Die Kilo Moana gehört der US Navy und wird vom Marine Center der Universität von Hawaii betrieben. Zu den wesentlichen Aufgaben des Schiffes zählt, im mittleren pazifischen Ozean in Tiefen von bis zu 5.000m die Leitfähigkeit, Temperatur und den gelösten Sauerstoff zu messen. Dabei wird eine etwa 900kg schwere, so genannte Conductivity/Temperature/Depth-Rosette (CTD) vom Deck des Schiffes ins Wasser abgesenkt. Zusätzlich zu den empfindlichen Druck- und Temperatursensoren enthält die Rosette unter anderem 24 Flaschen, die in unterschiedlichen Tiefen Wasserproben nehmen.
Im Jahr 2019 entschied sich das Marine Center, das CTD Launch and Recovery System (LARS) des Schiffs auf ein neues Design mit aktiver Seegangskompensation (AHC) umzurüsten. Dieses System erhält von der Bewegungsreferenzeinheit (MRU) des Schiffes Informationen über die Wellenbewegung. Um sie zu kompensieren, passt es die Windenmotoren an. Die präzisen, Hunderte Male pro Sekunde vorgenommenen Anpassungen der Windenspannung halten die Rosette in Bezug auf den Meeresboden stabil, während sich das Schiff auf und ab bewegt.
Kompensation des Seegangs
Für den Antrieb der Winde lieferte ABB einen Umrichter vom Typ ACS880 an das kanadische Unternehmen Hawboldt Industries, das sich auf Konstruktion und Herstellung von Deckausrüstung für Ozeanforschungsschiffe spezialisiert hat. Laut Hawboldt-Geschäftsführer Dylan Wells ist eine aktive Seegangskompensation für CTD-Operationen unverzichtbar, da sie die Spannungsspitzen der Kabel reduziert und es der Rosette ermöglicht, sicher und zuverlässig Proben zu nehmen. Besonders wichtig ist dies bei rauem Seegang, wenn die Wellen bis zu vier Meter hoch werden und es zu erheblichen Roll-, Stampf- und Hebungsbewegungen des Schiffes kommt.
Die AHC ermöglicht darüber hinaus einen schnelleren und stärker kontrollierten Einsatz, indem eine gleichmäßige Kabelspannung beibehalten wird und so ein Durchhängen des Kabels und Spannungsspitzen vermieden werden. Ein lockeres Kabel könnte hängenbleiben oder sich verknoten, was zu großen Schäden führen kann. „Der Windenantrieb ist ein integraler Bestandteil unserer Ausrüstung. Der Frequenzumrichter wird bereits mit Kompensationsfunktion geliefert, die als Firmware integriert ist“, betont Wells. „Daher mussten wir weder die Systemarchitektur ändern noch uns mit den Kosten und der Komplexität der Installation eines externen AHC-Steuerungssystems befassen. So mussten wir den Umrichter nur an die MRU anschließen und einschalten.“
Entnahmezeiten deutlich reduziert
Die Kilo Moana unternahm Anfang 2020 mit dem CTD-Kran und der Winde erfolgreiche Tests auf See. Sie bestätigten, dass die AHC-Funktion die Ruckbelastung des Windenseils durch schnelles Ansprechen und sanfte Übergänge reduzierte. Ein zusätzlicher Bonus ist, dass es den Wissenschaftlern gelang, Wasserproben in Tiefen von bis zu 5.000m präzise zu nehmen. Auch die Entnahmezeiten der Proben sind deutlich reduziert. Vom Einsatz bis zur Einholung wurden sie von 45 auf 30 Minuten verkürzt. Dadurch kann das Schiff bis zu fünf Entnahmen pro Tag durchführen. Mit dem neuen Hawboldt-System erreicht sie eine durchschnittliche Ausschüttungsgeschwindigkeit von 60m pro Minute – während die tatsächliche Kabelgeschwindigkeit an der Winde je nach Seegang zwischen 0 und 130m pro Minute variiert.
Die Kilo Moana verbringt zwischen 200 und 250 Tage auf See mit Einsätzen, die von wenigen Tagen bis zu einem Monat dauern können. Eine der regelmäßigen Missionen ist die „Hawaii Ocean Time Series“, bei der seit Oktober 1988 an einer Station nördlich von Oahu wiederholt Beobachtungen durchgeführt werden. Das Ziel ist es, den CO2-Gehalt des Meerwassers als Maß für das Fortschreiten des Klimawandels zu untersuchen.
„Die Entnahme von CTD-Proben ist eine wesentliche Aufgabe der Kilo Moana, die mit Kosten von etwa 50.000US$ pro Tag auf See verbunden ist. Wenn wir nicht arbeiten können, weil das Meer zu rau ist, sind das große finanzielle Einbußen“, erklärt Scott Ferguson, Director for Marine Technical Service der Universität von Hawaii. „Der Vorteil unseres neuen Krans mit AHC besteht darin, dass auch eine Probennahme bei 4m hohen Wellen sicher und präzise möglich ist.“