Nach acht Jahren ist Ende Mai 2016 die neue Edition der ISO13849-1:2016 erschienen. Die englischsprachige Variante wurde bereits 2015 veröffentlicht. Die neue Ausgabe war ursprünglich als Amendement, also als Ergänzung, geplant. Aufgrund des großen Umfangs wird die neue Edition aber als konsolidierte Fassung herausgebracht. Die neue Edition ist bereits vor deren tatsächlicher Verfügbarkeit im Amtsblatt der EU zur Maschinenrichtlinie 2006/42/EG als harmonisiert gelistet. Dabei wurde eine unerwartet kurze Übergangsfrist gewählt. Bereits zum 30. Juni 2016 hat die neue Edition die vorherige abgelöst. Seitdem darf nur noch die ISO13849-1:2016 mit Vermutungswirkung verwendet werden. Auch wenn, bis auf wenige Ausnahmen, nur zusätzliche Freiheiten hinzukamen, wird dies ein erhebliches administratives Problem beim Ausstellen von CE-Konformitätserklärungen darstellen.
Änderungen im Überblick
Was hat sich technisch geändert? Zuallererst eine ganze Reihe von Kleinigkeiten. Bei den Begriffen und Einheiten wird nun generell ein Index D für gefährlich verwendet, bisher war es d. Der Index gilt jetzt auch beim Parameter PFHD [1/h], der bisher ohne Index und Einheit war. Das führt zu weniger Missverständnissen in Datenblättern und bei Berechnungen, da andere Normen es schon länger so handhaben.
Änderung des Risikographen
Die größte Änderung hat der Risikograph erfahren. Erstmalig bezeichnet eine Norm den Wert für eine Frequenz von alle 15min als häufig. Gleichzeitig bewertet sie die Einstufung für eine Expositionsdauer von größer als fünf Prozent der Gesamtzeit (~24min pro Schicht) als häufig. Beide Werte sind als untere Grenzwerte zu verstehen. Bisher war üblich: Häufiger als alle 60min bzw. länger als 10min am Stück ist häufig. Grundsätzlich waren und sind alle diese Werte als Mindestanforderungen zu verstehen. Eine persönliche Einschätzung, die hiervon abweicht, war bisher und ist auch künftig möglich. Als zusätzliche Neuerung im Risikographen kommt die \’Eintretenswahrscheinlichkeit eines Gefährdungsereignisses\‘ hinzu. Einen vergleichbaren Parameter kennt die IEC62061 schon länger. Sie bezeichnet ihn als W. Wie sich eine niedrige Eintretenswahrscheinlichkeit nachweisen und dokumentieren lässt, ist in der ISO13849-1 nicht erläutert. Es ist davon auszugehen, dass dieser Parameter ohne geeignete Nachweise als gering einzustufen ist und damit keine Veränderung zum bisherigen Risikographen darstellt. In jedem Fall ist nicht davon auszugehen, dass geringe Ausfallraten oder geringe Unfallraten auch eine geringe Eintretenswahrscheinlichkeit bedeuten, da als Referenz nur die Maschine mit Sicherheitsfunktion bzw. Schutzeinrichtung zur Verfügung steht.
Änderungen für den Bereich Aktorik
Neues gibt es auch im Bereich der Aktorik. In Zukunft ist es möglich, für betriebsbewährte Bauteile in der Aktorik mit einem vereinfachten Verfahren, ohne Angabe von MTTFD, zu arbeiten. Das ist für Mechanik, Pneumatik und Hydraulik zulässig und gestattet gute Ergebnisse. Der Normentext schreibt hier allerdings, dass das neue Verfahren nur dann zulässig sei, sofern keine Kenndaten für MTTFD verfügbar sind. Da allerdings die neue Edition im Anhang C Kennwerte für alle Technologien liefert, ist es fraglich, ob das neue Kapitel überhaupt zur Anwendung kommt. Anhang C listet die Tabellenwerte für typische Produkte auf. Zu beachten gilt dabei vor allem, dass sich für kontaktbasierte Elemente, wie Relais und Schütze bei Nennlast, der Pauschalwert für den B10D deutlich verschlechtert hat. Dies gilt nur für Produkte, zu denen der Hersteller selbst keine Kenndaten liefert. In der Praxis ist hier in allen Fällen zu klären, ob sich der gewünschte PL auch mit den reduzierten B10D-Werten erreichen lässt.