Bedienwelten für die Industrie 4.0

Die mobile Fabrik der Zukunft

Industrie 4.0 soll die reale Produktionswelt mit der virtuellen Welt der Daten enger zusammenbringen. Das Ziel ist eine flexible, individuelle und smarte Produktion. Diese wird erreicht durch den Einsatz sogenannter Cyber-Physical Systems. Zukünftige Produktionskomponenten wie Werkstücke, Werkzeuge oder Werkstückträger verfügen über eine eigene \'eingebettete Intelligenz\' und sind untereinander vernetzt. So stellen sie die Verbindung zwischen realer, physischer sowie virtueller \'Cyber\'-Welt her und revolutionieren die Interaktion mit den Produktionssystemen.

Um das Ausmaß der bevorstehenden Veränderung zu begreifen, muss man zuerst einen Blick auf den aktuellen Stand der Entwicklung von Bedienoberflächen werfen: Heutige \’Human Machine Interfaces\‘ (HMIs) sind individuell, denn sie müssen passend zur betreffenden Anlage oder Maschine gestaltet werden. Sie sind aber weder \’smart\‘ noch flexibel, die Systeme sind vielmehr meist starr ausgelegt: Jeder Produktions- oder Prozessablauf, der auf der Maschine oder Anlage abgebildet wird, sowie jede in der Maschine ober Anlage verbaute Komponente – wie Antrieb, Pumpe oder Sensor – wird von einem HMI-Entwickler einzeln von Hand angelegt und visualisiert. Diese verwenden zwar Vorlagen, Skripte und diverse Automatismen, trotzdem ist die Entwicklung von HMIs geprägt durch viele, sich wiederholende Tätigkeiten. Diese Art der Entwicklung funktioniert bei aktuellen Maschinen und Anlagen, weil diese sich nur selten ändern. Aber schon kleine Modifikationen an der Maschine oder Anlage erfordern erneutes Arbeiten an der HMI. Wird beispielsweise eine Pumpe durch eine leistungsfähigere Version mit größerer Funktionalität ersetzt, muss der Entwickler die Software anpassen. Oder wird ein neuer Werkzeugtyp verwendet, muss dieser inklusive der zugehörigen Parametrier-Dialoge visualisiert werden.

Flexible Mashups statt \’HMI-Manufaktur\‘

Diese \’HMI-Manufaktur\‘ wird jedoch aller Voraussicht nach mit Cyber-Physical Systems (CPS) nicht mehr funktionieren. Denn hier werden Maschinenkomponenten, Werkzeuge und Werkstücke eingesetzt, die ihre eigene Intelligenz – inklusive Informationen zu Funktionalität und Zustand – mitbringen, sich selbstständig vernetzen und organisieren. Wo die Technologie selbstständig arbeiten kann, wird der Nutzer entlastet, weil die entsprechenden Daten über die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation (M2M) ausgetauscht und abgestimmt werden. Dort aber, wo ein Eingriff des Nutzers erforderlich ist, müssen HMIs dynamisch und flexibel aus unterschiedlichen Quellen, also aus den Informationen der beteiligten CPS, \’komponiert\‘ werden. Diese Vorgehensweise ist im Internet bereits lange unter dem Namen \’Mashup\‘ oder \’Vermischen\‘ bekannt und erprobt. Mashups ermöglichen die nahtlose Kombination verschiedener Inhalte, wie beispielsweise die Vermischung eines Buchungsdienstes mit einem redaktionell aufbereiteten Reiseportal, einem Video-Kanal und einem Online-Kartendienst.

Die intelligente Fabrik wird mobil

Industrie 4.0 wird noch einen weiteren, grundlegenden Wechsel bei der HMI-Gestaltung einläuten: Bisher werden Bedienoberflächen in der Regel für genau ein Zielsystem entwickelt, also für ein bestimmtes Bedienpanel mit definierter Bildschirmgröße und vorgegebenen Eingabegeräten. Zukünftig werden HMIs aber auf unterschiedlichen Systemen laufen müssen, was sowohl stationäre als auch mobile Endgeräte umfasst. Der Zugriff auf Information und Funktionalität wird dort stattfinden, wo diese benötigt werden – und zwar in der Form, die für die jeweilige Arbeitsaufgabe angemessen ist. Eine große Rolle wird hierbei die Integration von \’Smart Devices\‘ wie Tablets und Smartphones in die Produktion spielen. Diese bieten sich für die ortsunabhängige und mobile Bedienung an. Speziell Tablets sind gerade dabei, dem altgedienten PC in vielen Bereichen den Rang abzulaufen und die Arbeitswelt neu zu prägen. Smart Devices haben außerdem eine Vielzahl von Eigenschaften, die sie für die Industrie 4.0 interessant machen: Sie sind mobil, attraktiv, höchst kommunikativ, verfügen je nach Gerät über eine Vielzahl nützlicher Sensoren und basieren auf etablierten Technologien. Allerdings wartet die Integration der Geräte mit einer großen Herausforderung auf: der Vielzahl der möglichen Zielsysteme, inklusive konkurrierender Betriebssysteme wie Windows, iOS und Android.

Die passende Plattform finden

Leider wird sich in naher Zukunft im Wettkampf der Systeme kein eindeutiger Sieger abzeichnen. Im Gegenteil: Der Wettbewerb wird in nächster Zeit voraussichtlich zu einer noch größeren Vielfalt an Geräten führen – und vielleicht sogar zu weiteren Betriebssystem-Varianten. Für Maschinen- und Anlagenbauer bedeutet dies, dass sie sich für ihre HMIs mit einer Cross-Plattform-Strategie auseinandersetzen müssen, wenn sie flexibel und dauerhaft am Markt erfolgreich sein wollen. Hier gibt es verschiedene Ansätze:

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User Interface Design GmbH
http://www.uid.com

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