Modernes Produktionsmanagement: Transparenz in der Fertigung

Viele Unternehmen aus dem Bereich der Fertigungsindustrie denken bei einer Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in erster Linie an Investitionen in Maschinen und Produktionsanlagen. Mit vorhandenen Produktionsanlagen können jedoch durch den gezielten Einsatz von Manufacturing Execution Systemen (MES) wirtschaftliche Prozessverbesserungen erzielt werden.

Die größten Hemmnisse bei der Verbesserung von Produktion und Produktqualität beseitigen, das ist Aufgabe von Manufacturing Execution Systemen (MES). Sie können spezifische Lösungen aufzeigen und so den Weg zu mehr Wirtschaftlichkeit ebnen. Ein MES schafft die notwendige Transparenz über alle wertschöpfenden Vorgänge in der Fertigung. Zu jedem Zeitpunkt sind Mitarbeiter über die momentane Situation informiert, können umgehend reagieren und die Planung auf bestehende Fertigungsbedingungen ausrichten. So kann schnell und flexibel auf Änderungen in der Fertigung reagiert werden. Vorhandene Prozessreserven lassen sich auf diese Weise mithilfe eines MES erschließen. Verschiedene Aspekte, beispielsweise die gezielte Planung und effektive Steuerung der Produktion unter Berücksichtigung der aktuellen Fertigungssituation, die Reduktion des Materialbestandes, schnelle Reaktion auf Störungen und Änderungen in der Fertigung oder Rückverfolgbarkeit sämtlicher Produktionsergebnisse inklusive Reparaturschleifen auf einzelne Produkte mit Seriennummern, spielen dabei eine wesentliche Rolle. Erfolgreiche Strategie Um hohe Transparenz in Verbindung mit exakter Rückverfolgbarkeit in der Fertigung zu erzielen, ist es sinnvoll, folgende Strategie zu beachten und umzusetzen: – Identifikation von Bauteilen durch die gesamte Produktion, vom Wareneingang bis zum Warenausgang inklusive aller Reparaturschleifen sowie Reklamationen. Nur Komponenten, die dem MES bekannt sind, können entlang des Produktionsprozesses sowie des Lebenszyklus rückverfolgt werden. – Kennzeichnung und Erfassung der rückverfolgungspflichtigen Produkte und Komponenten durch die Vergabe von Seriennummern. Eindeutige Seriennummern werden vom MES vergeben. In der Regel werden maschinenlesbare Labels (Barcode, Datamatrix, RFID usw.) auf das zu kennzeichnende Bauteil angebracht. Welches Label eingesetzt wird, hängt von Kriterien wie z.B. Platzverhältnissen auf dem Bauteil, den Produktionsverhältnissen usw. ab. – Eindeutige Zuordnung der Arbeitsergebnisse auf das Erzeugnis, den Fertigungsschritt und die Fertigungsstufe inklusive der verwendeten Materialien mit Lieferantenangabe (Chargenzuordnung). Da dem MES die produzierten Seriennummern bekannt sind, können dem Produkt (Unikat) alle relevanten Fertigungsinformationen zugeordnet werden. Somit lassen sich sowohl Vorwärts- als auch Rückwärtsverfolgbarkeit im System einfach darstellen. Wann wurden welche Bauteile an welchen Arbeitsstationen in welches Endprodukt (Unikat) mit entsprechender Seriennummer eingebaut? Welche Seriennummern bestimmter Endprodukte wurden mit welchen Bauteilchargen von welchen Zulieferern über welchen Zeitraum gefertigt? Die schnellen und sicheren Antworten auf obige Fragestellungen bieten vielen Unternehmen heute eine Absicherung hinsichtlich gesetzlicher Bestimmungen zu Qualität und Produkthaftung. Beispielsweise lassen sich die Aufwände für Rückrufaktionen im Automotive-Bereich auf ein Minimum reduzieren. So kann der Hersteller einem möglichen Imageverlust vorbeugen. – Prozessverriegelung/Interlocking zur automatischen Absicherung von Produktionsprozessen. Um Qualität zu produzieren und nicht zu \’erprüfen\‘ muss sichergestellt sein, dass alle Arbeitsschritte mit den erforderlichen Ergebnissen in der richtigen Reihenfolge durchgeführt werden. Ein Folgeschritt kann nur eingeleitet werden, wenn der vorhergehende erfolgreich abgeschlossen wurde. Durch Interlocking stellt das MES Arbeitsergebnisse und Reihenfolgen sicher und kann direkt in den Prozess eingreifen, sobald Unregelmäßigkeiten auftreten. Auch das Rüsten falschen Materials an einer Maschine kann vom MES unmittelbar erkannt und gezielt durch einen Interlocking-Eingriff verhindert werden. Parallel dazu wird eine Rüst-Störmeldung an die zuständigen Mitarbeiter abgesetzt. Somit kann falsches Material gar nicht erst gerüstet und verbaut werden. Interlocking hilft aktiv, die Qualität des Produktionsprozesses sicherzustellen. – Vollständige elektronische Dokumentation – produkt-, prozess- und qualifikationsbezogene Berichterstattung. In einer wettbewerbsgeprägten Zeit reicht es nicht mehr aus, Produkte von hoher Qualität zu produzieren. Ebenso wichtig ist die vollständige Dokumentation der Produktionsprozesse und der relevanten Qualitätsergebnisse – bezogen auf ein