Berechnungsverfahren für Anlagen bis 630A
Das einfachere Berechnungsverfahren ist für Schalt- und Steuerungsanlagen bis 630A, die in einem Schrankfeld untergebracht sind. Um dieses Verfahren anzuwenden, sind jedoch schon beim Engineering der Anlage einige Punkte zu beachten:
- Der Bemessungsstrom der Anlage InA darf 630A nicht übersteigen.
- Die Niederspannungsschaltgerätekombination darf nur in einem Schrank montiert werden.
- Die Schaltgeräte und sonstigen Verlustleistungserzeuger müssen gleichmäßig verteilt sein.
- Alle Betriebsmittel müssen so dimensioniert werden, dass sie durch den vorgesehenen Bemessungsstrom Inc des Stromkreises nur zu maximal 80% belastet werden. Die 80% beziehen sich dabei auf die Angaben des Gerätes für den konventionellen thermischen Strom frei in Luft Ith oder den Bemessungsstrom In.
- Alle mechanischen Einbauteile und Betriebsmittel dürfen die freie Luftkonvektion nicht wesentlich negativ beeinflussen.
- Stromführende Leiter für mehr als 200A müssen so verlegt sein, dass diese möglichst keine zusätzliche Erwärmung durch Wirbelströme und Hysterese-Verluste verursachen.
- Die verwendeten Leiter der Hauptstrombahnen müssen auf mindestens 125% des vorgesehenen Bemessungsstrom Inc des Stromkreises ausgelegt werden. Die Auswahl des Leiterquerschnittes erfolgt dabei in Übereinstimmung mit IEC60364-5-52. Die Dimensionierung von Sammelschienen kann entweder durch Anlehnung an eine geprüfte Ausführung erfolgen oder ist gemäß Anhang N der DIN EN61439-1 auszuwählen. Gibt der Gerätehersteller größere Querschnitte für den Anschluss seines Gerätes vor, so sind diese anzuwenden.
Wenn diese Punkte beim Engineering und der Fertigung beachtet wurden, kann das Berechnungsverfahren verwendet werden. Es sind die Verlustleistungen aller verwendeten Geräte, die Verlustleistungen der Sammelschiene einschließlich aller Adapter und die Verlustleistungen der Leitungen der Hauptstromleiter der Stromkreise bis zur Klemme zu addieren. Eine hilfreiche Unterstützung leistet dabei die Software Power Engineering, die zur Ermittlung der Verlustleistung einige Berechnungsmöglichkeiten bietet. Danach ist von der ermittelten Verlustleistung, die Wärmeabgabe des Gehäuses und die Wärmeabgabe eines eventuell installierten Klimatisierungsgerätes abzuziehen. Mit der verbleibenden Verlustleistung wird dann die Temperaturerhöhung im Gehäuse berechnet und nachgewiesen, dass keines der verwendeten Betriebsmittel durch die Temperaturerhöhung oberhalb der zulässigen Maximaltemperatur betrieben wird. Damit ist der Nachweis erbracht. Um die Berechnung zu vereinfachen, gibt es ein entsprechendes Software-Tool. Mit RiTherm lässt sich das passende Gerät zur Schaltschrankkühlung ermitteln und die Temperaturerhöhung im Schaltschrankinneren berechnen.
Berechnungsverfahren für Anlagen bis 1.600A
Das etwas aufwändigere Berechnungsverfahren ist für Schalt- und Steuerungsanlagen bis 1.600A. Hierbei dürfen jedoch auch mehrere angereihte Schaltschrankfelder angewendet sein. Auch um dieses Verfahren anzuwenden sind jedoch schon beim Engineering der Anlage einige Punkte zu beachten:
- Der Bemessungsstrom der Anlage InA darf 1.600A nicht übersteigen.
- Alle Betriebsmittel müssen so dimensioniert werden, dass sie durch den vorgesehenen Bemessungsstrom Inc des Stromkreises nur zu max. 80% belastet werden. Die 80% beziehen sich dabei auf die Angaben des Gerätes für den konventionellen thermischen Strom frei in Luft Ith oder den Bemessungsstrom In.
- Wird eine natürliche Belüftung vorgesehen, soll die Fläche der Luftaustrittsöffnung mindestens das 1,1-Fache der Lufteintrittsöffnung betragen.
- Die Schaltschrankfelder haben nicht mehr als drei horizontale Unterteilungen oder Trennplatten.
Besitzt die Niederspannungsschaltgerätekombination Abteile oder Compartments und soll mit natürlicher Belüftung gekühlt werden, so muss jede horizontale Unterteilung mindestens 50% des Querschnitts der Grundfläche des Compartments betragen. Die Berechnung der Verlustleistung verläuft analog zu der zuvor beschriebenen Vorgehensweise für Anlagen bis 630A. Schließlich muss die Temperaturerhöhung im Gehäuse mit dem Berechnungsverfahren nach IEC60890 berechnet und nachgewiesen werden, sodass keines der verwendeten Betriebsmittel durch die Temperaturerhöhung oberhalb der zulässigen Maximaltemperatur betrieben wird. Der Unterschied in der Berechnung ist, dass in Abhängigkeit verschiedener Gehäuseparameter eine genauere Betrachtung in verschiedenen Zonen der Schalt- oder Steuerungsanlage ausgeführt wird und verschiedene Temperaturwerte ermittelt werden. Mit der Ausführung dieses Verfahrens ist auch dieser Nachweis erbracht. Dafür hat Rittal ein Tool, das die Berechnung vereinfacht. Ein automatisiertes Formblatt, das über die Firmenwebsite bezogen werden kann, vereinfacht die Nachweiserstellung.
Der vollständige Nachweis
Der vollständige Nachweis besteht aus einem Anlagendeckblatt, dem Bauartnachweis und dem Stücknachweis. Das Anlagendeckblatt beinhaltet die Bemessungsdaten und Einsatzbedingungen der jeweiligen Schalt- und Steuerungsanlage. Der Bauartnachweis sollte zu jedem Einzelnachweis, die gewählte Nachweismethode, dass Nachweiskriterium und die Prüfberichtsnummer oder die Nummer eines anderen Berichtes oder der Berechnung beinhalten. Dieses Dokument ist mit dem Stücknachweis und der übrigen Dokumentation zu übergeben. Eine Weitergabe der ausführlichen Prüfberichte oder Berechnungen ist nicht erforderlich und kann nur durch eine Aufsichtsbehörde eingesehen werden. Alle Unterlagen sind mindestens zehn Jahre nach dem Inverkehrbringen der Schalt- oder Steuerungsanlage aufzubewahren.