Regelung hydraulischer Antriebe

Im Wettbewerb um die \'beste\' Antriebslösung haben die Systeme alle ihre Vor- und Nachteile. Das sollte man nutzen. B&R hat das erkannt und setzt mit seinem MotionControl-System auf die Integration von verschiedenen Antriebsarten in einem System. Wir zeigen, wie\'s funktioniert und welche Vorteile der Anwender daraus zieht.

Hydrostatische Antriebe zeichnen sich im Vergleich zu elektrischen Antrieben durch viele Vorteile aus. Dazu zählen hohe Kraft- und Leistungsdichte, hohe Robustheit, Zuverlässigkeit, hohe Flexibilität bei der räumlichen Gestaltung sowie Verfügbarkeit von einfachen und kostengünstigen Aktoren für lineare Bewegungen (Hydraulikzylinder). Aufgrund dieser Eigenschaften werden hydrostatische Antriebe für Anwendungen eingesetz, in denen hohe Kräfte oder eine hohe Dynamik der Bewegungserzeugung im Hochleistungsbereich erforderlich sind, sowie bei räumlich beengten Verhältnissen. Die wichtigsten Nachteile der Hydraulik sind sicherlich Leckageproblematik, Lärmprobleme sowie ein vergleichsweise schlechter Wirkungsgrad. Einige typische Einsatzgebiete und Maschinentypen sind u.a.: – Werkzeugmaschinen (Pressen, Biegemaschinen, Scheren usw.) – Plastikindustrie (Spritzgießmaschinen, Blasformmaschinen usw.) – Stahlindustrie (Stranggießanlagen, Walzwerke usw.) – Forst- und Bergbaumaschinen – Kraftwerkstechnik – Papiermaschinen – Gummiverarbeitung Diese kurze Aufzählung zeigt bereits die universelle Einsetzbarkeit und Verbreitung von hydraulischen Antrieben in der industriellen Technik. Durchgängige Lösung für Motion Control In einer Vielzahl von Maschinen und Anlagen ist es notwendig, verschiedene Arten von Antrieben zueinander koordiniert zu fahren. B&R bietet ein Konzept, das die präzise Koordination von Antrieben beliebigen Typs (Synchron- und Asynchronmaschinen, elektrische Linearantriebe, hydraulische Achsen, Schrittmotoren usw.) über Kurvenscheibenkopplungen oder ein Soft-CNC-System unterstützt. Die Automatisierungslösung für hydraulische Antriebstechnik von B&R basiert auf dem Standard- Produktportfolio und verwendet keine spezielle Hardware. Vielmehr ist sie als leistungsfähige Software-Bibliothek gemeinsam mit dem Rest der Maschinenautomatisierung auf einer Vielzahl von B&R-Zielsystemen (X20 CPU, APC, Power Panel usw.) lauffähig. Dadurch kann für jede Anwendung eine maßgeschneiderte und kostenoptimale Kombination aus CPU und I/Os für Sensoranbindungen und Ansteuerung der Stellelemente konzipiert werden. Die erforderliche Rechenleistung ist dabei durch die zu realisierende Zykluszeit und die Anzahl der Hydraulikachsen bestimmt. So können beispielsweise mit einer X20-CP1485 rund 16 hydraulische Achsen mit einer Zykluszeit von 800µs betrieben werden, wobei noch ausreichend Rechenzeit für andere Aufgaben (Ablauflogik, Kommunikation usw.) zur Verfügung steht. Für höhere Anforderungen stehen die X20CP1486 sowie der APC620 mit einer breiten Palette leistungsfähiger Prozessoren zur Verfügung. Die wesentlichsten Vorteile dieses Zugangs im Vergleich zu einer Lösung mit spezieller Hydraulikregler-Hardware sind: – Flexibilität durch modulare Hard- ware-Konfiguration mit Lösungen in IP20 und IP67 – Kein zusätzliches Engineering-Werkzeug muss verwendet werden – Kommunikation mit Hydraulikreg- ler-Hardware muss nicht program- miert oder parametriert werden – Vollständige Integration in Automation Studio mit leistungsfähigen Diagnosewerkzeugen – Kosteneinsparung Performance-Kriterien Wie schnell und wie genau mit einem hydraulischen Antrieb positioniert werden kann, hängt grundsätzlich von folgenden Faktoren ab: – Eigenfrequenz des Antriebs – Ventileigenschaften – Leistungsfähigkeit des Automati- sierungssystems Die Eigenfrequenz des Antriebs ist dabei durch die Zylindergeometrie und von den Ölvolumina in den Zuleitungen zum Ventil bestimmt. Die entscheidenden Ventileigenschaften sind Schnelligkeit sowie Druck- und Volumenstromverstärkung und damit