Routine mit industrietauglichen Komponenten: Anforderungen an Industrial Ethernet mit 10GBit/s

10GBit-Ethernet kann bereits heute über Channel der Klasse EA mit Cat6A-Komponenten industriegerecht übertragen werden. Zusammen mit durchdachten industrietauglichen Komponenten werden Planung und Installation so zur Routine. Der folgende Beitrag beschreibt, was bei Steckverbindern dabei zu berücksichtigen ist.

Zur Kommunikation der Teilnehmer untereinander nutzen Maschinen und Anlagen meist Ethernet mit 100MBit/s. Kameras zur Qualitätsinspektion, Server zur Dokumentation von Qualitätsdaten sowie Scanner zur Identifizierung von Bauteilen wollen mehr. Außerdem ist oft eine Kommunikation mit der Fabriksteuerung gewünscht. Datenübertragungs-Raten von 1GBit/s sind heute Standard, und bis hin zu 10GBit/s ist der Weg nicht mehr weit (Bild 1). Gängige Feldbus-Systeme und generische Verkabelung führen hier nicht weiter – benötigt wird eine neue Ebene zwischen den Netzwerken. Für automatisierungstechnische Aufgaben unterliegt dieses Netzwerk den gleichen schwierigen Umgebungsbedingungen wie die Feldbus-Kommunikation. Die Komponenten müssen den mechanischen Einflüssen sowie der hohen elektromagnetischen Belastung gewachsen sein. Nur für diesen Einsatzbereich konzipierte Produkte übertragen Daten zuverlässig. Auf die optimale Schirmung der Komponenten kommt es an Die Spannungsunterschiede zwischen den Signalen sind bei 1GBit- und 10GBit-Ethernet gemäß IEEE802.3 minimal, und geringe Störungen können den Informationsgehalt reduzieren (Bild 2). Die IEEE geht von Störungen aus, die für das Büroumfeld gelten. Störungen im Industrieumfeld sind meist extremer; hier sind entsprechende Schutzmaßnahmen gefordert. Umso wichtiger sind geschirmte Komponenten, die dem Standard Cat6A entsprechen. Maßstab für die Schirmqualität ist die Kopplungsdämpfung, die einen Wert von 80dB erreichen sollte. Hierdurch wird auch die Trennklasse d nach EN50174-2 erreicht, sodass Kommunikations-Leitungen fast ohne Abstand zu Leistungsleitungen verlegt werden können. Bei der generischen Verkabelung mit ihrer Referenz-Implementation wird die Channel-Länge von 100m mit einem starren System von Horizontal- und Patch-Leitungen erreicht. Im Industriebereich werden für verschiedene Teilstrecken Leitungen von unterschiedlicher Qualität und mit unterschiedlichen Querschnitten eingesetzt. Das Modell der Referenz-Implementierung reicht hier nicht aus. Mithilfe eines Formelwerks muss überprüft werden, ob die Übertragungsstrecke die für den Channel geforderten Werte einhält. Diese Methode ist aufwendig und unflexibel. Möchte man darauf verzichten, muss man im gesamten Channel eine Horizontal-Leitung mit AWG 24 verlegen. Diese Betrachtungen gelten für 20°C. Höhere Temperaturen – wie sie für den Industriebereich typisch sind – können rechnerisch ebenfalls berücksichtigt werden. So kann ein Channel aus mehreren Teilabschnitten mit unterschiedlichen Temperatur-Profilen berechnet werden. Auch hier erübrigt sich die Berechnung, wenn durchgängig mit einem Querschnitt von AWG 22 gearbeitet wird. Hochwertige Beschaltung mit Schnellanschluss-Technik Genau so wichtig wie die Leitungen sind die Steckverbinder. Für Leitungen mit dem Querschnitt AWG 24 oder AWG 22 sind spezielle Ausführungen erforderlich. In der Industrie werden Leitungen meist als Meterware verlegt. Dann müssen die Steckverbinder einfach und ohne Spezialwerkzeug angeschlossen werden können. Außerdem müssen sie eine durchdachte Leiterführung beinhalten, die automatisch die Datenübertragungs-Qualität einhält. Die Schnellanschluss-Techniken Quickon und Piercecon von Phoenix Contact ermöglichen die Beschaltung gemäß den Anforderungen Cat6A. Die industriell übliche Konfektionierung von Steckverbindern im Feld ist also auch für 10GBit-Ethernet möglich. Das ist ein entscheidender Vorteil, denn ein Umdenken in Planung und Installation wird vermieden. Steckverbinder-Klassen lassen sich grob nach ihrem Einsatz im Schaltschrank oder im Feld einteilen. Im ersten Fall kann das gewohnte RJ45-Steckgesicht bis hin zu Cat6A verwendet werden. Eine besonders gute allseitige Abschirmung ist notwendig, um die EMV-Einflüsse benachbarter Geräte wie Frequenz-Umrichter zu minimieren. Damit Gase nicht zur Korrosion an den Kontakten führen, sind hochwertige Oberflächen vonnöten. Sie verhindern Korrosionen und damit einen schleichenden Alterungsprozess, der über höhere Übergangswiderstände zu einem Ausfall der Verbindung führen kann. Gängige Patch-Leitungen aus dem Büroumfeld erfüllen langfristig nicht die Zuverlässigkeits-Anforderungen