
Autofahrer, Smartphone-Nutzer und Gamer haben sich längst an neue Bedienkonzepte gewöhnt, für die der Begriff Mensch/Maschine-Schnittstelle fast deplatziert ist, weil es keine sichtbare Schnittstelle wie etwa einen Taster, eine Maus oder ein Touchscreen mehr gibt. Smartphone und Navigationssystem empfangen Befehle per Sprache. Bei Spielekonsolen wie etwa der MS Kinect hat sich die freie Gestik etabliert: Jede Bewegung des Spielers im Raum erkennt sie sensorisch und setzt diese in Befehle um.

Forschungsfeld Mensch/Technik-Interaktion
Warum gibt es solche neuen, intuitiven Arten der Bedienung – die sich noch um weitere Arten wie z.B. Blicksteuerung und Augmented Reality ergänzen ließen – noch nicht bei Maschinen und Anlagen? Oder, sachlicher gefragt, welche dieser Konzepte sind auf den Maschinenbau übertragbar? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Exzellenzcluster Citec an der Universität Bielefeld. Die Abkürzung steht für Cognitive Interaction Technology. Die Citec-Arbeitsgruppe Social Cognitive Systems erforscht kognitive Systeme in sozialer Interaktion und berücksichtigt dabei auch die unterschiedlichen Arten des Zusammenwirkens von Mensch und Technik. Mit diesem Forschungsschwerpunkt ist das Citec ein idealer Partner für das It’s-OWL-Querschnittsprojekt ‚Mensch/Maschine-Interaktion‘. Ziel dieses Projektes ist die Entwicklung innovativer Methoden und Verfahren für intuitive Bedienschnittstellen der Maschinen von morgen. Im Rahmen des Projektes hat das Citec u.a. ein multimodales Prototyping Tool entwickelt, das die Evaluierung verschiedener Bedienkonzepte erlaubt. Bei den Transferprojekten des Clusters kommt das Tool nun zur Anwendung und wird zugleich weiterentwickelt. Industriepartner eines kürzlich abgeschlossenen Transferprojektes zu Steuerungskonzepte für den Maschinenbau ist Battenfeld-Cincinnati. Dort entwickeln und fertigen rund 270 Mitarbeiter Extrusionsanlagen, die u.a. für die Produktion von Rohren und Tiefziehfolien aus Kunststoff zum Einsatz kommen.

Anforderungen an die Mensch/Maschine-Schnittstelle
Bei Extrusionsanlagen gilt es, eine Fülle von Parametern zu steuern und zu überwachen. Entsprechend komplex ist die Mensch/Maschine-Schnittstelle, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Bediener bei einigen Tätigkeiten Schutzhandschuhe trägt und auch Arbeiten ausführt, bei denen er sich weit von der Bedieneinheit entfernt. Bislang nutzte das Unternehmen eine grafische Nutzerschnittstelle für die Anlagensteuerung, die aufgrund der Komplexität der Prozesse und Maschinen eine Vielzahl von Auswahlmöglichkeiten und Menüs enthält.
Sprechen, wischen oder gestikulieren?
Im Transferprojekt ExtruFace untersuchte das Citec gemeinsam mit den Verantwortlichen von Battenfeld-Cincinnati, welche Bedienkonzepte sich für künftige Maschinengenerationen anbieten. Ziel war dabei u.a., eine verbesserte Benutzerführung zu erreichen und die kognitive Belastung der Nutzers dabei so gering wie möglich zu halten. Auf der Basis einer Anforderungsanalyse, zu der auch Interviews mit Maschinenanwendern gehörten, wurde für zwei Varianten – Touch und freie Gestik – eine Konzeption erstellt, die als Prototyp gebaut und anschließend evaluiert wurde. Eine Sprachsteuerung schied aus, weil es im Umfeld der Maschinen häufig zu laut ist.