Es ist deutlich feststellbar, dass der Trend auch global zu den Kommunikationsstandards, vor allem zu Profinet geht. In anderen Regionen, wie zum Beispiel Asien, werden jedoch immer noch klassische Systeme zur Antriebsansteuerung favorisiert. Warum und wo liegen die Unterschiede? Am Beispiel des RTEX (Real Time Express) von Panasonic soll das näher unter die Lupe genommen werden. Es gilt, wie so oft in der Automatisierungstechnik, verschiedene Kernanforderungen sinnvoll in Einklang zu bringen. Die Übertragungsgeschwindigkeit ist bei mehrachsigen Antriebslösungen essentiell wichtig und erlaubt dabei nur sehr geringe Schwankungen (Jitter). Weitere wichtige Eigenschaften sind die Datenintegrität und Übertragungssicherheit. Bei objektiver Abwägung der unterschiedlichen Bedürfnisse typischer Anwender, etwa aus dem Bereich Verpackungsmaschinen, erkennt man, dass es nicht unbedingt ein standardisiertes Bussystem sein muss. Wichtig ist, dass das Antriebskonzept optimal auf alle beteiligten Komponenten abgestimmt ist.
Verschiedenste Lösungen mit RTEX
Es gibt einige Hersteller für Stand-alone oder PC-basierende Lösungen für RTEX, die damit sehr erfolgreich sind: Neben Panasonic Positionier-Baugruppen für Steuerungen der FP-S (FP-Sigma) oder FP2/SH Serie, können auch Motion Controller etwa von TRIO Motion (UK) www.triomotion.com eingesetzt werden. Der Motion Controller MC464 von Trio Motion bietet folgende Möglichkeiten:
- Ausbaufähig bis zu 64 Antriebsachsen
- IEC61131-3 SPS Programmierung
- Multitasking, BASIC programmierbar
- Unterstützt neben RTEX auch Sercos und Ethercat
- Flexibel erweiterbar mit Bus-Modulen
- Unterstützt Anybus-Module von HMS (und damit derzeit 19 verschieden industrielle Bussysteme)
Verschiedene Ausführungen von Ethernet-Lösungen
Auch bei Ethercat und Profinet gibt es sehr verschiedene Ausführungen:
- CAN over Ethercat (CoE)
- Sercos over Ethercat (SoE)
Während CAN over Ethercat mehr für die Übertragung von Ein-Ausgangsdaten Verwendung findet, und dabei selbstverständlich auch in der Antriebstechnik eingesetzt wird, dient Sercos over Ethercat primär für anspruchsvolle Anwendungen in der Antriebstechnik in Quasi-Echtzeit. Ebenso wird bei Profinet zwischen verschiedenen Diensten und Protokollen unterschieden:
- TCP/IP für Profinet CBA mit Reaktionszeiten im Bereich von 100ms
- RT (Real-Time) Protokoll für Profinet CBA und Profinet IO für Anwendung bis 10ms Zykluszeit
(Isochronous Real-Time) Protokoll für Profinet IO und speziell für die Antriebstechnik mit Zykluszeiten unter 1ms
Die Profibus/Profinet Nutzerorganisation PNO gibt auf ihrer Internetseite zur Verbreitung von Profinet an, dass Ende 2011 weltweit 4,3 Millionen Profinet-Knoten installiert sind. Nun hat Siemens auf der Hannovermesse 2014 eine Verbesserung der Performance von Profinet IRT angekündigt, womit Zykluszeiten von 250 auf 31,25 µs realisierbar sein sollen. Allerdings müssen dazu alle Teilnehmer in einem Kommunikationsstrang auf dem neuesten Stand sein. Damit wird der große Vorteil eines standardisierten Echtzeit-Netzwerkes, dass Motion-Controller und Antrieb von verschiedenen Herstellern sein können, wiederum stark eingeschränkt. Was technisch möglich ist, muss noch lange nicht praktikabel sein. Was die Performance anbelangt, sind sowohl Can over Ethercat als auch Sercos over Ethercat attraktiv. Es ist daher keine Überraschung, dass viele Maschinenbauer nach Antrieben fragen, die Ethercat unterstützen. Daher wird Panasonic früher oder später auch Servoantriebsregler herausbringen, die Ethercat unterstützen. Der Zeitpunkt war im September 2012 jedoch noch nicht klar. Um Echtzeitfähigkeit zu erreichen, mussten sowohl bei Ethercat als auch bei Profinet nicht unerhebliche Anstrengungen unternommen werden. Profinet filtert spezielle Realtime (RT) Frames bereits beim Empfang heraus und daher unterliegt dieser priorisierte Datenverkehr auch gewissen, nicht ganz unerheblichen, Einschränkungen.
Echtzeit unter der Lupe
Bei Panasonics proprietärem RTEX bleibt man sozusagen unter seinesgleichen, da lediglich die physikalische Schicht klassischem 100baseTX entspricht. Alle anderen Protokollschichten sind auf Effizienz optimiert aber leider nicht mehr mit anderen Protokollen kompatibel, wie dies bei Profinet etwa der Fall ist (UDP oder gar TCP/IP). Dazu ist eine Ringtopologie erforderlich entgegen der klassischen bidirektionalen Übertragung, um in dieser \’Einbahnstraße\‘ die Geschwindigkeit nochmals zu maximieren. An dieser Stelle ist es wichtig, den etwas strapazierten Begriff Echtzeit unter die Lupe zu nehmen. Ein Kommando zur Ansteuerung einer Bewegungsachse wird bei RTEX an bis zu fünf Achsen gleichzeitig innerhalb von 83 Mikrosekunden übertragen (0,083ms). Die Antwort bzw. Rückmeldung kommt innerhalb von 166 Mikrosekunden (0,166ms). Dazu wurde das ohnehin schon schnelle Bussystem RTEX Realtime Express Protokoll auf die sechsfache Geschwindigkeit gegenüber dem bisherigen Panasonic RTEX System der Version 1 deutlich beschleunigt. Bei Ethercat SoE können zwar in 100 Mikrosekunden 100 Achsen angesteuert werden, aber häufig sind es halt nur acht bis 32 Achsen in typischen Maschinen. So ist RTEX deswegen so attraktiv, da eben bei vergleichbarer Geschwindigkeit (0,5ms) 32 Achsen angesteuert und überwacht werden können. Mittlerweile haben zahlreiche Hersteller RTEX implementiert, was auf Anfrage bei Panasonic relativ einfach durch den Zukauf eines ASIC möglich ist.