Erhöhte Anlaufströme bei IE3-Motoren
Ob Direktstart, Stern-Dreieck-Starter oder Softstarter – alle drei Motorstartvarianten zielen darauf ab, die hohen Anlauf- und Stoßströme der Drehstrommotoren mit ihren störenden Spannungseinbrüchen im Netz und starken Stoßmomenten in der Mechanik sicher zu handhaben. Der Direktstart ist am besten für Antriebe an starken Netzen geeignet, die hohe Anlaufströme zulassen und wo die Applikation ein hohes Anlaufmoment verträgt. Die Stern-Dreieck-Schaltung eignet sich aufgrund eines reduzierten Anzugsmoments für Antriebe mit kleinem oder erst mit der Drehzahl steigendem Lastmoment wie bei Pumpen und Lüftern. Sie wird auch dort eingesetzt, wo der Antrieb erst nach dem Hochlauf belastet wird, beispielsweise bei Pressen und Zentrifugen. Der Softstarter erlaubt ebenfalls nur einen Anlauf mit reduziertem Moment, bietet jedoch gegenüber der Stern-Dreieck-Schaltung den Vorteil einer stufenlosen Spannungsanpassung, sodass der bei Stern-Dreieck übliche Umschaltstoß in Strom und Drehmoment entfällt. Um die Energieeffizienz von Elektromotoren auf das Niveau der Wirkungsgradklasse IE3 zu heben, mussten die Motorenhersteller einige konstruktive Veränderungen vornehmen. Viele dieser Maßnahmen beeinflussen die elektrischen Eigenschaften des Motors. So reduzieren z.B. dickere Wicklungsdrähte im Stator sowie dickere Rotorstäbe und Kurzschlussringe den ohmschen Widerstand; eine verbesserte Blechschnittgeometrie senkt die magnetischen Streuverluste; hochwertigeres Blechmaterial reduziert Hysterese-Verluste. Insgesamt haben hocheffiziente Motoren damit weniger ohmschen Widerstand und infolgedessen steigen auch die Einschalt-ströme. Das heißt, dass sich gleichzeitig die Anforderungen an die Schaltgerätetechnik wie Schütze und Motorschutzschalter ändern.
Normanpassung der Anlauffaktoren erforderlich
Als Experte für das sichere Schalten, Schützen und Antreiben von Motoren hat Eaton diesen Aspekt genauer unter die Lupe genommen. Es wurden verschiedene Motoren etablierter Hersteller analysiert und das Verhalten der Motoren im Zusammenspiel mit Schützen und Motorstartern in entsprechenden Praxistests untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die in der EN60947-4-1 derzeit spezifizierten Grenzwerte für Schütze und Motorstarter im Zusammenspiel mit den neuen IE3-Motoren vielfach nicht ausreichen. Das bedeutet: Das Schutzelement löst unter Umständen bereits während des standardmäßigen Motoranlaufs aus, auch wenn kein Fehler oder Kurzschluss vorliegt. Um dies zu vermeiden, sollten die Anlauffaktoren (Anlaufspitzenstrom zu Betriebsstrom) nicht mehr nur wie derzeit vorgeschrieben einen Faktor acht abdecken können, sondern erfordern mindestens einen Faktor zehn. Zudem ist es ratsam, die Fertigungstoleranzen der Motoren mit ins Kalkül zu ziehen. Um hier auf der sicheren Seite zu sein, setzt Eaton für seine Produkte einen Faktor 12 bis 14 an.
Schalt- und Schutzgeräte sind bereit für IE3
Bei der Wahl entsprechender Motorschutztechnik ist es folglich ratsam, darauf zu achten, dass die Schaltgeräte sich auch für hocheffiziente Motoren eignen. Eaton hat zum einen seine Serie an DIL-Leistungsschützen für Direktanlauf in öffentlichen und nichtöffentlichen Netzen sowie für Stern-Dreieck-Anlauf und im Zusammenwirken mit Softstartern wie dem DS7 oder Frequenzumrichtern der PowerXL-Baureihe auf IE3-Tauglichkeit überprüft und angepasst. Zum anderen wurden die Ansprechgrenzen des Kurzschlussauslösers in den Motorschutzschaltern PKZ und PKE entsprechend erhöht. An einem Normenentwurf zur Aktualisierung der EN60947-4-1 für IE3-Motoren wird derzeit gearbeitet.