Schleifprozesse mit KI optimieren

Wissenskollektiv aus großer Maschinenpopulation

Argus ist ein cloudbasiertes System zur Überwachung von Schleifprozessen sowie Maschinenkomponenten. Der Begriff 'Wissenskollektiv' kommt für eine große Population von Zahnradschleifmaschinen voneinander unabhängiger Kunden zur Anwendung, die mit diesem System und dessen Cloud verbunden sind. Diese 'Kollektivmaschinen' speisen ihre anonymisierten Prozessdaten permanent in eine Datenbank ein. Reishauer nutzt die Daten für Big Data Analytics, um sowohl erfolgreiche als auch negative Prozessmuster zu identifizieren.
Mithilfe der Cloud-Struktur lassen sich
enorme Datenmengen bewältigen.
Mithilfe der Cloud-Struktur lassen sich enorme Datenmengen bewältigen.Bild: Reishauer AG

Das Argus-System lässt sich zwar als eigenständige Version betreiben. Jedoch sollte klar sein: Selbst wenn dieser Kunde rund 50 Maschinen betreibt, liefern seine Daten nie die Fülle an Erkenntnissen, die eine cloudbasierte Datenbank bietet. Ein einzelner Hersteller verfügt nicht über die Bandbreite an Werkstücken, die insgesamt in der Cloud vorliegen. Unter vielen Kunden gibt es immer welche, die neue Ansätze entdecken, die – sobald von Argus validiert – von Nutzen für alle Abonnenten sind. Da ein Abonnement von Argus automatische Updates mit allen gewonnenen Erkenntnissen bietet, profitiert der Abonnent ständig davon, dass er das Potenzial der Schleifmaschinen sicher ausschöpfen kann.

KI lernt kontinuierlich

Im September 2023 verfügt Reishauer bereits über rund 25 Millionen Schleifzyklen und alle dazugehörenden Datenpunkte, wobei jeder Zyklus jeweils etwa eine Million Datenpunkte umfasst. Alle Daten bleiben anonym. Dies ist ein ausreichend großer Datenpool, um Data Science anzuwenden und KI zur Mustererkennung und Optimierung von Algorithmen zu nutzen. Die gewonnenen Erkenntnisse aus der Analyse der Daten lassen sich zum Nutzen aller Abonnenten laufend in die Updates einspeisen.

Reishauer entwickelte Argus auf der Grundlage von künstlicher Intelligenz. Um KI effektiv einzusetzen, gilt es mehrere Voraussetzungen zu erfüllen. Zunächst sind bereinigte Daten notwendig, um physikalische Gesetzmäßigkeiten abzuleiten und Algorithmen zu entwickeln. Somit werden auch Verzahnungsexperten benötigt, welche die erforderlichen Algorithmen programmieren können. Kurz und gut: KI muss hart erkämpft werden! Was in der KI als ‚Intelligenz‘ bezeichnet wird, basiert auf langwierigen Prozessen, bei denen bereinigte Datensätze durch neuronale Netze geschickt werden. Anschließend müssen die Ergebnisse geprüft, überarbeitet und erneut durch das neuronale Netz gesendet werden. Auf diese Weise lernt das KI-System kontinuierlich, korrigiert sich selbst und passt die Algorithmen an.

Schleifmaschine ‚erkennt‘ Zustände autonom

Was kann KI besser als menschliche Intelligenz? KI kann die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen blitzschnell finden. Sie basiert auf Mustererkennung und deckt ungewöhnliche Korrelationen in riesigen Datenmengen auf, die der menschlichen Intelligenz entgehen. Die automatisierte Bauteilüberwachung erfordert eine Cloud-Struktur für die Informationsspeicherung, um große Datenmengen zu bewältigen. Darüber hinaus bedarf es Maschinenalgorithmen, welche die Daten über die Zustände der Maschinenkomponenten in Echtzeit mit KI mit der Funktion ‚Automatische Komponenten Diagnose‘ (ACD) auswerten können. Die Schleifmaschine führt autonome zyklische Tests durch, die den Zustand der Komponenten wiedergeben. Die Maschine überprüft sich ohne Personaleinsatz, ohne den Produktionszyklus zu unterbrechen. Dies erlaubt eine vorbeugende Wartung, spart dem Anwender Kosten und macht Maschinenstillstände planbar.

Sowohl die Präzision der Algorithmen als auch die gewonnenen Erkenntnisse sorgen für Weiterentwicklungen. Während Fehleranalysen früher viel Zeit in Anspruch nahmen, führen die Experten mithilfe von Argus eine Fehleranalyse blitzschnell durch. Sie können aus der Distanz ein mögliches NVH-Problem (störende Getriebegeräusche – Noise, Vibration, Harshness) mithilfe der Signale vorhersagen und so abwenden, dass fehlerhafte Teile in das fertige Getriebe eingebaut werden. Zusätzlich zur automatischen Komponentendiagnose (ACD) umfasst Argus fünf Hauptfunktionen:

  1. Schleifintensitäten: Sobald die Schleifintensitäten des Schrupp- und Schlichtprozesses festgelegt sind, befindet sich die Genauigkeit innerhalb des Limits der geschliffenen Teile und gestattet eine 100% Qualitätskontrolle.
  2. NVH-Erkennung: Argus hat sich beim Entdecken und Vermeiden von NVH-Problemen als unschätzbar wertvoll erwiesen. Das System erkennt mittels Spektralanalyse schon im Vorfeld NVH-kritische Teile.
  3. Schleifscheibenüberwachung: In der Vergangenheit beurteilten einzelne Bediener subjektiv die Schleifscheiben. Argus bietet eine klare Analyse und Überwachung der Leistung einer Schleifscheibe über ihre gesamte Lebensdauer.
  4. Crash-Erkennung: Wenn das System überhöhte Schleifintensitäten erkennt, fährt die Maschine sofort in eine sichere Position zurück.
  5. Adaptives Schleifen: Das adaptive Schleifen ist ein wirksames Mittel zur Stabilisierung des Schleifprozesses, wenn die Vorbearbeitung von geringer Qualität ist. Ein adaptiver Schleifprozess hält die Schleifkräfte konstant, bietet Sicherheit vor Überlastung und reduziert den Werkzeugverschleiß.

Schlussfolgerung

Die Grundlage von Argus ist eine hochentwickelte, gut funktionierende Schleifmaschine. Das System ist ein Add-on zu dem erfolgreichen Maschinenkonzept und macht die Maschine noch besser; es bietet Transparenz und Kontrolle auf einem absolut oberen Niveau. Diese Transparenz und Kontrolle sowie die kontinuierliche Verbesserung, die durch ein Abonnement in Form einer sich ständig erweiternden Datenbank angeboten wird, geben den Kunden ein leistungsstarkes Werkzeug an die Hand, um den maximalen Nutzen aus ihren Verzahnungsprozessen zu ziehen.

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