Was wird aus der IEC61131-3?

Bewährtes bleibt

Seit mehr als 40 Jahren läuft die Digitalisierung. Doch scheint diese allgegenwärtige Transformation in der letzten Dekade besonders an Fahrt aufgenommen zu haben. Die Consumer-Welt macht es vor: alles wird digitaler. Doch was bedeutet das konkret für die Automatisierungstechnik und dort etablierte Methoden wie die IEC61131-3?
Bild: ©psdesign/stock.adobe.com/Bachmann Electronic GmbH

Mit den neuen Anwendungen und Geschäftsmodellen erscheinen jedes Jahr viele neue, digitale Produkte. Viele davon werden heute noch als Gadgets abgetan, wobei einige in ein paar Jahren disruptiv wirken können – doch allen gemein ist: Sie müssen programmiert werden. Angesichts dieser Markttransformation lohnt sich ein Blick auf das (Software-) Handwerk dahinter.

Das Sprachspektrum wächst

„Es vergeht kein Jahr, in dem nicht neue Programmiersprachen auftauchen“, sagt Gerold Kerbleder, Produktmanager Programmiersysteme bei Bachmann Electronic. „Und zumindest jedes zweite oder dritte Jahr sind welche dabei, denen außerordentliche Zukunftsrelevanz attestiert wird. Schon die Namen klingen wie Verheißungen: Go, Ruby, Elixir, Kotlin …“ Man könnte annehmen, dass die verwendete Technik mit jeder Welle der Digitalisierung komplett erneuert wird? „Nein, es wird nur genutzt, was gut zur Lösung einer Aufgabe geeignet ist“, so Kerbleder weiter, „und natürlich das, was die Leute schon beherrschen.“

Altbewährtes hält sich

C,C++ und Java (letztere wieder wegen vieler Android Apps) führen im monatlich von Tiobe aktualisierten Index der wichtigsten Programmiersprachen seit Jahren. Danach folgen – durch ihren Fokus auf Web und Browser – C# und JavaScript. Die alterprobte Programmiersprache C ist sogar als „Fastest Growing Language 2018“ neben der Sprache Kotlin co-nominiert. Es sind die bewährten Lösungen, die hinter den neuen Lifestyle-Gadgets, den disruptiven Geschäftsmodellen und dem IoT stehen. Und wie sieht es in der industriellen Automation aus? „Nicht viel anders“, meint Kerbleder. „Der Klassiker IEC61131-3 hat mit rund 80 Prozent Durchdringung die Nase konstant weit vorn. Als Nummer 2 folgt C und dahinter C++ sowie modellbasierte Entwicklung mit Matlab/Simulink auf Platz 3 und 4 in unserer Anwendungsstatistik“ 83 Prozent der Befragten, in der aktuellen Rothhöft-Marktstudie SPS-Systeme 2018, sehen auch in Zukunft die IEC61131-Sprachen als die zentrale Umsetzungstechnik.

Warum IEC61131-3?

Die Vorteile der IEC61131-3 sind einfach zusammenzufassen: „Ganz vorne steht die Sicherheit und die Anforderung potentielle Fehler von vornherein zu verhindern. Mit statisch alloziertem Speicher, weitgehendem Verzicht auf Pointer-Arithmetik und überwiegend streng zyklischer Bearbeitung wird Robustheit von der ersten Zeile an gefördert“, erklärt Kerbleder, „und an zweiter Stelle folgt die Effektivität der IEC61131-Sprachen: Sie sind genau dafür geschaffen worden, dass auch Ingenieure ohne abgeschlossenem Informatikstudium sehr schnell, robust und vor allem nachvollziehbar, die an sie gestellten Aufgaben umsetzen können.“ Drittens muss eine Sprache für SPS und Embedded Automation dafür geeignet sein, harte Echtzeit zu gewährleisten. Da sind Interpretersprachen vorsichtig zu betrachen, solche mit Garbage-Collection wie C# oder Java ganz besonders. Der größte Anteil an Quellcode in der Automatisierung entsteht in Structured Text (ST), einer prozeduralen Hochsprache, die ein wenig an Pascal erinnert. Die grafischen Sprachen FBD, CFC und SFC werden dort eingesetzt, wo neben Berufs-Softwerkern auch andere Personengruppen Quellcode lesen und verstehen können müssen, wie z. B. Inbetriebsetzer, Servicetechniker, Verfahrensspezialisten oder Safety-Auditoren. Der Nutzungsanteil ist kleiner als jener von ST, hält sichüber die Jahre aber sehr konstant

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