Eine Zelle – zwei Roboter

Eine vollautomatische Schleifzelle für Fahrwerkskomponenten kommt auf eine Anlagenverfügbarkeit von über 99% - quasi eine neue Dimension. Die Roboterzelle mit zwei Sechsachsern erreicht aber auch in den Bereichen Autonomie, Ausbringung und Flexibilität ein hohes Niveau.

Beim Pflichtenheft einer Roboter-Schleifanlage für einen Automobillieferanten taten sich beim Unternehmen AutomationsRobotic Fragezeichen bezüglich der Machbarkeit auf. Dabei ging es eigentlich nur darum, Strukturteile aus Aluminiumdruckguss in definierten Bereichen zu überschleifen. Was zuerst nach einer Standardapplikation aussah, wurde aufgrund einer ganzen Reihe von Restriktionen und Sonderanforderungen zur echten Herausforderung. Geschäftsführer Walter Schaffhauser erinnert sich: \“Allein die Taktzeitvorgabe von maximal 30s für die komplexen Schleifoperationen ist schwer zu erfüllen. Was uns dann aber tatsächlich zweifeln ließ, waren die Maximalanforderungen hinsichtlich Flexibilität und Verfügbarkeit: Eine Gesamtanlagenverfügbarkeit von 99,65% Prozent im Dreischichtbetrieb unter sehr harten Einsatzbedingungen war zu garantierten.\“ In partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den Spezialisten des Automobilzulieferers entstand Schritt für Schritt ein neuartiges Anlagenkonzept, das dem definierten Anforderungsprofil gerecht wird.

Roboterschleifzelle im Detail

Die vollautomatische Schleifzelle ist in zwei Robotersektionen mit insgesamt drei Schleifbereichen aufgeteilt. Die vielfältigen Schleifaufgaben an den Fahrwerkskomponenten teilen sich zwei Yaskawa-Sechsachser, wobei das größere Modell MS 80W Regie führt in der Zelle und der kleinere MH 50 die werkzeuggeführten Schleifaufgaben ausführt. Durch die Reichweite von über 2,2m kann der MS 80W mit 80kg Traglast die komplette Handhabung der Bauteile sowie werkstückgeführte Schleifaufgaben übernehmen. Im Detail sieht das so aus: Die Fahrwerksstrukturteile fahren über ein Transferband zur Roboterzelle. Hat ein Teil die definierte Entnahmeposition erreicht, öffnet sich automatisch ein Fenster an der Roboterzelle, durch das der große Sechsachser auf das Band zugreift und sich ein zu bearbeitendes Bauteil in die Zelle holt. Danach schließt sich die Tür und die Schleifoperationen können – hermetisch abgeriegelt – beginnen. Dazu fährt der große Sechsachser die stationäre Schleifstation an und erledigt dort werkstückgeführt unterschiedliche Arbeitsschritte. Danach übergibt er das Teil an eine Spannvorrichtung, an der das Modell MH 50 werkzeuggeführt weitere Schleifprozesse durchführt. Um die vorgegebenen Taktzeiten zu erreichen, hat AutomationsRobotic die Prozesse so aufeinander abgestimmt, dass die Roboter an ihren Stationen gleichzeitig arbeiten können und sich immer zwei Strukturteile gleichzeitig in der Zelle befinden. Sind alle Schleifoperationen ausgeführt, entnimmt der MS 80W das Teil aus der Spannvorrichtung und legt es wieder auf dem Transferband ab. Um integrierte Qualitätsprüfungen zu ermöglichen, können die Teile alternativ auch über eine Serviceschublade ausgeschleust werden.

Über 800 Bearbeitungsvarianten

Das Know-how in der Anlage unterstreichen zwei technische Highlights: Zum Einen die automatische Verschleißkompensation, die den Zustand der Schleifmittel permanent sensorisch überwacht. Anhand der ermittelten Daten erfolgt eine automatische Anpassung der Roboterbahnen. Zum anderen kann eine hohe Bandbreite an hinterlegten Bearbeitungsvarianten realisert werden. Dazu Schaffhauser: \“Für die Strukturteile sind fünf Flächen definiert, die immer zu bearbeiten sind. Hinzu kommen weitere 29 Flächen, die optional je nach Werkzeugverschleiß im vorgeschalteten Aluminiumdruckgussprozess zu überschleifen sind. Der Bediener kann jede dieser Fläche einzeln direkt am Visualisierungsdisplay der Anlage an- oder abwählen. Rein rechnerisch ergeben sich aus der beliebigen Kombination der Flächen über 800 Bearbeitungsvarianten, für die wir in mühevoller Kleinarbeit die komplette Programmierung der Roboter erstellen mussten.\“

Dem Schleifstaub trotzen

Der Knackpunkt im Pflichtenheft aber war die Einhaltung der Anlagenverfügbarkeit von 99,65% unter den gegebenen Einsatzbedingungen. Überall findet sich feiner Schleifstaub, der sich in der Zelle und auf den Robotern flächendeckend verteilt. Starten die Sechsachser ihre Schleifarbeit, herrscht in der Zelle Feinstaubalarm. Obgleich AutomationsRobotic in Sachen Absaugung alle Register zog und leistungsfähige Anlagen installierte, ist die Belastung der Roboter durch Schleifstaub enorm. Und: Von den 1.440 Minuten eines kompletten Arbeitstages sind insgesamt nur fünf Minuten Stillstandszeit erlaubt, um die Anlage zu reinigen oder verschlissene Schleifmittel zu ersetzen. \“Dass wir die Verfügbarkeit dennoch erreichen, haben wir der Qualität der Yaskawa-Roboter zu verdanken, die auch unter massiver Schleifstaubbeaufschlagung ihren Dienst verrichten.\“ Wie sehr der Zulieferer, der die Aluminiumstrukturteile für einen deutschen Automobilhersteller in Großserie produziert, mit der Roboterschleifzelle von AutomationsRobotic zufrieden ist, zeigt sich an den kürzlich erteilten Folgeaufträgen. \“Für 2015 haben wir den Auftrag zum Bau von weiteren Schleifanlagen erhalten\“, so Schaffhauser.

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Yaskawa Europe GmbH
http://www.yaskawa.eu.com

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