Domänenexperten erstellen eigenständig Machine-Learning-Lösungen

Machine Learning für alle!

Weidmüller setzt mit der Industrial AutoML Software auf einen einfachen KI-Einsatz im Maschinen- und Anlagenbau. Dazu hat das Unternehmen die Anwendung soweit standardisiert und vereinfacht, dass Domänenexperten ohne Spezialwissen im Bereich Data Science eigenständig Lösungen realisieren können. Das Software Tool führt den Anwender in wenigen Schritten durch Modellentwicklung und Training, weshalb der Anbieter hier auch von Guided Analytics spricht.
Bild: Weidmüller GmbH & Co. KG

Der Fokus von Weidmüller liegt auch bei Machine Learning auf dem Maschinen- und Anlagenbau – damit erstreckt sich das Anwendungsgebiet aber über zahlreiche Branchen und Marktsegmente. Entsprechend reicht das Spektrum der bereits umgesetzten Referenzen von Schweißapplikationen in der Automobilindustrie über Separatoren in der Nahrungsmittelindustrie bis zu Werkzeugmaschinen.

„Man ist mit AutoML in der Lage einen Proof-of-Concept in nur rund einer Stunde umzusetzen.“ Tobias Gaukstern, WeidmüllerBild: Weidmüller GmbH & Co. KG

Nur die Daten zählen

„Die Art der Maschine ist für das Industrial AutoML Tool eigentlich komplett egal“, sagt Tobias Gaukstern, VP Industrial Analytics bei Weidmüller. „Wichtig sind für uns nur die erfassten Maschinendaten bzw. Zeitreihendaten, die aus der Steuerung, der Sensorik oder der Aktorik kommen: Ströme, Spannungen, Drehmomente, Temperaturen und und und.“ Maschinenbauer und Fertigungsbetreiber stehen in der Regel vor der Herausforderung, diese Daten sinnvoll zu nutzen – etwa um Unregelmäßigkeiten oder Störungen vorherzusehen oder auch die Qualität der gefertigten Produkte in Echtzeit sicherzustellen bzw. zu dokumentieren. Mit solchen Analysemethoden lassen sich also nicht nur Stillstände vermeiden, sondern auch deutlich aufwändigere Prüfmethoden im Produktionsprozess. „Soll eine smarte Analytics-Lösung umgesetzt werden, musste bisher ein komplexer Prozess durchlaufen werden“, betont Gaukstern. Daten müssen aufbereitet und die passenden Methoden und Verfahren gewählt werden. „Es gibt eine große Vielfalt an Machine-Learning-Verfahren“. Und das ist nur der Anfang. Es warten zahlreiche weitere Fragen auf den Anwender: Passt das Verfahren zum Use Case und zur Datenlage? Welcher Teil des Datensatzes spiegelt das Normalverhalten wieder? Reichen die Rohdaten überhaupt aus? Welche Features sollten genutzt werden, um ein gutes ML-Modell zu trainieren? Solchen Fragen sind im Zuge einer Machine-Learning-Anwendung zu beantworten – normalerweise unter Zuhilfenahme von Data-Scientists. „Doch alleine können sie die Anwendung nicht umsetzen“, fährt Gaukstern fort. „Die identifizeirten mathematischen Zusammenhänge in den Daten sind immer auch ingenieursmäßig zu interpretieren.“

Bild: Weidmüller GmbH & Co. KG

Domänenwissen entscheidet

Ergo: Für erfolgreiches maschinelles Lernen sind also auch Leute erforderlich, die auf Seite der Produktionsprozesse ausreichend Expertise und Erfahrung einbringen können. „Beide Personengruppen müssen zusammenarbeiten“, erklärt Gaukstern und ergänzt augenzwinkernd: „Oder etwa doch nicht?“ Denn Weidmüller hat sich das Ziel gesetzt, Machine Learning so weit zu vereinfachen, dass der Maschinenexperte diese Aufgabe alleine lösen kann. „Im ersten Schritt kaum vorstellbar“, so Gaukstern. Schließlich gebe es 1.040 Kombinationsmöglichkeiten, um eine Machine-Learning-Pipeline zu erstellen. Doch gerade diese Komplexität spreche dafür, den Prozess zu automatisieren. Nur so lasse sich Machine Learning auch in der industriellen Breite anwenden. „Es gibt letztlich viel zu wenig Data-Scientists“, unterstreicht Gaukstern, „die Domänenexperten sind hingegen viel zahlreicher und ihr Applikationswissen ist ohnehin notwendig, um eine ML-Lösung zu erarbeiten.“ Diese Erkenntnis hat Weidmüller zur Vision gebracht: „Wir wollen Machine Learning so vereinfachen, so dass Domänenexperten eigenständig Lösungen entwickeln und ihr Anwendungswissen in Mehrwert überführen können – ohne das Data Science Expertise notwendig ist“, bringt es Gaukstern auf den Punkt. Dafür hat das Unternehmen die Industrial AutoML Software geschaffen“Den technologischen Ansatz dahinter nennen wir Automated Machine Learning – kurz AutoML.“ Ganz automatisch läuft der Prozess aber nicht ab. „Wir haben uns entschlossen, an dedizierten Stellen das Wissen der Experten abzufragen und sie somit durch die Modellbildung und das Training zu führen.“

In vier Schritten zum passenden Modell

Den Prozess hat Weidmüller in vier Hauptschritte unterteilt. Damit gelinge Machine Learning sehr schnell „Mit dem AutoML Toll sind Ingenieure in der Lage einen Proof-of-Concept in nur rund einer Stunde umzusetzen“, versichert Tobias Gaukstern. „Ein Data Scientist braucht dafür schon mal 20 Tage oder mehr.“ Das allein zeige, welches Potenzial AutoML mitbringe. Für die gesamte Entwicklung einer Machine-Learning-Anwendung stellt der Anbieter eine Zeitersparnis von bis zu 80 Prozent in Aussicht. Durch den No-code-Ansatz muss dabei nichts programmiert werden. „Und auch sonst haben wir die Komplexität weitgehend verborgen“, erklärt Gaukstern. „Von den 1.040 Optionen bei der Modellbildung kriegt der Anwender eigentlich gar nichts mit.“ Stattdessen soll sich der Nutzer darauf konzentrieren sein spezielles Prozess- bzw. Domänenwissen einzubringen. Insgesamt sind nur vier Schritte zu durchlaufen, um ein erstes ML-Modell zu trainieren.

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