Das Roaming im Layer-2 Umfeld, auch Hand-Over genannt, beschreibt den Wechsel eines drahtlosen Teilnehmers (z.B. Voice-over-W-LAN-Telefon) von einer Funkzelle in eine andere. Die Funkzelle wird beim W-LAN über einen Access Point (AP) im Infrastrukturmodus realisiert, in der die W-LAN-Teilnehmer drahtlos untereinander und mit dem Ethernet-Netzwerk kommunizieren. Beim Funkzellenwechsel (Roaming-Vorgang) melden sich die W-LAN-Teilnehmer zunächst beim aktuellen Access Point ab, bevor sie sich beim neuen Access Point anmelden können. Der dadurch in Kauf genommene Kommunikationsausfall liegt im Bereich von mehreren Millisekunden bis zu einigen Sekunden. Das hängt von der Auslastung des Mediums Funk, der Leistungsfähigkeit der Hardware bis hin zu den Sicherheitseinstellungen (Security) der einzelnen Geräte ab. Optimierung gefordert: Roamingdauer verbessern Eine Roamingdauer, die nicht vorhersagbar ist, ist bei industriellen Anwendungen nicht brauchbar. Deshalb wurde hier Nachbesserung von der IEEE gefordert. Aber der Anstoß zur Optimierung kam nicht aus dem Industrieumfeld sondern wieder einmal aus dem Bürobereich. Mit der Ablösung großer DECT-Telefonanlagen durch IP-Telefonie (Voice-over-IP) durften die Unterbrechungszeiten 50ms nicht überschreiten, da sonst Telefongespräche nicht mehr zuverlässig durchzuführen sind. Da es absehbar war, dass nach Voice-over-IP aus Gründen des Komforts auch Voice-over-W-LAN kommen würde, hat die IEEE eine Arbeitsgruppe beauftragt, das Roaming zu verbessern. 802.11r definiert u.a. eine Vorauthentifizierung, bei der sich die Teilnehmer bereits vor Abmeldung des zu verlassenen Access Points beim neuen Access Point authentifizieren. Mit diesem Verfahren kann eine die Dauer des Roaming-Vorgangs auf 50ms reduziert werden. Der Dual Client: Seamless Roaming im W-LAN IEEE802.11r konnte vielen Kunden nur teilweise helfen, denn garantierte Roamingzeiten kleiner 50ms, wie sie beispielsweise bei sich schnell fortbewegenden öffentlichen Verkehrsmitteln gefordert werden, spezifiziert diese Erweiterung des Standards nicht. Dabei sind zuverlässige Funkzellenübergänge für die unterbrechungsfreie Übertragung von Videodaten aus Zügen oder zur Kontrolle fahrerloser Transportsysteme notwendig. Mit dem Dual-Client-Prinzip werden genau die Applikationen ins Visier genommen, deren Verfügbarkeit auch während des Roaming-Vorganges gegeben sein muss. Schnell- und Untergrundbahnen sowie Metros bewegen sich zügig auf vordefinierten Strecken fort und durchfahren auf ihrem Weg viele Funkzellen. Dabei kann es vorkommen, dass zum Roaming-Zeitpunkt der für den Teilnehmer als günstig erachtete Access Point bereits wieder aus dem Funkfeld des W-LAN-Teilnehmers verschwunden ist. Der Abbruch der Funkverbindung ist damit vorprogrammiert. Mit zwei Single Clients, die über Ethernet miteinander per Draht verbunden sind (Dual Client Prinzip) und die sich jeweils an den Enden des Zuges befinden, lässt sich dieses Dilemma beheben (Bild 1). Beide Single Clients sind an verschiedenen Access Points angebunden, aber nur einer (aktiver Client) tauscht Daten mit dem Ethernet-Backbone aus. Der zweite Client ist passiv und übernimmt nur dann die aktive Kommunikation, wenn der erste das Funkfeld verlässt. Das Umschalten zwischen den Single Clients erfolgt im einstelligen Millisekundenbereich. Deshalb spricht man auch von einem nahtlosen Funkzellenwechsel (seamless Roaming). Deterministik setzt schnelles Roaming voraus In vielen Fällen genügt ein