8m breit, 25m lang und ein sehr geringer Tiefgang – das sind die Rahmendaten des neuen Fahrgastschiffes für 250 Passagiere, das in diesem Jahr seinen Dienst auf dem Rursee in der Eifel antreten wird. Das Schiff hat einige Besonderheiten: So handelt es sich um einen Katamaran, der durch die Bauform sehr stabil im Wasser liegt und sich durch ein vergleichsweise geringes Gewicht auszeichnet. Speziell sind auch die Antriebe des Fahrgastschiffs, denn diese sind rein elektrisch. Dadurch ist das neue Fahrgastschiff leise und abgasfrei, was speziell in einem Naherholungsgebiet wie dem Rursee von großer Bedeutung ist.
Batterien im Doppelrumpf
Die Batterien für die Antriebe sind in den beiden Teilen des Doppelrumpfes untergebracht. Die Kapazität der Hochleistungsbatterien, die eine Spannung von 96V für die Elektromotoren liefern, ist auf den Fahrgastbetrieb auf dem Rursee ausgelegt. Eine Batterieladung ermöglicht einen Betrieb von etwa 10h, was für den typischen täglichen Fahrbetrieb auf jeden Fall ausreichend ist. Der Ladevorgang, der über Nacht erfolgt, braucht ebenfalls etwa 10h. Morgens steht das Schiff also wieder voll aufgeladen für die Gäste bereit. Die beiden Rümpfe des Katamarans sind in jeweils fünf Segmente unterteilt, die mit separaten Lenzpumpen ausgestattet sind. Über Sensoren in den einzelnen Segmenten wird der Wasserstand detektiert, um dann gegebenenfalls die Lenzpumpen zu aktivieren.
Moderne Steuerungsarchitektur
In der Elektrotechnik des neuen Elektrokatamarans kommen Steuerungen und Bediengeräte zum Einsatz, die in einer modernen Steuerungsarchitektur betrieben werden. Das System, mit dem u.a. die Batterien und die Lenzpumpen überwacht und gesteuert werden, hat das Duisburger Unternehmen Anleg GmbH realisiert. \“Ein möglicher Wassereinbruch, muss natürlich rechtzeitig erkannt werden\“, erklärt Wilfried Müller, der das Projekt bei Anleg betreut: \“Deswegen sind eine ständige Überwachung des Wasserstands in den Segmenten der Rümpfe und eine automatische Steuerung der Pumpen erforderlich.\“ In Binnenschiffen kommt häufig noch eine klassische Verkabelung der Steuerungsarchitektur zum Einsatz. Um die große Anzahl Kabel und die damit verbundene aufwendige Installation zu vermeiden, setzt man bei Anleg auf eine Steuerungsarchitektur, die auf CAN-Bus-Kommunikation beruht. Zum Einsatz kommt ein Steuerungs- und Bediengerät vom Typ MCQ6000 von Graf-Syteco. Über den CAN-Bus, der serienmäßig in den Geräten verfügbar ist, kommuniziert die Steuerung mit einem digitalen I/O-Modul vom Typ MCM250, das direkt an den CAN-Bus angeschlossen ist. Das I/O-Modul, das durch seine hohe Schutzart IP67 problemlos auch in rauer Umgebung einsetzbar ist, hat vier digitale Ein- und acht digitale Ausgänge. Die Eingänge werden in der Anwendung zum Anschluss der Wasserstandssensoren verwendet. Die Ausgänge können bei Bedarf die Lenzpumpen schalten. Die gesamte Kommunikation zwischen Steuerung und den I/O-Modulen geschieht über den CAN-Bus. \“Statt aufwändiger Verkabelung aller Sensoren und Lenzpumpen ist jetzt lediglich ein Buskabel notwendig\“, nennt W. Müller den Hauptvorteil dieser Steuerungsarchitektur. Über die Steuerung und die I/O-Module werden außerdem die Positionslichter am Schiff geschaltet. Die ordnungsgemäße Funktion der Positionslichter muss gemäß den Vorschriften ständig überwacht werden. Dies realisiert man bei Anleg über die Stromrücklesung der I/O-Module. \“Zusätzliche Hardware oder Installationen sind dadurch nicht notwendig\“, erklärt W. Müller. An das MCQ6000 lassen sich bis zu vier Videokameras anschließen, deren Bild auf dem 10,4\“ großen Display angezeigt werden kann. Auch diese Funktionalität kommt auf dem neuen Fahrgastschiff zum Einsatz.
Bedienung übers iPad
Neben der Bedienung und Visualisierung auf dem MCQ600, das auf der Brücke des Fahrgastschiffs installiert ist, lässt sich auch über ein iPad auf das System zugreifen. Dazu wird an die TCP/IP-Schnittstelle des MCQ6000 ein WLAN-Router angeschlossen über das das iPad angebunden wird. Über das iPad lassen sich dann alle Zustände des Systems an beliebiger Stelle auf dem Schiff visualisieren. Dabei entsprechen die Darstellungen auf dem mobilen Gerät stets denen auf dem fest installierten Bediengerät auf der Brücke. Auch ein Fernzugriff über einen Cloud-Service ist mit dieser Architektur möglich. Dazu wird über den WLAN-Router eine Mobilfunkverbindung zum Internet aufgebaut. Dies ist insbesondere während des Ladevorgangs der Batterien über Nacht wichtig. Sollte beim Ladevorgang einmal eine Fehlfunktion auftreten, kann das System eine Alarmierung über SMS oder E-Mail vornehmen. \“Diese Funktion stellt für den Betreiber einen großen Vorteil dar\“, sagt W. Müller, \“da er so auf einen Fehler beim Ladevorgang direkt reagieren kann.\“ Anderenfalls wäre das Fahrgastschiff am nächsten Tag im schlimmsten Fall nicht einsatzbereit.