Wälzlagerindustrie darf noch aufholen

Autonome Fertigung gefragt

Immer weniger Menschen müssen immer mehr produzieren. Das ist bereits ein langanhaltender Trend, der sich fraglos weiter fortsetzt und sogar zu einer essenziellen Notwendigkeit wird. Bisherige Fertigungskonzepte in der Wälzlagerindustrie benötigen besonders qualifiziertes Personal - selbst oder gerade, wenn diese hoch automatisiert sind. Beim Bedienen, Rüsten und Optimieren ist der Mensch gefragt. Was aber, wenn der Mensch einfach nicht mehr zur Verfügung steht? Supfina bietet hier Lösungen an.
Automatischer robotergestützter Chargenwechsel
Automatischer robotergestützter Chargenwechsel Bild: Supfina Grieshaber GmbH & Co. KG

Ein Faktor, der aus unterschiedlichen Gründen weltweit zu beobachten ist – Personalmangel. Ob zu geringer Ausbildungslevel, Wettbewerb unter den Unternehmen oder schlicht eine ganze Generation, die nicht in einer klassischen Fertigungsumgebung arbeiten möchte: Das Ergebnis bleibt identisch. Da dieses Thema nicht nur die Wälzlagerbranche umtreibt, sondern auch alle anderen Industrien, gab es in den vergangenen Jahren einen rasanten Entwicklungsschub. So ist die autonome Fertigung in vielen Industriebereichen längst Standard, in der Wälzlagerindustrie jedoch kaum bis gar nicht vorhanden. Hier gilt es in der Fertigungsumgebung von Wälzlagerkomponenten aufzuholen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die Gründe lagen bisher in den ganz speziellen Anforderungen: Hohe Flexibilität und Teilevielfalt bei kleinen Losgrößen und Stückzahlen führten bislang zu konventionellen Fertigungsstrukturen, insbesondere im Segment der Industrielager. Es wurde zwar deutlich in Automatisierung investiert – aber Automation bedeutet nicht gleich autonom. Und in Einzelfällen wurden zwar autonome Systeme umgesetzt, führte aber meist zu hochkomplexen technischen Lösungen.

Autor: Thomas Harter ist verantwortlich für Produkt und Technologie bei Supfina Grieshaber – mit dem Schwerpunkt Superfinish von Wälzlagerkomponenten.
Autor: Thomas Harter ist verantwortlich für Produkt und Technologie bei Supfina Grieshaber – mit dem Schwerpunkt Superfinish von Wälzlagerkomponenten.Bild: Supfina Grieshaber GmbH & Co. KG

Konsequente Entwicklung adressiert Megatrend

Supfina Grieshaber ist seit Jahrzehnten Lieferant und Entwicklungspartner der internationalen Wälzlagerindustrie und hat dabei schon zahlreiche Trends mitgestaltet. Somit lag es auf der Hand, dass sich die Werkzeugmaschinen- und Schleiftechnikspezialisten aus dem Schwarzwald auch diesem Trendthema annehmen. Um die Fertigungskette eines Wälzlagerringes abzubilden, gilt es eben auch das Superfinish-Verfahren in autonomer Weise abzubilden. Und gerade in diesem Prozessschritt der Oberflächenfeinstbearbeitung entstehen besondere Hürden bei der Umsetzung.

Ausgangspunkt waren bei Supfina bestehende Lösungen, wie die bewährten Baureihen RacePro und RaceFlex. Diese sind besonders flexibel einsetzbar und verfügen über einen hohen Automatisierungsgrad. Allerdings: Diese Maschinen sind darauf ausgerichtet, dass der Mensch eine zentrale Rolle einnimmt. Rüstvorgänge, Produktionsabläufe wie Werkzeugwechsel und Interaktion mit der Steuerung sind für den Bediener optimiert – eben Maschinen wie sie in die heutige Fertigungsstruktur passen, die jedoch den Anforderungen eines autonomen Ansatzes wenig gerecht werden.

Neu im Portfolio …

… ist daher die Baureihe Supfina Race Modular. In intensiver Zusammenarbeit mit seinen Kunden entwickelten die Baden-Württemberger diese Systemlösung konsequent für den autonomen und bedienerlosen Betrieb. Alle wesentlichen Abläufe in der Fertigung sind automatisiert. Der Chargenwechsel bzw. mechanische Rüstvorgang, der Werkzeug-/ Finishsteinwechsel in der Produktion und das klassische Bauteilehandling sind 24/7 ohne Bediener abgebildet. Schon im Namen der Baureihe zeigt sich der modulare Aufbau, um unterschiedliche Funktionsumfänge abzubilden. Dies wiederum adressiert die vielfältigen Prozessanforderungen bezogen auf die unterschiedlichen Wälzlagertypen. So lässt sich die Konfiguration auf Lagerbauformen wie Zylinderrollen-, Kegelrollen-, Pendelrollen- oder Kugellager anpassen und ist jederzeit zukunftssicher erweiterbar.

