KI-Modul für Simulationssoftware

„Bin Picking neu gedacht“

Bei neuen digitalen Technologien für den Maschinenbau will Machineering als junges und flexibles Unternehmen ganz vorne mitspielen. So auch jetzt, wenn es um das Thema künstliche Intelligenz geht. Das unterstreicht Gründer und Geschäftsführer Dr. Georg Wünsch im SPS-MAGAZIN.
Bild: machineering GmbH & Co. KG

Sie entwickeln derzeit eine KI-Trainingsplattform mit iPhysics als Basis. Was hat Sie dazu bewogen, Herr Wünsch?

Georg Wünsch: Ganz einfach: Bisher ist der Prozess sehr aufwendig, langwierig und oftmals noch ungenau. Ein System lernt einen Algorithmus und die Maschine wird mit allen Funktionen ausgeliefert. In diesem Fall ist nichts mehr veränderbar und Erweiterungen oder Änderungen an der Maschine sind nur sehr zeitaufwendig möglich. Mein Team und ich haben uns dafür entschieden, unseren Anwendern mit iPhysics als Basis eine echte KI-Lernplattform zur Verfügung zu stellen. Die Grundidee dabei ist, dass sich unsere Simulationssoftware direkt aus den CAD-Daten alle notwendigen Bilder für ein echtes KI-Training holt und innerhalb weniger Stunden alle für eine erfolgreiches Training notwendige Daten zur Verfügung stehen. Der größte Vorteil dabei: Unsicherheiten werden reduziert und verschiedene Randbedingungen wie Lichtverhältnisse, variable Mengen, schiefe Kisten oder dergleichen lassen sich ganz einfach schon in den Trainingsprozess einbeziehen.

Sie sprechen nicht mehr vom klassischen sondern vom neuen Bin Picking. Was hat es mit diesem Griff in die Kiste auf sich?

Es geht darum, dass die KI einen Roboter-Greifarm so steuert, dass dieser ein vorab erlerntes Objekt abhängig von Lage, Zustand und Richtigkeit aus einer Kiste holt und an den vorbestimmten Ort platziert. Das funktioniert im Prinzip mit jeder Industriekamera, die mit USB an einen PC angeschlossen ist. Oftmals wird für das Bin Picking eine fest installierte Kamera direkt über der betreffenden Kiste verwendet, so dass die Orientierung für die KI klar ist. Ziel ist allerdings, auch eine bewegliche Kamera, die möglicherweise am Roboterkopf befestigt ist, einsetzen zu können. Dafür ist es nur entscheidend, dass die entsprechenden KI-Daten vorliegen. Diese Lösung bietet sich vor allem für Unternehmen an, die Roboter-Greifarme benutzen, flexible Orientierung innerhalb einer Anlage brauchen, oder auch Vibrationssysteme im Einsatz haben. Durch diesen neuen Ansatz wird der Automationszyklus noch flexibler. Mit unserer Trainingsplattform können die laufenden Bilderkennungsalgorithmen jederzeit und nebenläufig nachtrainiert bzw. in die KI eingespeist werden, so dass auch Variationen, Nachbauten, Erweiterungen und Anpassungen jederzeit möglich sind.

Wann soll die neue Entwicklung den Anwendern zur Verfügung stehen?

Wir planen ein eigenes KI-Modul rund um diese Trainingsplattform. Es soll vorhandene Probleme komplett umkreisen und so viele Herausforderungen einfacher, günstiger und schneller lösen. Derzeit befinden wir uns mit einigen Kunden in der Vorprojektphase und rechnen damit, das Modul den Anwendern standardmäßig noch in 2023 zur Verfügung zu stellen. Dabei war uns wichtig, dass es für das KI-Modul eine sehr reduzierte Benutzeroberfläche geben wird, die sich einfach bedienen lässt. Jeder Nutzer, auch solche, die noch nie mit iPhysics gearbeitet haben, werden dies problemlos bewerkstelligen können. Sollte es doch einmal eine Herausforderung geben, steht natürlich wie immer unser Support-Team bei Fragen und Problemen beratend zur Seite. So wie sich das Projekt momentan entwickelt, wird das eine richtig runde Sache. Wir freuen uns darauf.

Wie wird die Entwicklung beim Thema KI in den nächsten Jahren weitergehen?

Ich bin der Meinung, dass die Nutzung von mit synthetischen Daten trainierten KI-Algorithmen schon bald zum absoluten Standard in der Industrie werden wird. Studien gehen davon aus, dass bereits 2024 60 Prozent der KI-Trainings auf synthetischen Daten beruhen wird und im Jahre 2035 die 100-Prozent-Marke geknackt wird. Derzeit befinden wir uns an dem entscheidenden Wendepunkt. Unternehmen sind gut beraten, sich dieser Entwicklung nicht zu verschließen, wenn sie weiterhin wettbewerbsfähig bleiben wollen. Ziel ist es, dass KI wirklich in die Breite geht und ganz einfach mit Hilfe von USB-Kameras, performanten GPUs sowie einer iPhysics-Lizenz schnell, günstig und sicher eingesetzt werden kann. Wir freuen uns schon sehr darauf, unser KI-Modul als Standard in iPhysics zu integrieren – und wollen uns damit wieder einmal als Vorreiter positionieren, wenn es darum geht, neue Technologietrends in unserer Simulationssoftware umzusetzen.

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