Second Source im S7-Bereich für mehr Lieferverfügbarkeit

Die Wiederkehr der S7-300er

Wer aktuell lieferfähig bleiben will, kommt um praktikable Anpassungen nicht herum. Als Steuerungsanbieter mit Fertigung in Deutschland will das Unternehmen Insevis als mittel- und langfristige Second Source mit seinen S7-300er-Lösungen helfen, kann aber nicht als Lückenbüßer für kollabierte globale Lieferketten einspringen.
Bild: INSEVIS GmbH

Die diesjährigen Automatisierungsmessen wurden bislang von einer einzigen Frage dominiert: „Wann könnt ihr liefern?“. Offensichtlich schlägt aktuell das operativ kurzfristig Dringende das strategisch langfristig Wichtige. Und nichts ist so wichtig wie die Erhaltung der eigenen Lieferfähigkeit. Lange waren große Automatisierungslieferanten eine Bank. Die meist in Asien verortete Fertigung erlaubte recht günstige Preise und auch kleinere Abnehmer bekamen immer noch genügend Aufmerksamkeit, um alle Anwendungen mit den bekannten Modellen und vorgegebenen Bussystemen abbilden zu können.

Nach einer Verkettung unglücklicher Zufälle, wie die Nachwirkungen der Stromnetzausfälle in texanischen Chipwerken, die angespannte Trinkwassersituation in Taiwan und der Brand in einer Halbleiterfabrik in Japan, in Kombination mit Corona-Lockdown-bedingten Betriebsschließungen in weiteren Chipwerken bei gleichzeitigem drastischen Nachfrageanstieg nach Homeoffice- und Kommunikations-Hardware ist nichts mehr wie zuvor. Zuerst verlängerten sich die Lieferzeiten der Panels sowie der Steuerungen und danach schwand die Lieferverfügbarkeit einzelner Bussysteme, alles mangels lieferbarer ICs. Die sicher geglaubte Eigenversorgung ist Geschichte, Auftragsbestätigungen sind nicht mehr belastbar und für industrielle Verhältnisse abenteuerliche Beschaffungskanäle, wie Ebay oder Direktimporte von unbekannten in- und ausländischen Brokern, erwiesen sich nicht als langfristig verfügbar und zuverlässig. Das alles führte zu einer drastischen Angebotsverknappung, begleitet von einem so seit Generationen nicht dagewesenem Preisauftrieb. Im Ergebnis wuchs bei vielen Anbietern neben dem Frust auch der Bestand unfertiger Produkte, die bezahlt werden mussten, aber auf Grund fehlender Fertigstellung keinen Umsatz erwirtschaften konnten und nun die Hallen blockieren.

 Panels mit integrierter S7-CPU mit 315er-Befehlssatz mit und ohne rückseitige I/Os von Insevis
Panels mit integrierter S7-CPU mit 315er-Befehlssatz mit und ohne rückseitige I/Os von InsevisBild: Insevis GmbH

Serienlösungsansätze für die kritischen Jahre

Hierfür hat der Erlanger Automatisierungsanbieter Insevis eine Lösung parat. Durch seine Fertigung in Deutschland ist das Unternehmen immer noch in der Lage, seine Bestandskunden mit S7-Panels, S7-Steuerungen, Bus- und I/O-Modulen zu beliefern. Aber auch Anwender, die jetzt erst die Gefahr ihrer Abhängigkeit von einem einzelnen Lieferanten erkannten, können auf eine S7-Alternative im Sprachraum der S7-300er-Familie und Weiterverwendung von Siemens-Simatic-Manager und -TIA Portal als S7-Programmiersystem hoffen. Die ursprünglich als Lebensdauerverlängerer für die Siemens-S7-300er-Produktlinie gedachten Insevis-Steuerungen werden für immer mehr Kunden in der aktuellen Situation als Lebensretter für die eigene Lieferfähigkeit eingesetzt. Allerdings nicht für simple temporäre Ersatzlieferungen, bis die chinesische Lieferkette wieder funktioniert, sondern nur für Kunden mit einem echten Serieninteresse an Insevis-Proukten. Die firmeneigenen Techniker prüfen dann mit den Neukunden, welche verfügbaren Fremdgeräte aktuell mit welchen Bussystemen für die jeweilige Anwendung einsetzbar sind und entwickeln so zusammen mit dem Kunden aktuell praktikable Serienlösungsansätze für die nächsten kritischen Jahre. Diese Nothilfe ist Basis für eine längere Zusammenarbeit und strategische Absicherung als Second Source im S7-Bereich.

S7-Kompatibilität und neue Schnittstellen

Die Insevis-S7-SPSen lassen sich mit dem SimaticManager ab V5.5 oder mit dem TIA Portal bis V17 (in AWL, KOP, FUP, S7-SCL, S7-Graph) als S7-315-2PNDP programmieren und verfügen über 1MB Arbeits- und 8MB Ladespeicher. Das bietet Kunden im S7-Classic- oder TIA-Sprachraum eine willkommene Erweiterung der bestehenden Lösungen. Die S7-CPUs beinhalten in der Grundausführung bereits zwei getrennte Ethernet-Ports (TCP, UDP, S7-Kommunikation), dazu zweimal Modbus (TCP und RTU), CAN (CanOpen und Layer2) sowie einen seriellen CP mit RS232 und RS485 (freies ASCII). Zusätzlich stehen je nach CPU optional Profibus DP Master/Slave oder Profinet I/O-Controller zur Verfügung. Die Verbindung von S7-Kompatibilität und neuen Schnittstellen erlaubt nicht nur eine Weiterführung preissensitiver Bestandsprodukte, sondern auch ein Ratio-Design, das quasi ohne Programmänderungsrisiko die Marge an dem Projekt noch einmal erhöhen wird. Zusätzlich sind die S7-Produkte von Insevis auf die einfache Anpassung an kundenspezifische Besonderheiten vorbereitet. 3,5 bis 15,6″ groß sind die Touchpanels, in die man die S7-SPSen integrieren kann, um äußerst flache Kompaktsteuerungen mit sehr vielen Schnittstellen zu erhalten. Sie können auch rückseitig über bis zu sieben Slots für diverse, frei konfigurierbare I/Os verfügen. Die Projektierung der Visualisierung erfolgt über ein kostenloses und vereinfacht an das Handling des WinCCflexible angelehntes Visualisierungs-Tool und ist in einer eigenen YouTube-Playlist erklärt. Ein Konverter von Siemens-TIA-WinCC-Visualisierungen ins Insevis-Format erledigt den monotonen Teil einer Umstellung der Visualisierung (ca. 70 bis 80 Prozent). Danach erhalten Anwender unbegrenzt kostenlose Remote-Visualisierungen auch von Siemens-S7-CPUs sowie PowerTag-Limits. Um die Lösungen zukunftsoffen zu halten, besteht auch die Möglichkeit, mit einem Insevis-Gateway S7-Daten per MQTT oder OPC UA der IT-Ebene zur Verfügung zu stellen und per Webvisualisierung anzuzeigen.

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