Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Industrie

Daten vor Ort auswerten, autonom reagieren

Mit der Anwendung von künstlicher Intelligenz (KI) in industriellen Applikationen lassen sich immer neue Herausforderungen lösen. Die stetig steigenden Datenmengen, die aus der immer komplexeren Automatisierung resultieren, erfordern Maschinen und Prozesse, die selbständig Erkenntnisse gewinnen und Abläufe anpassen können. Einige Beispiele zeigen, wie derartige Lösungen in verschiedenen Anwendungsgebieten aussehen.
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Das Potenzial der künstlichen Intelligenz ist riesig: Fahrerlose Transportsysteme finden eigenständig ihren Weg durch die Fabrikhallen, Anlagen justieren sich während des laufenden Betriebs – um ein paar Beispiele zu nennen. Der Begriff der künstlichen Intelligenz ist nicht eindeutig definiert und umfasst viele Bezeichnungen. Vereinfacht dargestellt können Computerprogramme menschliches Denken nachbilden sowie selbst Regeln erstellen, um eigenständig durch Erfahrung zu lernen. Auf diese Weise kann sich das System autonom verbessern, damit es ohne Hilfe des Menschen in der Lage ist, Aufgaben abzuarbeiten. Zu den unter KI fallenden Schlagwörtern gehören Machine Learning (ML) und Deep Learning (DL). Beim maschinellen Lernen wird ein Problem auf der Grundlage der bisher gemachten Erfahrungen bewältigt. Auf Basis von Datenbeständen und Algorithmen, die vom Anwender generiert werden müssen, lassen sich so z.B. Anwendungen im Bereich Predictive Maintenance entwickeln, also zukünftige Ereignisse vorhersagen. Anomalien werden selbständig mit den Datenbeständen verglichen, um etwa die Lebenszeit der Anlage zu berechnen.

Bei Deep Learning – dem tiefgehenden Lernen – handelt es sich um einen Teilbereich des Machine Learning, der über neuronale Netze verfügt. Neuronale Netze sind Strukturen, die das menschliche Gehirn imitieren und somit unüberwacht aus unstrukturierten und unmarkierten Daten lernen. Deep-Learning-Algorithmen verbessern sich folglich ohne menschliches Zutun und eignen sich neue Fähigkeiten an. Im Gegensatz zum maschinellen Lernen muss einem Deep-Learning-Algorithmus nicht mehr mitgeteilt werden, auf welche Merkmale er zu achten hat. Zur verständlichen Darstellung der Anwendungsfälle werden beide Verfahren einander mit dem Ziel gegenübergestellt, eine Bildverarbeitung und daraus resultierend eine Objekterkennung zu entwickeln.

 Neue Herausforderungen durch künstliche Intelligenz lösen
Neue Herausforderungen durch künstliche Intelligenz lösenBild: Phoenix Contact Deutschland GmbH

Algorithmische Kette löst weitere Aufgaben

In der klassischen Bildverarbeitung, die auf dem manuellen Antrainieren des Modells beruht, gibt es zahlreiche verfügbare und zuverlässige Algorithmen, die sich als effizient und transparent erwiesen haben. Der Anwender erhält also eine Erklärung, wie das Ergebnis zustande kommt. Der Nachteil bei einer solchen Vorgehensweise liegt darin, dass das eher unflexible Verfahren auf spezifische Aufgaben zugeschnitten werden muss. Unter Umständen ist jede Prüfaufgabe aufwendig zu modellieren, sodass sich bestimmte Objekte klassifizieren lassen. Die auf Deep Learning basierenden Verfahren ermöglichen inzwischen eine hohe Qualität der Objekterkennung. Gegenüber dem klassischen Verfahren können somit eine größere Genauigkeit und Fehlertoleranz sichergestellt werden. Ein weiterer Vorteil ergibt sich daraus, dass dieselbe algorithmische Kette zur Lösung anderer Probleme verwendet werden kann. Ein weiteres Netz ist folglich in der Lage, ein anderes Objekt zu klassifizieren. Neuronale Netze lassen sich also nachtrainieren. Allerdings ist zur Ausführung eines solchen Verfahrens eine enorme Rechenleistung notwendig.

Während künstliche Intelligenz schon lange Einzug in den Consumer-Bereich gehalten hat, kommen jetzt auch reale Anwendungen im industriellen Umfeld zum Einsatz. Mitarbeiter nutzen täglich über ihr Smartphone Sprach- und Bilderkennungen, Bürogebäude sind vollautonom und reagieren auf Außeneinflüsse wie Hitze, Kälte, Lichteinstrahlung oder Wind. Diese und weitaus komplexere Teilbereiche der KI werden verwendet, damit sich Prozesse laufend verbessern und die Effizienz von Maschinen und Anlagen entsprechend steigern.

 Smart Cities bieten hohes Potenzial, Prozesse durch künstliche Intelligenz zu verbessern
Smart Cities bieten hohes Potenzial, Prozesse durch künstliche Intelligenz zu verbessernBild: ©ssguy/shutterstock.com

Qualitätskontrolle von Kunststoffspritzteilen

Als Beispiel für den Einsatz von KI in der Industrie sei das Detektieren von Qualitätsdefekten aufgeführt, etwa in der Lebensmittelindustrie. Ein Schokoriegel wird durch mehrere Kameras erkannt und anhand einer zuvor manuell angelegten Datenbank mit Gut- oder Schlechtbildern verglichen. Hierbei handelt es sich um eine klassische Anwendung des Maschine Learning.

Anders läuft es in einem anderen Beispiel ab, das von Phoenix Contact mitbetreut wird. Dabei geht es um die Qualitätskontrolle von Kunststoffspritzteilen für die Automobilindustrie. Im Fokus steht hier die absolute Null-Fehler-Toleranz. Sie soll durch Bildverarbeitung sichergestellt werden. Als zusätzliche Anforderung ist ein flexibles Verfahren zu entwickeln, mit dem sich verschiedene Teile analysieren lassen. Vor diesem Hintergrund wenden die KI-Spezialisten einen Deep-Learning-Ansatz an. Dazu wird das Objekt klassifiziert, um festzustellen, an welchen Stellen ein Fehler auftritt. Darüber hinaus ist das Netz als sogenannte Anomalie-Detektion konzipiert. So lässt sich detektieren, ob und in welchem Ausmaß die Schlechtteile von den Gutteilen abweichen. Als Mehrwert für den Betreiber kann dieselbe Inspektionsroutine für unterschiedliche Teile genutzt werden. Er benötigt außerdem keine KI-Expertise, damit er mit derartigen Systemen arbeiten kann. Das System muss lediglich einmal eingerichtet werden.

Echtzeitprozesse durch leistungsfähige Hardware

Im Bereich Smart Cities gibt es viele Applikationsbeispiele für die sinnvolle Verwendung von künstlicher Intelligenz. Eine vernetzte, intelligente Infrastruktur bietet ein hohes Potenzial, Prozesse durch den Einsatz von KI zu verbessern. Im Rahmen der smarten Infrastruktur kann es sich um das Schalten von Ampel- und Beleuchtungsanlagen bis hin zur Verkehrsüberwachung handeln, die auf Sensorsystemen basiert. Des Weiteren ist ein Parkmanagement denkbar, sodass die Parkhäuser in der Großstadt besser ausgelastet sind und die Autofahrer nicht lange nach einem Parkplatz suchen müssen. Selbst eine Vehicle-zu-Vehicle-Kommunikation ist möglich.

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