im industriellen Einsatz. Unterschiedliche Normen: Cat6A ist nicht gleich Cat6A Zur Umsetzung von Channel für 10GBit-Ethernet existieren unterschiedliche Normen. In der amerikanischen Norm TIA 568B (Telecommunications Industry Association) wird ein Channel der Klasse Cat6A beschrieben, der mit Komponenten der Kategorie Cat6A erreicht wird. Kabel-Aufbauten nach Cat6 sollten möglichst weiterverwendet werden. Da Cat6 nur bis 250MHz definiert ist, ist im Frequenz-Bereich von 250 bis 500MHz nur eine reduzierte übertragungstechnische Qualität definiert (Bild 3). Die fehlerhafte Interpretation eines Signals ist viel häufiger, wodurch eine Wiederholung des Ethernet-Pakets nötig ist. Bei Büro-Anwendungen ist das tolerierbar, denn es bewirkt lediglich eine langsamere Datenübertragung. Im Industriebereich mit seinen Echtzeitanforderungen kann dies nicht akzeptiert werden. Jedes Signal muss zuverlässig übertragen werden, um Paket-Wiederholungen zu vermeiden. Von daher ist die Auslegung eines Channels nach dem Standard TIA568B für den Industriebereich nicht ausreichend. Die Norm ISO/IEC TR24750 legt dar, wie ein vorhandenes Netzwerk für 10GBit-Ethernet qualifiziert werden kann. Anwendbar ist dieser Standard für existierende Verkabelungsstrecken, für die so messtechnisch nachgewiesen wird, dass er für die 10GBit-Ethernet-Übertragung geeignet ist. Mit guten Cat6-Komponenten, sorgfältiger Verlegung und kurzen Channel-Längen kann dies zutreffen. Die Auslegung von neuen Channel-Typen ist aber nicht möglich. Einige am Markt erhältliche Komponenten mit Attributen wie \’für 10GBit Ethernet geeignet\‘ beziehen sich auf diesen Standard – sind aber keine Cat6A-Komponenten. Als weiterer Standard kommt die ISO/IEC11801 in Betracht. Im Amendment 1 werden die Anforderungen an einen Channel definiert. Die Class EA ist für 1 bis 500MHz ohne Reduzierung der Qualität spezifiziert (Bild 4). Das Risiko der fehlerhaften Übertragung eines hochfrequenten Signals und daraus resultierender Paket-Wiederholung des Ethernet-Frames wird so vermieden. Auch Echtzeit-Systeme sowie Systeme mit hohem Datendurchsatz können zuverlässig gestaltet werden. Amendment 2 beschreibt Anforderungen an Cat6A-Komponenten, die im Channel der Klasse EA eingesetzt werden. Die geplante Auslegung eines neuen Channel – ohne das Risiko einer gestörten Datenübertragung – ist nur mit Cat6A-Komponenten möglich. Nur dieser Channel ermöglicht eine zuverlässige Datenübertragung im Industriebereich mit seinen mannigfaltigen Störquellen – dafür steht das tiefgestellte A. Cat6A ist mit M12-Steckern und RJ45 bereits möglich Für den Einsatz im Feld haben sich RJ45-Steckverbinder mit einem speziellen Schutzgehäuse sowie M12-Steckverbinder am Markt etabliert. Auch hier ist – mit den neuen M12-Steckern gemäß IEC61076-2-109 der International Electrotechnical Commission wie mit RJ45-Steckern – Cat6A bereits möglich. Anspruchsvolle Aufgaben, die den erweiterten Einsatz von Automatisierungs-Technik erfordern, können bereits heute auf zukunftssichere Verkabelungs-Lösungen zurück greifen. 10GBit-Ethernet kann über Channel der Klasse EA mit Cat6A-Komponenten industriegerecht übertragen werden. Zusammen mit durchdachten industrietauglichen Komponenten werden Planung und Installation so zur Routine. Kasten 1: Verkabelungsnormen Die passive Infrastruktur von Feldbus-Systemen ist in der Norm IEC61918 beschrieben. Die spezifischen Aspekte der einzelnen Feldbus-Systeme werden darüber hinaus in der Normenreihe IEC61784-5-x dokumentiert. Hierbei steht das \’x\‘ für ein spezifisches Feldbus-System. So ist beispielsweise die passive Netzwerk-Infrastruktur für Interbus in der IEC61784-5-6 dokumentiert. Die kommunikationstechnische Infrastruktur von Gebäuden – mit ihren Anwendungen ISDN-Telefonie und Ethernet – basiert auf der generischen Verkabelung. Struktur und Qualität der Komponenten werden in der Norm ISO/IEC11801 beschrieben. Für Industriegebäude wurde ergänzend die Norm ISO/IEC24702 entwickelt, in der die spezifischen Bedingungen im Industriebereich, wie z.B. Temperatur- und Umwelt-Einflüsse, betrachtet werden. Kasten 2: Cat, Channel und Class Die Normen ISO/IEC11801 und 24702 verstehen den Channel als die gesamte Verkabelungs-Strecke zwischen zwei aktiven Geräten. Die verschiedenen Qualitätsstufen werden mit Class und die zugehörige Komponenten-Qualitäten mit Cat bezeichnet. Die Tabelle zeigt diese Zusammenhänge und die damit maximal möglichen Ethernet-Varianten.

Phoenix Contact Deutschland GmbH
http://www.phoenixcontact.de

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