Mit Stichtag 1. Januar 2015 steigt der Druck auf die Industrie, energieeffizientere Antriebslösungen einzusetzen. Ab diesem Termin müssen erstmalig in den Verkehr gebrachte Motoren mit einer Nennausgangsleistung von 7,5 bis 375kW entweder mindestens die Wirkungsgradklasse IE3 erreichen oder der Wirkungsgradklasse IE2 entsprechen, dürfen dann aber nur mit einer elektronischen Drehzahlregelung betrieben werden. Nach zwei Jahren gilt diese Regelung auch für kleinere Antriebe mit Leistungen ab 0,75kW. So schreibt es die EU-Verordnung EC640/2009 vor. Bisher gab es vor allem zwei Methoden, um elektrische Antriebe effizient zu schützen und zu schalten: Motorstarter oder Frequenzumrichter. Beide haben ihre Vorzüge und Herausforderungen.
Motorstarter oder Umrichter
Auf der einen Seite stellt der Motorstarter eine kostengünstige Lösung mit einfacher Handhabung und hoher Zuverlässigkeit, aber nur begrenzter Funktionalität dar. Auf der anderen Seite bietet der Frequenzumrichter die Möglichkeit der variablen Drehzahlregelung und viel Funktionalität, geht jedoch mit hoher Komplexität einher – und erfordert daher in der Regel sowohl eine höhere Investition als auch fundierte Kenntnisse des Anwenders in der Antriebstechnik. Welche Lösung die richtige ist, lässt sich nur für jeden Anwendungsfall und unter Berücksichtigung des gesamten Systems individuell entscheiden. Dabei sollten verschiedene Aspekte und Neuerungen berücksichtigt werden. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass der Motorstarter auch in Zukunft die beste und energieeffizienteste Lösung für Anwendungen mit fester Drehzahl oder geringen Schalthäufigkeiten darstellt. Bei Applikationen mit variabler Drehzahl oder sich stark verändernder Last sind jedoch Frequenzumrichter gefragt. Allerdings gehen diese für viele Bediener mit großen Herausforderungen einher, denn die Komplexität der Geräte ist hoch und erfordert in der Regel ein spezielles Know-how in Sachen Antriebstechnik. Um die Lücke zwischen Motorstarter und Frequenzumrichter zu schließen, hat das Unternehmen Eaton eine neue Geräteklasse entwickelt, die Vorteile des Motorstarters mit denen des Frequenzumrichters vereint.
Drehzahlstarter vereint die Vorteile aus zwei Welten
Der sogenannte Drehzahlstarter (Variable Speed Starter VSS) lässt sich so einfach handhaben wie ein Motorstarter, bietet aber gleichzeitig die Möglichkeit der variablen Drehzahlregelung. Die neue Geräteklasse wird zur diesjährigen SPS IPC Drives unter dem Produktnamen PowerXL-DE1 am Markt eingeführt. Der Charme der auf den ersten Blick schlichten Geräte liegt darin, dass es keine Knöpfe und Bedienelemente gibt. Damit wird eine simple Out-of-the-Box-Inbetriebnahme möglich, das bedeutet, der Installateur nimmt das Gerät aus dem Karton und verdrahtet es wie einen Motorstarter – schon ist es betriebsbereit. Im Praxisvergleich mit konventionellen Lösungen führte dies zu einer Reduzierung der Inbetriebnahmezeit um bis zu 80%. Neben der einfachen Handhabbarkeit hat Eaton auch den Aspekt der Zuverlässigkeit integriert. Das Trip-Free-Designkonzept bietet ausgezeichnete Verfügbarkeit und beinhaltet die Fähigkeit der DE1-Geräte, eine generatorische Energierückspeisung von Seiten des Motors zu erkennen und daraufhin die Rampe automatisch zu verlängern. Es umfasst zudem eine DC-Bremsfunktion und zur Vermeidung einer Überschreitung der kritischen Gerätetemperatur die Funktion der automatischen Reduzierung der Schaltfrequenz.
