben den Wert dieser Technologie erkannt und arbeiten gemeinsam mit dem IEEE an der Weiterentwicklung und Optimierung. Vor allem aber nehmen Normungsgremien und Gerätehersteller die TSN-Technologie jetzt in ihre eigenen Normen bzw. Portfolios auf und treiben sie damit voran. Endanwender möchten aus dem größeren Angebot vieler Anbieter auswählen können, verlangen aber aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, dass all ihre Netzwerke und Geräte nebeneinander bestehen und zusammenarbeiten können. Nur so können die Daten all dieser zuvor alleinstehenden Geräte in verwertbare Informationen umgewandelt und mithilfe von TSN durchgängige Komplettlösungen für die Industrieautomatisierung der Gegenwart und Zukunft aufgebaut werden.

Auf den Punkt gebracht: Das Risiko besteht nicht darin, sich jetzt für TSN zu entscheiden, sondern im möglicherweise jahrelangen Warten auf eine ‚Endversion‘, während die meisten Mitbewerber vorbeiziehen.

Schlussfolgerungen

TSN ist die wichtigste Zukunftstechnologie für die industrielle Automatisierung. Sie bietet zahlreiche Möglichkeiten, wobei Determinismus und damit die vollständige Konvergenz der Industrie- und Businessnetzwerke sicherlich die größte Rolle spielen. Die Netzwerkkonvergenz ist zentral für die Erfüllung der Industrie-4.0-Forderung nach größerer Transparenz, die es ermöglicht, Prozesse und Fertigung hocheffizient und rationell zu gestalten.

Bei aktuellen Automatisierungsprojekten in der Industrie gilt es zu prüfen, welche Technologien diesen Anforderungen gerecht werden. Vorhandene Technologien mit Eigenschaften wie GBit-Ethernet sind ein guter Ausgangspunkt. Natürlich sollten die Netzwerkprotokolle auch offen sein.

Wichtig ist auch, die Zukunft im Auge zu behalten, das heißt aktuelle Technologien auszuwählen, die TSN unterstützen können. Das ist notwendig, um einen Upgrade-Pfad zu den TSN-fähigen Systemen der Zukunft vorzuhalten.

Die Technologielandschaft rund um TSN entwickelt sich ständig weiter, und die Arbeit von IEEE und IEC treibt den Fortschritt voran. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen darf man jedoch davon ausgehen, dass TSN-Lösungen, die heute installiert werden, auch mit den Systemen von morgen noch funktionieren werden. Ethernet gibt es schon seit etwa 40 Jahren, und es hat sich in dieser Zeit kontinuierlich weiterentwickelt. Gerade deshalb wird es heute noch verwendet. Es besteht also kein Anlass, sich vor einer ‚zu frühen‘ Einführung von TSN zu fürchten. Es gilt vielmehr, nicht zögerlich zuzusehen, wie der Wettbewerb von den bereits verfügbaren Lösungen profitiert und zum Überholen ansetzt.

Bahnbrechende Technologien wie TSN werden sich weiterentwickeln, um heutige Erfordernisse zu erfüllen und die nächste industrielle Revolution mitzugestalten. Maschinenbauer und Endanwender werden in der TSN-Technologie eine Lösung finden, um ihre Altsysteme mit den Systemen von heute zu vernetzen und gleichzeitig für die komplexen Anforderungen der Zukunft gerüstet zu sein. So ist TSN in gewisser Weise zeitlos. Geräteanbieter, Maschinenbauer und Endanwender sollten daher jetzt in die TSN-Technologie investieren. So werden sie im Laufe der weiteren Entwicklung immer einen Schritt voraus und in der Lage sein, die Vorteile neuer TSN-Funktionen nahtlos zu nutzen.

CC-Link IE TSN bietet eine Möglichkeit, diesen Schritt in die Zukunft heute zu tun. Setzen Sie sich jetzt mit der CLPA in Verbindung, und lassen Sie sich beraten, wie CC-Link IE TSN den Roadmaps in der Entwicklung zugutekommt, den Aufbau von Maschinen vereinfachen und Abläufe in der Fertigung optimieren kann.

