Neue Servoregler MR-J5 und MR-JET von Mitsubishi Electric

100 Produkte für TSN

Eigentlich sollte sich das Interview mit Amir Dehnavi, verantwortlich für die Servotechnik bei Mitsubishi Electric, nur über die neue Melservo-Gerätegeneration drehen. Doch deren Features machen ein ganzes Fass an aktuellen Themen auf. In der Folge ist es ein Gespräch über japanische Eigenheiten, den Stellenwert von Economy-Lösungen, Next-Level-Kommunikation sowie den Status Quo von künstlicher Intelligenz und Predictive Maintenance geworden.

Wie beantworten Sie die Forderung nach zunehmender Offenheit von Kommunikations- und Automatisierungslösungen?

Dehnavi: Mit einer Ethercat-Schnittstelle, die in all unseren Reglern seit der Generation MR-J4 verbaut ist. Die neue Melservo-Generation unterstützt erstmals beides: TSN und Ethercat. Komplett neu bei Mitsubishi Electric ist die Economy-Variante MR-JET. Sie zielt auf preissensible Anwendungen ab, dennoch bleiben Funktionsumfang und Leistungsdichte auf einem hohem Niveau.

Regler in einer Economy-Variante. Das klingt nicht sehr japanisch.

Dehnavi: Ehrlich gesagt kam dieser Wunsch auch mehr aus Europa und Amerika. Dort sind die Ansprüche an den Funktionsumfang bisweilen nicht so hoch, wie die an den Formfaktor oder die Leistung. So ist das Feedback, dass wir zu diesen Reglern bisher aus dem deutschen Markt bekommen haben, entsprechend gut.

 Der Regler MR-JET kombiniert platzsparende Verdrahtung 
und grundlegende Funktionen auf hohem Niveau.
Der Regler MR-JET kombiniert platzsparende Verdrahtung und grundlegende Funktionen auf hohem Niveau. Bild: Mitsubishi Electric Europe B.V.

Ethercat gilt als einziger ausländisch geprägter Busstandard, der auf dem japanischen Markt Fuß fassen konnte. Ist der Einsatz bei Mitsubishi Electric auch ein Beleg dafür?

Dehnavi: Ethercat ist in der Tat ein Unikum im japanischen Markt. Mittlerweile haben dort mehrere Automatisierer den Standard tief in ihre Produktstrategie implementiert. Somit hat sich eine interessante Möglichkeit ergeben, um die Systeme verschiedener asiatischer Hersteller miteinander zu verbinden. Zumindest, solange TSN noch nicht flächendeckend eingesetzt wird.

Wie schnell soll es denn mit TSN aus der japanischen Perspektive losgehen?

Dehnavi: Ich kann hier nur für Mitsubishi Electric sprechen: Wir legen mit TSN richtig los – speziell in der Motion-Welt. Anfangs noch mit Pilotanwendern und Early Adoptern, seit Februar aber im großen Stil. Warum? Es reden zwar alle von TSN, aber man sieht kaum Hardware. Doch genau danach fragt der Maschinenbau. Deswegen haben wir jetzt schon mehr als einhundert Automatisierungsprodukte für TSN im Portfolio.

Hat Mitsubishi Electric auch KI in die neue Servogeneration gepackt?

Dehnavi: Selbstverständlich. Neben adaptiven Filter und Machine-Learning-Strategien unserer KI Maisart bieten die Regler etwa neue Predictive Maintenance Features. Zum Monitoring von Reibung oder Vibration und Oszillation, das es schon im MR-J4 gab, wurden z.B. Überwachungsfunktionen für das Getriebespiel oder die Spannung von Förderbändern ergänzt. Dabei geben wir dem der Anwender alle Freiheiten an die Hand: Er kann selbst entsprechende Grenzwerte hinterlegen, oder der Algorithmus übernimmt das für ihn. In jedem Fall sollte er sich mit dem Thema auseinandersetzen. Denn smarte Algorithmen bieten sehr großes Potenzial, um die Downtime von Maschinen und Anlagen zu reduzieren. Speziell, wenn man als Maschinenbauer schon weiß, wo sich die entscheidenden Stellschrauben befinden.

Könnte die KI auch schon selbst solche Stellschrauben finden?

Dehnavi: Das wird sicherlich immer öfter passieren. Eine Herausforderung in der Servotechnik sind aber die schier unendlichen Möglichkeiten: Drehzahl, Moment, Getriebe, Spindel, Last, etc.: All diese Variablen sind jedes Mal unterschiedlich. Deswegen gibt es meist keine perfekt vorbereitete KI-Lösung, geschweige denn einen Königsweg. Umso wichtiger ist es, bereichsübergreifend zu prüfen, wo und wie welche smarten Algorithmen eingesetzt werden können. Dann findet man schon mal heraus, dass ein für die Satellitentechnik entwickelter Algorithmus auch vorzüglich zur Unterdrückung von Schwingungen in industriellen Anwendungen passt.

Dieses Beispiel unterstreicht ja wunderbar den Stand, den die Software heute in der Automatisierungstechnik einnimmt. Welche Rolle bleibt denn noch für die Hardware in der Servotechnik?

Dehnavi: Bei der Steuerungstechnik sieht man ja schon lange, in welche Richtung es geht. Auf eine physische SPS könnte man in den meisten Fälle verzichten – Rechenleistung findet sich meist auch an anderer Stelle. Leistungselektronik lässt sich hingegen nicht durch Software ersetzen. Hier braucht es immer qualitative Hardware. Aber smarte Firmware und KI-Features bringen natürlich auch die Servotechnik voran. Zur Verdeutlichung: Früher brachte ein typischer Regler von Mitsubishi Electric zehn bis 20 verschiedene Parameter mit. Heute sind es rund 400. Diese Vielfalt ließe sich ohne Softwareunterstützung selbst von uns als Anbieter kaum beherrschen – vom Anwender überhaupt nicht. Deshalb ist unsere KI-basierte Selbstparametrierung One Touch Tuning auch bereits in der zweiten Reglergeneration im Einsatz.

Geht dann bald nichts mehr ohne smarte Algorithmen in der Servotechnik?

Dehnavi: In Summe werden zwar immer mehr konkrete KI-Features für die Servotechnik praxisreif. Und das Angebot entwickelt sich schnell. Dennoch muss man berücksichtigen: Eine KI kann nur so gut sein, wie die darunterliegende Hardware und Leistungselektronik. Schließlich ist diese ja für die Genauigkeit und Aussagekraft der erfassten Datenbasis verantwortlich. (mby)

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Mitsubishi Electric Europe B.V.

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