Parameter per Schraubendreher einstellen
Aber in den Drehzahlstartern steckt deutlich mehr Potenzial, als auf den ersten Blick ersichtlich. Über ein aufsteckbares, universell verwendbares Konfigurationsmodul kann der Bediener mit dem Schraubendreher die wichtigsten Parameter gegenüber der Werkseinstellung individuell verändern – ohne dass Tastatur, Software oder Handbuch notwendig wären. So lassen sich Rampenzeiten, Motorschutz, Netzfrequenz und Klemmenkonfiguration bedienerfreundlich anpassen. Einmal über die frontseitigen Bedienelemente eingestellt, ermöglicht das Konfigurationsmodul die mechanische Speicherung dieses Parametersatzes, der sich dann direkt auf weitere Drehzahlstarter übertragen lässt – einfach durch Aufstecken auf das DE1-Gerät und Drücken der Set-Taste. In der Serienproduktion oder beim Austausch im Fehlerfall erleichtert und beschleunigt diese Funktionalität die Inbetriebnahme. Des Weiteren kann der Anwender die neuen Geräte ebenso wie die Frequenzumrichter von Eaton über die Software drivesConnect parametrieren sowie den Bluetooth-Kommunikations-Stick für das einfache Kopieren der Parameter von einem Gerät auf weitere nutzen. Der Drehzahlstarter DE1 verfügt zudem über eine Modbus-Schnittstelle und lässt sich auch direkt in Eatons hauseigenes Kommunikationssystem SmartWire-DT einbinden. In diesem Fall beträgt die Zeitersparnis bei der Inbetriebnahme bis zu 70%.
Erhöhte Anlaufströme bei IE3-Motoren
Ob Direktstart, Stern-Dreieck-Starter oder Softstarter – alle drei Motorstartvarianten zielen darauf ab, die hohen Anlauf- und Stoßströme der Drehstrommotoren mit ihren störenden Spannungseinbrüchen im Netz und starken Stoßmomenten in der Mechanik sicher zu handhaben. Der Direktstart ist am besten für Antriebe an starken Netzen geeignet, die hohe Anlaufströme zulassen und wo die Applikation ein hohes Anlaufmoment verträgt. Die Stern-Dreieck-Schaltung eignet sich aufgrund eines reduzierten Anzugsmoments für Antriebe mit kleinem oder erst mit der Drehzahl steigendem Lastmoment wie bei Pumpen und Lüftern. Sie wird auch dort eingesetzt, wo der Antrieb erst nach dem Hochlauf belastet wird, beispielsweise bei Pressen und Zentrifugen. Der Softstarter erlaubt ebenfalls nur einen Anlauf mit reduziertem Moment, bietet jedoch gegenüber der Stern-Dreieck-Schaltung den Vorteil einer stufenlosen Spannungsanpassung, sodass der bei Stern-Dreieck übliche Umschaltstoß in Strom und Drehmoment entfällt. Um die Energieeffizienz von Elektromotoren auf das Niveau der Wirkungsgradklasse IE3 zu heben, mussten die Motorenhersteller einige konstruktive Veränderungen vornehmen. Viele dieser Maßnahmen beeinflussen die elektrischen Eigenschaften des Motors. So reduzieren z.B. dickere Wicklungsdrähte im Stator sowie dickere Rotorstäbe und Kurzschlussringe den ohmschen Widerstand; eine verbesserte Blechschnittgeometrie senkt die magnetischen Streuverluste; hochwertigeres Blechmaterial reduziert Hysterese-Verluste. Insgesamt haben hocheffiziente Motoren damit weniger ohmschen Widerstand und infolgedessen steigen auch die Einschalt-ströme. Das heißt, dass sich gleichzeitig die Anforderungen an die Schaltgerätetechnik wie Schütze und Motorschutzschalter ändern.
