1948 gründet Hermann Pilz in Esslingen, im Südwesten Deutschlands, eine Glasbläserei. Er legt damit den Grundstein für ein Familienunternehmen, das sich nicht nur zu einem erfolgreichen Anbieter von sicherer Automation entwickelt, sondern diese technologische Disziplin auch entscheidend mitgestaltet hat.
Im Portfolio von Pilz finden sich heute Sensoren, Steuerungen und Antriebstechnik, die dazugehörigen Software-, Diagnose- und Visualisierungs-Tools sowie ein umfangreiches Dienstleistungsangebot. Damit beliefert das Unternehmen alle Bereiche des Maschinen- und Anlagenbaus, vom Automobilbau über die Robotik und Verpackungstechnik bis zur Intralogistik. Außerdem sorgen Pilz-Produkte dafür, dass Züge sicher unterwegs sind, Gepäckanlagen in Flughäfen gefahrlos laufen und sich Theaterkulissen reibungslos bewegen.
Vom Glas zur Elektronik
In den Nachkriegsjahren fertigt Pilz zunächst Glasapparate für die Medizintechnik, dazu Quecksilberschaltgeräte, die die Basis für die kommenden Industrieschaltgeräte bilden. Es ist Peter Pilz, der Sohn von Hermann Pilz, der den Wandel zur Elektronik in den 1960er-Jahren entscheidend vorantreibt. Er übernimmt Ende dieses Jahrzehnts die Geschäftsführung und leitet neben dem technologischen Wandel auch die Internationalisierung des Unternehmens ein – etwa mit den ersten Tochtergesellschaften in Österreich, Frankreich und der Schweiz. Neben elektronischen Kontroll- und Überwachungsgeräten entwickelt Peter Pilz in den 70er-Jahren mit seinem Team auch SPSen – als eines der allerersten Unternehmen in Europa.
Im Jahr 1987 entwickelt Pilz das PNOZ: Das erste Sicherheitsschaltgerät für den zuverlässigen Stopp von Maschinen im Gefahrenfall. Kleiner als die konventionelle Schaltung, in der Handhabung einfacher, vor allem aber sicherer durch eine zertifizierte Baumusterprüfung. Bis heute steht der Name PNOZ als Synonym für Sicherheitsschaltgeräte im Allgemeinen. Den Durchbruch erlebte Peter Pilz nicht mehr. 1975 kommt er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Doch seine Frau Renate entscheidet sich, sein Lebenswerk fortzusetzen – obwohl sie als Hausfrau und Mutter bis hierhin nur wenig mit dem Unternehmen und seinen Produkten zu tun hatte. Sie arbeitet sich in Technik und Wirtschaft ein und steigt als Vorsitzende des Beirats ein und übernimmt 1995 die Geschäftsleitung.
1995 kommt das weltweit erste frei programmierbare, sichere Steuerungssystem PSS 3000 auf den Markt. Damit wurde es erstmals möglich, elektronische Steuerungen in der Sicherheitstechnik einzusetzen. Bis dahin war dies verboten. Erst harte Verhandlungen mit Bundesministerien in Deutschland und europäischen Komitees bewirkten eine Änderung der gesetzlichen Vorgaben. 2009 bringt Pilz das PSS 4000 auf den Markt, ein Automatisierungssystem mit dem sich auch verteilte Anlagen zentral steuern lassen – Safety inklusive.
Mit Digitalisierung und Vernetzung kommt der Security eine zunehmende Rolle in der Automatisierung zu. Seit 2018 bietet Pilz auch in diesem Bereich Produkte und Dienstleistungen. Im Mittelpunkt steht die Verfügbarkeit von Maschinen und Anlagen, sowie die Integrität und Vertraulichkeit von maschinellen Daten und Prozessen. 2021 wird mit myPNOZ schließlich das weltweit erste modulare Sicherheitsschaltgerät in Losgröße 1 vorgestellt.
Einstieg der 3. Generation
Seit Ende 2017 leiten Thomas Pilz und Susanne Kunschert Pilz als geschäftsführende Gesellschafter in der dritten Generation. Sie setzen weiterhin stark auf Innovation. 20 Prozent des Umsatzes werden alljährlich in Forschung und Entwicklung investiert. „Innovationsfähigkeit ist Bestandteil der Pilz-DNA und sorgt für Zukunftsfähigkeit“, begründet Susanne Kunschert diese Strategie. Aktuell ist das Unternehmen global mit 42 Tochtergesellschaften sowie vier Produktionsstätten weltweit vertreten. Susanne Kunschert und Thomas Pilz führen die Philosophie ihrer Eltern fort, das Unternehmen basierend auf bestimmten Werten zu führen. Der Slogan „Werte schaffen Zukunft“ ist Statement und Bekenntnis zugleich.
Rekordumsatz zum 75. Jubiläum
Erstmals in der Unternehmensgeschichte konnte Pilz 2022 die Umsatzmarke von 400Mio.€ überschreiten (403,3Mio.€). Mehr als drei Viertel des Umsatzes erwirtschaftet Pilz mittlerweile im Ausland (2022: 76%). Besonders stark war das Wachstum in Asien gewachsen, Deutschland ist aber nach wie vor der größte Markt. Das Wachstum im Heimatmarkt betrug knapp 16%, im restlichen Europa knapp 14%. Der gesamte europäische Markt macht damit rund zwei Drittel des Umsatzes aus. Nach Produktgruppen aufgeteilt, entfielen rund zwei Drittel des Umsatzes auf Steuerungs- und Antriebstechnik, 20% auf Sensorik und der Rest auf Dienstleistungen und weitere Produktgruppen. Die Zahl der Mitarbeiter stieg im vergangenen Jahr auf rund 2.400 (+3%), gut 1.000 davon sind in Deutschland beschäftigt. Das bestimmende Thema bleibt die Lieferfähigkeit – Pilz konnte 2022 nach eigenen Angaben aber fast alle Rückstände aufholen.