eine Kostenfrage. Die Leistungsfähigkeit des Automatisierungssystems wird einerseits durch die Latenzzeit (Totzeit) im Regelkreis und andererseits durch die Regelungsalgorithmen (Software-Intelligenz) bestimmt. Ist die Latenzzeit klein, so kann die Kreisverstärkung groß gewählt werden. Mit Automatisierungssystemen von B&R können Zykluszeiten bis in den Bereich von 200µs und damit Latenzzeiten, die weit unter denen von herkömmlichen Hydraulikreglern liegen, realisiert werden. Dies garantiert steife, hochpräzise Regelkreise. Spezielle Regelungsalgorithmen Ein hydraulischer Linearantrieb mit einem Servoventil als Stellglied weist u.a. folgende Nichtlinearitäten auf: – Richtungsabhängige Streckenver- stärkung bei Verwendung von Dif- ferenzialzylindern – Streckenverstärkung hängt von den aktuellen Druckdifferenzen am Ventil ab – Nichtlinearitäten in der Ventikennli- nie (Überdeckung, Nullpunktfehler, variable Steigung usw.) – Hoher Haftreibungsanteil – Eigenfrequenz des Antriebs hängt von der Antriebsposition ab – Dämpfung ist aufgrund der Ölviskosität stark temperaturabhängig Betrachtet man z.B. eine Positionsregelung unter Vernachlässigung der Ventildynamik, so setzt sich die Übertragungsfunktion der Strecke (mit Stellgröße Ventilposition) des um einen Arbeitspunkt linearisierten Systems aus einem schwingungsfähigen Verzögerungsglied 2. Ordnung und einem Integrator zusammen. Durch oben beschriebene Nichtlinearitäten sind die Parameter in der Übertragungsfunktion (Verstärkung, Eigenfrequenz und Dämpfung) nicht konstant, sondern hängen vom Arbeitspunkt ab. Würde man nun einen konventionellen linearen Regler mit konstanten Parametern z.B. aus der PID-Familie verwenden, so würde die Dynamik des geschlossenen Regelkreises ebenfalls vom aktuellen Arbeitspunkt abhängen. Die negativen Konsequenzen daraus sind, dass dieser Regler einerseits für gewisse Arbeitspunkte des Antriebs gut funktioniert und andererseits für gewisse andere Arbeitspunkte zu stark überschwingt oder zu wenig Verstärkung aufweist und damit einen zu hohen Schleppfehler generiert. Mit diesem konventionellen Zugang wird Dynamik und Präzision verschenkt. Die speziell adaptierten Algorithmen in der Software-Bibliothek für hydraulische Antriebsregelung von B&R kompensieren die entscheidenden nichtlinearen Eigenschaften der Strecke. Ein Reglerparametersatz liefert daher optimale Ergebnisse für alle Arbeitspunkte des Antriebs. Das bringt Performance und spart Zeit bei der Inbetriebnahme. B&R-Software-Bibliothek In den leistungsfähigen Funktionsbausteinen der B&R-Software-Bibliothek sind folgende Betriebsarten und Funktionalitäten implementiert: – Positions- und Geschwindigkeits- regelung – Druck- und Kraftregelung – Umschalten der Betriebsarten in Echtzeit (ablösende Regelung) – Gleichlaufregelung nach dem Master-Slave-Prinzip – Nichtlineare Kompensationen – Abschaltbarer I-Anteil für exaktes Positionieren (Verhinderung von Grenzzyklen durch Stick-Slip-Effekte) – Geschwindigkeitsvorsteuerung zur Verringerung von Schleppfehlern – Rückführung von schnellen Druck- oder Kraftsignalen zur Dynamikverbesserung (Zustandsregler) Fazit Die Konzeption dieser Lösung bietet vielfältige Vorteile für Kunden. So wird die Produktqualität und Maschinenproduktivität durch hochperformante und präzise hydraulische Regelungen deutlich erhöht. Zudem ermöglicht sie eine optimale Anpassung der Hardware-Konfiguration an die Maschine. Die frei programmierbare Reglerstruktur ermöglicht eine genaue Anpassung an die Applikationsbedingungen, und eine leistungsfähige Diagnose erleichtert Inbetriebnahme, Wartung und Service durch die vollständige Integration in Automation Studio. Zudem sind durch die Bündelung von Software-Modulen (Ablaufsteuerung, Regelkreise, Visualisierung usw.) auf einem Prozessor deutliche Kosteneinsparungen erzielbar.

B&R Industrial Automation GmbH
http://www.br-automation.com

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