Kommunikation der Zukunft

Wofür brauchen wir eigentlich eine I4.0-Referenzarchitektur?
Kein Thema war jemals in der Automatisierungstechnik so omnipräsent wie Industrie 4.0 (I4.0). Eigentlich ist das kein Wunder, denn I4.0 hat viele Facetten. Gemeinsam ist ihnen die konsequente Nutzung von Netzwerktechnologien, wie wir sie aus dem Internet kennen. Deshalb spricht man auch vom ´Internet der Dinge´ (IoT=Internet of Things). Alle Komponenten einer Fabrik verfügen zukünftig über ein IoT-Interface und können so direkt miteinander kommunizieren. Klassische Architekturen wie z.B. die Automatisierungs-Pyramide entfallen dadurch und es entsteht ein Netzwerk (Bild 1), welches zunächst einmal keine erkennbare Struktur mehr hat.

I4.0-Komponente

Neben dem Referenzmodell ist aber eine andere Definition von größter Wichtigkeit, nämlich die der I4.0-Komponente. Dazu muss man sich in Erinnerung rufen, dass wir ein Modell suchen, das generisch genug ist, sowohl eine einfache Komponente als auch eine komplette Fabrik zu beschreiben. Um dieser Anforderung Genüge zu tun, wurde die sogenannte Verwaltungsschale definiert. Es handelt sich dabei um ein Stück IT, welches das Interface zwischen dem eigentlichen Asset und dem I4.0-Netzwerk herstellt. Sie ist nicht nur Interface, sondern auch Speicherplatz für die Daten entlang des Lebenszyklus des Assets. Nach außen hat die Verwaltungsschale die standardisierte Schnittstelle und repräsentiert die beschriebenen Daten-, Funktions- und Business-Layer der Komponente. Was die Realisierung der Verwaltungsschale angeht, gibt es ein hohes Maß an Freiheit. Denkbar ist die Realisierung innerhalb der Rechner- und Speicherstruktur des Assets selber als auch eine Realisierung über einen separaten Server. Die zweitgenannte Realisierung dürfte insbesondere für einfache Assets ohne eigene CPU das Mittel der Wahl sein. Für den Zugriff auf die Verwaltungsschale durch andere Assets sind die Ansätze nicht zu unterscheiden. Festzuhalten bleibt, dass ein Asset erst dann zu einer I4.0-Komponente wird, wenn es über eine Verwaltungsschale verfügt, die einen SOA-Zugriff zulässt. Das Modell der I4.0-Komponente bietet vielfältige Möglichkeiten. So ist z.B. die sogenannte Schachtelbarkeit vorgesehen, d.h. mehrere I4.0-Komponenten können zusammengefasst sein und eine gemeinsame Verwaltungsschale haben. Das wäre z.B. der Fall, wenn eine komplette Maschine nach außen lediglich die Funktionalität der Gesamtmaschine per Verwaltungsschale zur Verfügung stellt. Dadurch kann dann z.B. der Zugriff auf einzelne Komponenten innerhalb der Maschine bewusst blockiert sein (z.B. der Einzelzugriff auf einzelne Motoren). Damit wäre eine saubere funktionale Blockbildung erreicht. Parallel dazu könnte man aber z.B. lediglich Diagnosedaten der Sensoren über ihre eigene Verwaltungsschale nach außen zugänglich machen. Diese Daten könnten dann für das Condition Monitoring genutzt werden, ohne die funktionale Integrität zu stören. Man hätte also quasi zwei Sichten auf die Maschine geschaffen, einmal eine funktionale und zum zweiten eine aus Condition Monitoring Sicht. Dieses Modell lässt sich beliebig weiterdenken. Damit werden neue Geschäftsmodelle möglich, die ohne Eingriff in die eigentliche Funktionalität machbar sind. Das ist die eigentliche Chance von I4.0 auf mittlere Sicht.

Verwaltungsschale in der Praxis

Wie könnte die praktische Realisierung der Verwaltungsschale am Beispiel der Sensorik aussehen: Es ist davon auszugehen, dass für einfachste Schalter ohne CPU und Digitalschnittstelle die Verwaltungsschale als separate IT angeboten wird. Eine Integration der Funktionalität in den Schalter wird vermutlich in den nächsten Jahren noch zu kostspielig sein. Diese Geräte werden auch keine Instanz-Daten bieten können, da sie über keinerlei internes Interface zur Verwaltungsschale verfügen. Anders ist das bei Sensoren mit IO-Link-Interface. Zwar ist auch hier eine Verwaltungsschalen-Realisierung auf dem Asset derzeit noch nicht abbildbar, über den IO-Link-Kanal verfügen sie aber über eine digitale Schnittstelle, die Instanz-Daten in die Verwaltungsschale liefern kann. Die dritte Kategorie von Sensoren ist diejenige mit vollwertiger IP-Schnittstelle und CPU. Hier wird sich die Realisierung der Verwaltungsschale auf dem Asset relativ schnell durchsetzen.

Ausblick

Das RAMI-Referenzmodell und die Definition der I4.0-Komponente sind ein wichtiger Zwischenschritt hin zu einer strukturierten und interoperablen Vernetzung von Assets im Automationsumfeld. Diese Sicht wird zwischenzeitlich von vielen Experten geteilt. Die Arbeit der Plattform Industrie 4.0 richtet sich jetzt – basierend auf diesen Vorarbeiten – auf die Erarbeitung von Grundlagen für die Semantik der SOA-Kommunikation. Dabei wird es notwendig sein, diese Grundlagen in die verschiedenen Anwendungsdomänen zu übertragen und zu optimieren. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, sich an diesem Prozess durch aktive Mitarbeit zu beteiligen.

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