jeweiliges Produkt mit entsprechender Seriennummer (Unikat). Für verschiedene Branchen gelten entsprechend unterschiedliche Richtlinien und Normen, wie beispielsweise ISO 9000ff (allgemeines Qualitätsmanagement inkl. Dokumentation), VDA 6.1 (Qualitätsmanagement des VDA auf Basis von ISO 9001 usw.), ISO/TS 16949 (internationale Qualitätsnorm für die Automobilzulieferer) oder FDA 21CFR Part 11 (vollständige Dokumentation der Produktion nach den Richtlinien der Food and Drug Administration für USA). – Die Richtlinien dienen dazu, die Qualität bezogen auf das Produkt und den Fertigungsprozess sicherzustellen und durchgängig zu dokumentieren. Dadurch lassen sich Qualitätseinbrüche, die aufwändige Retourenbearbeitungen oder Rückrufaktionen zur Folge haben, drastisch reduzieren. Im Fall einer Schadensersatzklage hat der Hersteller hinsichtlich der Produkthaftung die Nachweispflicht zu erbringen. Das MES liefert hierzu alle relevanten Produktionsdaten sowie definierte Produktions- und Qualitätsberichte. Vertikale und horizontale Integration Mit dem Konzept TIA (Totally Integrated Automation) bietet Siemens ein durchgängiges Produktspektrum im Automatisierungsumfeld – angefangen von der Basisautomatisierung über Visualisierungs- und Prozesslösungen bis hin zur standardisierten MES-Softwarelösung. Branchenneutralität und durchgängig abgestimmte Schnittstellen zueinander sind kennzeichnend für alle TIA-Produkte. Als Bindeglied zwischen der technischen Fertigungs- und der kommerziellen ERP-Welt (Enterprise Resource Planning) sorgt das vertikal voll integrierte Konzept für medienbruchfreien Informationsfluss im Betrieb. Produktionsleiter und Meister können jederzeit auf praxisgerechte Planungs-, Informations- und Auswertungsfunktionen zurückgreifen. So kann die MES-Lösung als zentraler Informationsspeicher für die Produktion dienen, denn alle relevanten Informationen werden hier in elektronischer Form gehalten. Ein Framework-Ansatz ermöglicht es, unterschiedliche Produktionsabläufe in graphischer Form abzubilden und darzustellen. Durch einzelne Module in Verbindung mit einem Bibliotheken-Konzept können diverse Aufgabenstellungen effizient und kostengünstig gelöst werden, z.B. Rückverfolgbarkeit bzw. Genealogie, Auftragsmanagement und Produktionssteuerung, Maschinendaten- und Betriebsdatenerfassung (MDE/BDE) oder Analysen und Berichterstattung (Qualität, KPI, OEE/DTM). Typischer Arbeitsablauf In der Regel sendet das ERP-System eine Liste mit aktuellen Produktionsaufträgen. Hierzu werden Informationen übergeben, z.B. Artikel mit Stückzahl und Liefertermin oder relevanter Arbeitsplan inklusive Stückliste. Diese Daten werden vom MES übernommen, um die jeweiligen Aufträge auf Basis der Ist-Situation der Fertigung fein zu planen. Hierzu werden die Verfügbarkeiten von Ressourcen (Maschinen, Personal, Material) überprüft. Die feingeplanten Aufträge mit determinierten Arbeitsschritten werden anschließend im MES zur Produktion freigegeben (beispielsweise durch den Schichtmeister). Mitarbeiter, die sich an ihrem aktuellen Arbeitsplatz anmelden, erhalten im MES den aktuellen Auftragsvorrat und starten den jeweiligen Produktionsprozess. Über verständliche Dialogmasken können die Werker relevante Informationen (z.B. Arbeitsanweisungen in Textform oder als Videosequenzen in unterschiedlichen Sprachen) abrufen. Mithilfe des Materialmanagements hält das MES die Warenbestände (Puffer, Lagerplätze, Hilfsstoffe) innerhalb der Produktion klein. Sämtliche Arbeitsergebnisse wie Stückzahlen, IO/NIO-Teile (in Ordnung/nicht in Ordnung) oder Qualitäts-/Messergebnisse werden dem MES automatisch oder vom Bearbeiter manuell gemeldet. Sobald ein Auftrag abgeschlossen ist, wird die Fertigmeldung durch das MES an das ERP-System mit den relevanten verdichteten Informationen übertragen. Die Software setzt die Vorgaben des internationalen ISA-95 Standards um, der eindeutig Funktionen von MES definiert und beschreibt. Das Aufsetzen auf diesen Standard bedeutet hohe Investitionssicherheit, da hierdurch gleichzeitig Vorschläge für das Zusammenspiel mit anderen Systemen und Applikationen innerhalb der Fertigung aufgezeigt werden und Abweichungen von einer optimalen Lösungsintegration im Vorfeld vermieden werden können. Nutzen von Transparenz Der konsequente Einsatz eines Manufacturing Execution Systems schafft Transparenz und zeitnahen Überlick in der Fertigung. MES als modernes Produktionsmanagement stellt alle relevanten Produktionsinformationen für Mitarbeiter und Maschinen zur Verfügung. Transparenz in der Fertigung bedeutet beschleunigte Abläufe, gesenkte Kosten und erhöhte Qualität im gesamten Produktionsumfeld.

Siemens AG
http://www.siemens.de

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