Automatisierung im Aufbruch

UniversalAutomation.Org fördert hardwareunabhängige Automatisierung nach IEC61499

Mit Gründung der UniversalAutomation.Org wird ein auf IEC61499 basierter Ansatz für hardwareunabhängige Automatisierung erstmals von einem breiten Bündnis aus Industrieunternehmen, OEMs, IT-, OT- und Softwareherstellern, Universitäten und Start-Ups unterstützt. Die Aussichten für eine innovativere und nachhaltigere Industrie sind vielversprechend.
 Funktionsblöcke nach IEC61499 verfügen nicht nur über Ein- und Ausgänge für Daten, sondern auch für Events. Damit lässt sich ein ereignisorientiertes Ausführungsmodell für die Automatisierung nutzen.
Funktionsblöcke nach IEC61499 verfügen nicht nur über Ein- und Ausgänge für Daten, sondern auch für Events. Damit lässt sich ein ereignisorientiertes Ausführungsmodell für die Automatisierung nutzen.Bild: Schneider Electric GmbH

Heute wird der Automatisierungsmarkt noch von proprietärer, herstellergebundener Steuerungstechnik dominiert. Doch angesichts der Anforderungen, die in puncto Automatisierung an zeitgemäße Maschinen und Anlagen gestellt werden, wird das mehr und mehr zum Problem. So erfordert moderne Automation mittlerweile eine umfangreiche Interoperabilität zwischen den Steuerungselementen unterschiedlicher Hersteller. Außerdem sollte Software unkompliziert und herstellerunabhängig von einer Steuerung zur anderen portierbar sein. Auf Basis proprietärer Lösungen ist diese Migration zu neuen Steuerungsgenerationen jedoch nahezu unmöglich und lässt sich Stand heute nur mit einem hohen Engineering-Aufwand realisieren. Die Anfang November 2021 neu gegründete UniversalAutomation.Org fordert daher ein Umdenken in Sachen Automatisierung. Ihr Ziel: Hardwareunabhängig und softwarebasiert Automatisieren.

 John Conway, CEO der neu gegründeten Organisation.
John Conway, CEO der neu gegründeten Organisation.Bild: Schneider Electric GmbH

Breite branchenübergreifende Allianz

Zu den Mitgliedern der neuen UniversalAutomation.Org zählen Industrieunternehmen, OEMs, Hersteller, Universitäten und Start-Ups. Um die Automatisierung entsprechend zeitgemäßer Anforderungen neu auszurichten, setzen diese ab sofort auf die Referenzimplementierung einer IEC61499-basierten Steuerungs-Runtime. Diese Runtime steht allen Mitgliedern frei zur Verfügung und bildet die Grundlage für ein einfacheres Engineering sowie für deutlich flexiblere und effizientere Anlagen. Dass die bereits 2005 veröffentlichte Norm IEC61499 nun durch eine so breite, branchenübergreifende Allianz aufgegriffen und unterstützt wird, ist ein Novum in der Automatisierungstechnik.

Bild: Schneider Electric GmbH

Norm IEC61499: Standard für die Industrie der Zukunft

Kurze Umrüstzeiten, effizienter Ressourcenverbrauch und Resilienz im Fall von Ausfällen oder Lieferengpässen – das sind zentrale Anforderungen, die heute in nahezu sämtlichen Industriezweigen an Maschinen und Anlagen gestellt werden. Gleichzeitig steigt das Automatisierungsniveau ständig an. Für Maschinenbauer empfehlen sich deshalb Engineering-Werkzeuge, mit denen selbst komplexeste Anlagen mit vergleichsweise einfachen Mitteln automatisierbar sind. Hier bringt die IEC 61499-Norm die Voraussetzungen mit. Sie ersetzt nicht nur das zyklische Ausführungsmodell der IEC61131 durch ein ereignisgesteuertes Modell, sondern postuliert auch einen objektorientierten Ansatz, bei dem sich automatisierte Anwendungen rein softwareseitig – von den Hardwaregegebenheiten abstrahiert – modellieren lassen. Wie in der IEC61499 vorgesehen, geschieht das auf Basis vorgefertigter Funktionsblöcke, die sich mithilfe einfacher Verbindungslinien (’single line engineering‘) selbst zu komplexen Systemen zusammenschalten lassen. Ein einzelner Funktionsblock kann dabei etwa für eine einfache Mess-Anwendung oder einen kompletten Anlagenteil stehen. Er beinhaltet – sozusagen als „Black Box“ – deren Steuerungsteil, die Visualisierung, die I/O-Anbindung sowie die Dokumentation. Auf diese Weise ist das Engineering ganzer Anlagen und Systeme deutlich erleichtert und weniger fehleranfällig. Hinzu kommt, dass sich die softwareseitig modellierten Applikationen gemäß IEC61499, herstellerunabhängig und dezentral auf die zugrundeliegenden Hardwarekomponenten aufspielen lassen. Da bereits in der Software Klarheit über die Abhängigkeiten der verschiedenen Module besteht, ist es möglich, auf die aufwändige Programmierung der Querkommunikation zwischen Steuerungen zu verzichten. Dank dieser grundsätzlichen Hardwareunabhängigkeit in Kombination mit objektbasierter Programmierung, so die Idee der neuen UniversalAutomation.Org, können Automatisierungs-Applikationen künftig wie aus einem App-Store heruntergeladen und einfach per Plug-and-Play genutzt werden.

 Die Mitglieder der neuen UniversalAutomation.Org sehen in der Norm IEC61499 den Standard für die Industrie der Zukunft. Die Grundidee: Herstellerunabhängige und softwarezentrierte Automatisierung.
Die Mitglieder der neuen UniversalAutomation.Org sehen in der Norm IEC61499 den Standard für die Industrie der Zukunft. Die Grundidee: Herstellerunabhängige und softwarezentrierte Automatisierung.Bild: Schneider Electric GmbH

UniversalAutomation.Org

„Mit der Gründung der UniversalAutomation.Org drücken wir den Reset-Knopf für die Automatisierung“, so John Conway, CEO der neu gegründeten Organisation. „Wir setzen auf IEC61499 als Standard für Interoperabilität und schaffen damit eine Basis für eine neue, offenere und vor allem nachhaltigere und effizientere Industrie der Zukunft. Ziel der neuen UniversalAutomation.Org ist es, Innovationskraft und Erneuerungspotenzial für die Automatisierungstechnik freizusetzen. Indem wir Hard- und Software voneinander entkoppeln, bieten wir OEMs und Endkunden völlig neue Möglichkeiten das Beste aus Anlagen und Maschinen herauszuholen – insbesondere, wenn es darum geht, verschiedene Technologien zusammenzuführen.“ Allen Interessierten steht eine Mitgliedschaft in der UniversalAutomation.Org offen. Derzeit mit dabei sind: Aalto University, Advantech, Belden, Cargill, EAW, ESA, ETP, Flexbridge, GR3N, Hirschmann, HTW Berlin, Intel, Jetter, Johannes Kepler University, Kongsberg Maritime, Lawrence Technological University, Lumberg Automation, Phoenix Contact, ProSoft, R. Stahl, Schneider Electric, VP Process, Wilo, Wood, Yokogawa.

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