Um die genannte Funktionalität auch technisch umzusetzen, ist die Maschine mit Features ausgestattet, die den gesamten Prozess auch praktisch möglich machen. So sind die Maschinenelemente wie Werkstückantrieb, Steinhalter, Zentriersystem oder Werkstückhandling mit automatisch betätigten Schnittstellen ausgeführt. Diese und die damit verbundene Elemente können mit einem 6-Achs Roboter aus der Maschine entnommen und wieder zugeführt werden. Damit nimmt der Roboter eine zentrale Rolle in der Umsetzung ein. Allerdings ist ein Roboter allein nicht ausreichend. Erst durch die Verschmelzung von Roboter und Bearbeitungsmaschine zu einer Einheit entsteht eine praktikable Lösung. Nicht zuletzt spielt auch die gesamte Datenkommunikation eine entscheidende Rolle. Wenn es keinen Bediener gibt, der die Werkstück- und Prozessdaten an der Steuerung eingeben kann, müssen diese über Schnittstellen zur IT-Infrastruktur übertragen werden.

Relevanz geht weit über Superfinish hinaus

Für den Anwender einer solchen Systematik kann allerdings eine Superfinish-Maschine nicht isoliert betrachtet werden. Das Zusammenspiel der Maschine, welche den letzten Bearbeitungsschritt übernimmt, mit der gesamten Produktionslinien oder Zelle ist entscheidend. Des Weiteren sind betriebliche und logistische Abläufe mit in die Planung einer solchen Fertigungsstruktur einzubeziehen. Wie werden Werkstücke und Werkzeuge der Anlage zur Verfügung gestellt sind nur Beispiele zu zentralen Fragen über die eigentliche Maschine hinaus.

Werden all diese Themenfelder vom heutigen Standpunkt aus betrachtet, scheint eine hochflexible autonome Wälzlagerfertigung ein enormer Sprung zu sein. Für manchen erscheint diese Hürde vielleicht sogar zu hoch … aber einige Unternehmen sind diesen weitgreifenden Schritt in die Zukunft bereits gegangen und erste Maschinen der Supfina Baureihe Race Modular sind ausgeliefert. Abschließend bleibt festzuhalten: Um diesen Wandel in der Wälzlagerindustrie zu gestalten, ist das Engagement einer ganzen Branche einschließlich des dazugehörenden Maschinenbaus gefragt.

Das könnte Sie auch Interessieren

Weitere Beiträge

Bild: Ceratizit Deutschland GmbH
Bild: Ceratizit Deutschland GmbH
Werkzeuge – immer passend

Werkzeuge – immer passend

Eine digitalisierte Fertigung hat viele Gesichter… und Recker Technik aus Eschweiler setzt ihr auf jeden Fall einen Smiley auf. Dort bringt die Produktion mit digitalen Zwillingen mehr Effizienz in den Alltag sowie gleichzeitig mehr Überblick über das Toolmanagement und die Werkzeugkosten. Mit dabei: Zwei Tool-O-Maten, die intelligenten Werkzeugausgabesysteme von Ceratizit – dank denen immer das passende Werkzeug für den Job zur Hand ist.

mehr lesen
Bild: Hainbuch GmbH
Bild: Hainbuch GmbH
„Wie passende Spanntechnik die Automation voranbringt“

„Wie passende Spanntechnik die Automation voranbringt“

Zunehmend individuellere Kundenanforderungen, mehr Schwankungen im Auftragseingang und weniger Fachkräfte – diese Faktoren beeinflussen die Fertigungsplanung zunehmend. Gerade bei kleinen Herstellungschargen mit Losgrößen unter 100 macht in diesem Spannungsfeld die Automatisierung, etwa von Hainbuch, den Unterschied. Ein entscheidender Ansatzpunkt in der Umsetzung ist neben Maschine, Roboter und Bediener der Rüst- und Spannprozess.

mehr lesen
Bild: Schunk SE & Co. KG Spanntechnik
Bild: Schunk SE & Co. KG Spanntechnik
Futter für die Ewigkeit

Futter für die Ewigkeit

Siemens Energy setzt für die Präzisionsbearbeitung an einer Horizontaldrehmaschine Magnos Elektropermanent-Magnetspannfutter von Schunk ein. Dank der gleichmäßig dauerhaft wirkenden Magnetspannkraft erfolgt das Spannen der Werkstücke deformations- und vibrationsarm – für eine ausgezeichnete Bearbeitungs- und Oberflächenqualität. Mit der zugehörigen App lässt sich die Spannsituation simulieren und sicher parametrieren.

mehr lesen