Normanpassung der Anlauffaktoren erforderlich
Als Experte für das sichere Schalten, Schützen und Antreiben von Motoren hat Eaton diesen Aspekt genauer unter die Lupe genommen. Es wurden verschiedene Motoren etablierter Hersteller analysiert und das Verhalten der Motoren im Zusammenspiel mit Schützen und Motorstartern in entsprechenden Praxistests untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die in der EN60947-4-1 derzeit spezifizierten Grenzwerte für Schütze und Motorstarter im Zusammenspiel mit den neuen IE3-Motoren vielfach nicht ausreichen. Das bedeutet: Das Schutzelement löst unter Umständen bereits während des standardmäßigen Motoranlaufs aus, auch wenn kein Fehler oder Kurzschluss vorliegt. Um dies zu vermeiden, sollten die Anlauffaktoren (Anlaufspitzenstrom zu Betriebsstrom) nicht mehr nur wie derzeit vorgeschrieben einen Faktor acht abdecken können, sondern erfordern mindestens einen Faktor zehn. Zudem ist es ratsam, die Fertigungstoleranzen der Motoren mit ins Kalkül zu ziehen. Um hier auf der sicheren Seite zu sein, setzt Eaton für seine Produkte einen Faktor 12 bis 14 an.
Schalt- und Schutzgeräte sind bereit für IE3
Bei der Wahl entsprechender Motorschutztechnik ist es folglich ratsam, darauf zu achten, dass die Schaltgeräte sich auch für hocheffiziente Motoren eignen. Eaton hat zum einen seine Serie an DIL-Leistungsschützen für Direktanlauf in öffentlichen und nichtöffentlichen Netzen sowie für Stern-Dreieck-Anlauf und im Zusammenwirken mit Softstartern wie dem DS7 oder Frequenzumrichtern der PowerXL-Baureihe auf IE3-Tauglichkeit überprüft und angepasst. Zum anderen wurden die Ansprechgrenzen des Kurzschlussauslösers in den Motorschutzschaltern PKZ und PKE entsprechend erhöht. An einem Normenentwurf zur Aktualisierung der EN60947-4-1 für IE3-Motoren wird derzeit gearbeitet.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit der zunehmenden Automatisierung von Maschinen und den steigenden gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich Energieeffizienz ein signifikanter Anstieg im Bedarf an Frequenzumrichtern zu erwarten ist. Doch für viele Anwendungen wie Pumpen oder Lüfter ist der Frequenz-umrichter hinsichtlich Komplexität und Funktionalität häufig überdimensioniert. Klassische Motorstarterkomponenten wie Schütze und Motorschutzschalter behalten ihre Berechtigung als kosten- und energieeffiziente Lösung gerade für Anwendungen mit fester Drehzahl oder geringen Schalthäufigkeiten, sind jedoch auf Tauglichkeit für IE3-Motoren zu überprüfen. Ihre Funktionalität ist allerdings begrenzt, da sie keine Möglichkeit zur Drehzahlregelung bieten. Mit der neuen Geräteklasse Drehzahlstarter gibt es nun eine Alternative, die die Vorteile beider Welten vereint. Der Drehzahlstarter stellt die ideale Lösung für Anwendungen dar, die nur eine begrenzte Funktionalität, aber eine variable Drehzahl erfordern, Anwendungen mit konstanter Drehzahl, bei denen aufgrund der gegenüber IE2-Motoren geänderten mechanischen Abmessungen kein IE3-Motor eingesetzt werden kann, oder Anwendungen mit sehr hoher Starthäufigkeit und damit einhergehender hoher thermischer Belastung für den Motor. In Partnerschaft mit Eaton können Maschinen- und Anlagenbauer ihre Produkte somit in vielerlei Hinsicht verbessern: Maschinen werden effizienter und gleichzeitig einfacher, kompakter und günstiger.