Mit der IEC61499 neue (IT-)Welten erobern

Automatisierung im Aufbruch

Der EcoStruxure Automation Expert von Schneider Electric macht die hardwareunabhängige Modellierung von automatisierten Anwendungen unkompliziert möglich. Der Weg in die IIoT-geprägte Zukunft der Automatisierung wird geebnet.
Bild: Schneider Electric GmbH

Gesamtgesellschaftliche Anstrengungen für mehr Nachhaltigkeit und vor allem wirtschaftlich getriebene Bestrebungen für eine vertiefte digitale Vernetzung von Betrieben, Gebäuden und Infrastruktur haben neuerdings auch eine enorme Transformationskraft für die Industrie entwickelt. Wer zukünftig noch wettbewerbsfähig sein möchte, kommt an ganzheitlichen IIoT-Lösungen für Energiemanagement und Automatisierung nicht mehr vorbei. Mit ihnen lässt sich nicht nur eine Steigerung und Flexibilisierung der Produktivität bei gleichzeitig sinkenden Betriebskosten realisieren, sondern, indem Ressourcen und Energie schonender und effizienter verbraucht werden, steigt gleichzeitig auch die Nachhaltigkeit eines Unternehmens.

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Ein Paradigmenwechsel

Doch so einleuchtend und zwingend die Vorteile des Industrial Internet of Things (IIoT) auch sein mögen, im Hinblick auf die technische Umsetzung einer durchgängigen Vernetzung sieht sich die Industrie gegenwärtig vor ein gewaltiges Problem gestellt: Nichts weniger als ein veritabler Paradigmenwechsel ist notwendig, um die Logiken und Strukturen der vierten industriellen Revolution in die Tat umzusetzen. Hintergrund ist dabei, dass viele Hersteller nach wie vor an proprietäre Automatisierungssysteme und deren ‚Erbe‘ gebunden sind. Für den Endkunden bedeutet das häufig: Die Migration zu einer neuen Steuerungsgeneration oder einem anderen SPS-Anbieter stellt eine große Herausforderung dar – insbesondere mit Hinblick auf die Amortisation einer so umfassenden Lösung. Außerdem hat die Verbreitung und Stärkung proprietärer Systeme den nächsten Schritt der Digitalisierung erheblich erschwert. Eine nahtlose und agile Einbindung der OT in die IT-Welt ist eben nur dann möglich, wenn die cyber-physischen Systeme einer Anlage zu uneingeschränkter Kommunikation befähigt sind. Und genau das ist bei geschlossenen Systemen nicht ohne Aufwand möglich. Schneider Electric, Pionier einer digitalen und grünen Transformation, hat deshalb nun den EcoStruxure Automation Expert gelauncht. Damit bietet das Unternehmen ein Softwaretool zur hardwareunabhängigen Modellierung automatisierter Anwendungen und damit den einfachen Einstieg in die zahlreichen erweiterten Möglichkeiten der Industrie 4.0. Eine vollständig offene Automatisierung gemäß der Norm IEC61499 ist dafür eine wesentliche Grundvoraussetzung.

Bild: Schneider Electric GmbH

IEC61499 goes IIoT

Die Idee offener Automatisierung ist nichts gänzlich Neues. Die Norm IEC61499 existiert bereits seit Mitte der 2000er und definiert ein generisches Modell für verteilte Steuerungssysteme. Im Wesentlichen erweitert sie damit die bisher übliche IEC61131, bei der die Funktionalität automatisierter Systeme in sogenannten Programm-Organisationseinheiten (POEs) gekapselt wird. Diese POEs, durch eine Aufrufhierarchie geordnet, lassen sich dann durch Tasks meist zyklisch und unter Verwendung des gesamten Programmcodes abrufen. Die IEC61499 stellt nun eine Weiterentwicklung der IEC61131 dar. Sie definiert ein ereignisgesteuertes und Hardware-unabhängiges Modell, das um Funktionsblöcke herum aufgebaut ist. Anders als die POEs der 61131 verfügen diese Funktionsblöcke nicht nur über Ein- und Ausgänge für Daten, sondern auch über Ein- und Ausgänge für Events. Bei der damit möglichen – und aus der IT längst bekannten – Ereignissteuerung werden die in einem Gerät enthaltenen Bausteine nur dann bearbeitet, wenn entsprechende Events sie aufrufen. Der mögliche Leerlauf einer zyklischen Programmbearbeitung entfällt und die Kommunikationslast zwischen mehreren Steuerungen sinkt. An sich nichts Neues, aber mit einer ersten Implementation für Industrieanlagen und in Kombination mit modernsten IIoT-Technologien ein hochgradig ‚explosiver‘ Mix. Denn die Verwendung von ereignisorientierten Funktionsblöcken begünstigt dank ihrer IT-Logik eine vertiefte Konvergenz von Informations- und operativer Technologie. Die Grundidee: Ist eine durchgängige und komplett offene Kommunikation zwischen den Maschinen (oder Modulen) gewährleistet, können Programmstrukturen an zentraler (Software-) Stelle modelliert und dann dezentral auf die offen konzipierten Steuerungen verteilt werden. Dazu sieht IEC61499 vor, dass die Funktionsbibliotheken von Programmierumgebungen grundsätzlich offen und ohne Herstellerbindung vorliegen müssen. Auf diese Weise spielt es für die Modellierung fortan keine Rolle mehr, welche mechatronischen Komponenten als Basis zur Verfügung stehen. Anwender sind nicht mehr an die Wahl eines bestimmten Anbieters gebunden und Änderungen des Set-Ups lassen sich per Plug&Play realisieren.

Bild: Schneider Electric GmbH

Die Produktion virtuell modellieren

Der neue EcoStruxure Automation Expert nutzt die in der IEC61499 angelegten Möglichkeiten für eine vertiefte IIoT-Vernetzung aus. Dazu etabliert er eine rein softwarezentrierte Automatisierungsschicht, innerhalb der die Funktionsblöcke virtuell und nach den eventbasierten Logiken der IT-Welt modelliert werden können. Damit hat Schneider Electric eine Lösung geschaffen, die visionäre Anwender im Sinne von Industrie 4.0 von dem Zusammenspiel aus offener Automatisierung und vertiefter Digitalisierung ganz konkret profitieren lässt. Im Bereich dieser offenen IIoT-Automatisierung spielt nun der Begriff ‚Modellierung‘ eine wichtige Rolle. Automatisierer können das Zusammenspiel verschiedener mechatronischer Komponenten, bzw. CPS nun so orchestrieren, dass bestimmte Abläufe und Funktionen nur dann ausgeführt werden, wenn ein bestimmtes Event sie triggert. Das permanente Frage-Antwort-Spiel zyklischer Programmstrukturen entfällt. Damit läuft eine Produktionslinie auf der einen Seite natürlich deutlich effizienter und materialschonender. Auf der anderen Seite erhöht sich ihre Flexibilität und Modifizierbarkeit erheblich. Die virtuell vorgenommene Modellierung lässt sich einfach per Mausklick verändern und gestalten.

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