Über die Autoren

John Browett

John Browett hatte in seinen ersten 18 Berufsjahren verschiedene Positionen in den Konstruktions- und Marketingabteilungen von Mitsubishi Electric in Japan, den USA und Deutschland inne. Seit zehn Jahren arbeitet er für die CC-Link Partner Association (CLPA) in Europa und ist inzwischen deren General Manager.

2018 leitete er die europäische Markteinführung von CC-Link IE TSN, dem ersten offenen industriellen Ethernet, das die Gigabit-Bandbreite mit Time-Sensitive Networking (TSN) kombiniert. Er engagiert sich für die Zusammenarbeit mit führenden Automatisierungsanbietern in Europa und aller Welt, um die von Industrie 4.0 geforderten konvergenten Netzwerkarchitekturen bereitzustellen und so die Voraussetzungen für die Connected Industries der Zukunft zu schaffen.

Er hat einen BEng in Elektrotechnik der Lancaster University in Großbritannien und studierte u. a. an der University of California in Los Angeles. Darüber hinaus besitzt er ein Postgraduierten-Diplom im Fach Management der University of Cambridge und ist Mitglied des britischen Chartered Institute of Marketing.

Kontakt:

John Browett (john.browett@eu.cc-link.org)

LinkedIn: www.linkedin.com

Thomas J. Burke

Thomas J. Burke ist Global Director of Industry Standards bei Mitsubishi Electric und leitet die strategische Entwicklung und Einführung von Netzwerkstandards, einschließlich der Einführung der offenen Netzwerklösungen von Mitsubishi Electric.

Darüber hinaus ist er Global Strategic Advisor für die CC-Link Partner Association (CLPA) und für die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Anbietern verantwortlich, um den Erfolg der CLPA und die Verbreitung der CC-Link IE TSN-Technologie zu fördern.

Des Weiteren ist er Director of Strategic Marketing bei Iconics, wo er sich die Vergrößerung des Marktanteils des zukunftsweisenden Produktportfolios von Iconics zur Aufgabe gemacht hat.

Als ehemaliger President und Executive Director der OPC Foundation hat er Pionierarbeit für die OPC Unified Architecture (OPC UA) als Grundlage der Informationsintegration und Interoperabilität geleistet.

Seine Vision sind Kompatibilität und Datenintegration, um die digitale Transformation zu verwirklichen und die Konvergenz von IT und OT konkret zu nutzen. Er betrachtet TSN als eine hierfür entscheidende Technologie und begrüßt es sehr, dass die CLPA als erste Industrial-Ethernet-Organisation die TSN-Technologie in ihre offenen Standards eingebunden hat.

Thomas J. Burke hat einen Bachelor-Abschluss in theoretischer Mathematik der John Carroll University (Cleveland, Ohio) und einen Master-Abschluss in Computer Engineering der University of Dayton (Dayton, Ohio)

Thomas J. Burke (tom.burke@cclinkamerica.org)

LinkedIn: www.linkedin.com

Virtueller Messestand:

cc-link-ve.eu

Website der CLPA Europe:

eu.cc-link.org

Website der CLPA North America

am.cc-link.org

Die CLPA in den sozialen Medien:

LinkedIn (Europa):

www.linkedin.com

Twitter (DE):

twitter.com

YouTube:

www.youtube.com

Quellenangaben

[1] Federal Ministry for Economic Affairs and Energy. Plattform Industrie 4.0.

Available at: [Accessed October, 5 2020]

www.plattform-i40.de

[2] Institute of Electrical and Electronics Engineers, Inc. Time-Sensitive Networking Task Group.

Welcome to the IEEE 802.1 Working Group

[3] Institute of Electrical and Electronics Engineers, Inc. 802.AS – Timing and Synchronization.

www.ieee802.org

[4] Institute of Electrical and Electronics Engineers, Inc. IEEE 1588-2019 – IEEE Standard for a Precision Clock Synchronization Protocol for Networked Measurement and Control Systems.

standards.ieee.org

[5] Institute of Electrical and Electronics Engineers, Inc. 802.1Qbv – Enhancements for Scheduled Traffic.

[6] Institute of Electrical and Electronics Engineers, Inc. IEC/IEEE 60802 – TSN Profile for Industrial Automation.

Welcome to the IEEE 802.1 Working Group

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