seamless Roaming allein nicht, vielmehr wird gerade bei Anwendungen mit Anforderung an erhöhte Verfügbarkeit, wie es beispielsweise bei Applikationen mit Bedarf an funktionale Sicherheit (Not-Stopp-Funktionalität) gefordert wird, Deterministik vorausgesetzt. Um genau diese Bereiche mit einer zuverlässigen drahtlosen Technologie abzudecken, wurde der Standard IEEE802.11 um das industrial Point Coordination Verfahren (iPCF) modifiziert. Beim iPCF ist ein schnelles Roaming eng mit dem echtzeitfähigen Standard Point Coordination Function verzahnt. Die Access Points kennen alle W-LAN-Teilnehmer, die bereits angebunden sind und sich eventuell noch anmelden werden. Somit können sie die Kommunikation in ihren Funkzellen koordinieren. Jeder W-LAN-Teilnehmer bekommt eine individuelle Zeitscheibe in einem vorgegebenen Zeitraster zugewiesen, in der er Daten senden und empfangen kann. Damit ist die Zykluszeit berechenbar, nach der alle W-LAN-Teilnehmer abgefragt wurden. Beim Roamingvorgang erkennen die Access Points, dass sich ein ihm bereits bekannter W-LAN-Teilnehmer mit ihm verbindet und vergibt diesem sofort das Sende- und Empfangsrecht. Damit wird die Kommunikationsunterbrechung während des Funkzellenwechsels sehr gering, d.h. im Bereich von Millisekunden im kleinen zweistelligen Bereich, gehalten. Anwendung in der Automobilbranche Das iPCF-Verfahren hat sich vor allem in der Automobilbranche bewährt, in der Schraubersteuerungen über W-LAN angebunden sind. Führten früher Schleifleitungen und Schleppkabel häufig zu wartungsbedingtem Stillstand und hohen Wartungsfristen, können heute schnelle Taktraten bei geringer Ausfallrate erzielt werden (Bild 2). Mit der Erweiterung MC (Management Channel) lässt sich nun das bewährte iPCF-Verfahren noch flexibler verwenden. Konnten mit iPCF zunächst nur Applikationen auf vordefinierten Strecken, z.B. Einschienenhängebahnen, realisieren, ermöglicht iPCF-MC die drahtlose Kommunikation von mobilen Teilnehmern, die sich frei im Raum bewegen. Die W-LAN-Teilnehmer lassen sich hierbei während der Datenkommunikation nicht von \’Roaming-Lockversuchungen\‘, die beispielsweise durch benachbarte Access Points verursacht werden, verleiten. Erst nach Bedarf oder voreingestellter Zykluszeit entscheiden die W-LAN-Teilnehmer, ob ein Wechsel des Access Points sinnvoll ist. Damit lassen sich stabile Funkverbindungen umsetzen, die beim mobilen Not-Aus unabdingbar sind (Bild 3). Bei IEEE802.11 sind weitere Optimierungen zu erwarten Der vergangenes Jahr verabschiedete Standard IEEE802.11r zeigt, dass sich die Standardisierungsgremien, allen voran die IEEE und die Wireless Fidelity (Wi-Fi), durchaus bewusst sind, dass Anpassungen am W-LAN noch lange Zeit notwendig sind. In der Zwischenzeit müssen deshalb andere in das W-LAN integrierte Verfahren dafür sorgen, dass gerade auch industrielle Belange mit dieser Funktechnologie erfüllt werden können. Jahrelange Untersuchungen haben ergeben, dass es bis jetzt keine andere Funktechnologie gibt, die W-LAN in der Breite der Anwendungen ersetzen kann. Erweiterungen zum Standard IEEE802.11 wie sie beispielsweise von der Firma Siemens zur Verfügung gestellt werden, eröffnen dem Anwender die Möglichkeit, basierend auf ein standardisiertes Verfahren, Applikationen zuverlässig zu realisieren. Auch bei IEEE802.11n wird das schnelle Roaming nur mittels iPCF/iPCF MC möglich sein. Investionsschutz mit Industrial Wireless Communication
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