Intuitive Bedienung
Eine zweite Technologie, die viele \’Digital Natives\‘ gut kennen, ist die Gestensteuerung. Spielekonsolen mit Microsoft Kinect-Technologie haben sie in den Alltag vieler Jugendlichen eingeführt. Die Anbindung des Kinect-Sensors an die Leittechnik von ABB erlaubt eine direkte und natürliche Interaktion von überall her in die Leitwarte. Gerade bei schwierigen Prozessstörungen sind oft mehrere Personen in die Lösungsfindung eingebunden. Anlagenfahrer, Schichtleiter und Prozessingenieure stehen gemeinsam vor einem Großbildschirm. Mit der Gestensteuerung können sie aus einigen Metern Entfernung leicht innerhalb der Prozessgraphik navigieren. Im Zusammenspiel mit der voll skalierbaren Bediengrafik \’Hawkeye\‘ ergibt sich eine komfortable Bedienung, ohne an Maus und Tastatur gebunden zu sein. Sie reagiert auf Armbewegung und erkennt offene wie geschlossene Hände. Man kann damit wie bei Google Maps in eine Totale gehen, in der man die komplette Anlage sieht oder in einzelne Bereiche hineinzoomen. Man weiß immer, wo man sich gerade in der Anlage befindet. Falls in einem Bereich eine Störung auftritt, lässt sich das im Übersichtsbild gut erkennen. Das Leitsystem sorgt dafür, dass die Anlagenfahrer jederzeit ein aktuelles Gesamtbild über den Prozesszustand haben. Sie verlieren dadurch nicht den Bezug zum Ganzen und laufen nicht Gefahr sich an Details festzubeißen und zu übersehen, dass es zwischenzeitlich viel wichtigere Probleme gibt.
Umfassend vernetzt
Die Vernetzung reicht in Industrie 4.0 weit über die eigentliche Produktionsanlage hinaus. Stellen Sie sich eine Ölplattform vor: Üblicherweise hat das Management ein Dashboard mit Produktionskennzahlen bestehend aus verschiedenen Tabellen und Zahlen. Im Zeitalter von Industrie 4.0 lassen sich diese Kennzahlen ohne manuelle Bearbeitung in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit darstellen – in Echtzeit. Das Management sieht Energieverbräuche, Produktionsraten und Marktpreise deren historischen Verlauf über die vergangenen Quartale, korreliert mit externen Daten zu Windgeschwindigkeiten oder Anzahl des Personals an Board – alle wichtigen Kenngrößen einer Ölplattform. Die Daten kommen aus dem Warenwirtschaftssystem der Fabrik, aus Betriebsführungssystemen und natürlich aus dem Prozessleitsystem. Die Produktionssysteme sind damit vertikal von der Feld- bis zur betriebswirtschaftlichen Ebene vernetzt, horizontal zu verteilten Wertschöpfungsketten verknüpft und funktional für Menschen mit unterschiedlichen Aufgaben über den gesamten Lebenszyklus durchgängig verbunden. Der Mensch erweitert durch optimal zugeschnittene technische Unterstützung seine Fähigkeiten und gewinnt ein hohes Maß an selbstverantwortlicher Autonomie.
Durchgängiges Engineering
Am ABB Forschungszentrum in Ladenburg treiben wir darüber hinaus die Entwicklung durchgängiger Engineering-Methoden und -Werkzeuge sowie die virtuelle Inbetriebnahme von Produktionsprozessen voran. Diese Forschungsarbeiten haben auch zur Entwicklung des ABB \’Automation Builder\‘ beigetragen, einer neuen integrierten Software-Suite für Maschinenbauer und Systemintegratoren, die einen ersten Schritt auf dem Weg zum vollständig integrierten Engineering von Lösungen für die Industrieautomation im Sinne von Industrie 4.0 darstellt. So integriert der \’Automation Builder\‘ beispielsweise die neueste Version von RobotStudio zur Konfiguration, Programmierung und Simulation von ABB-Robotern, welches auch die einfache und schnelle Anbindung einer SPS an die Robotersteuerung ermöglicht. RobotStudio nutzt dazu eine komplett virtualisierte ABB-Robotersteuerung, eine exakte Kopie der Originalsoftware, die Roboter in Produktionsprozessen steuert. Damit sind realistische Simulationen möglich, in denen Roboterprogramme und Konfigurationen zum Einsatz kommen, die ohne nachträgliche Bearbeitung direkt in die reale Robotersteuerung übertragen und ausgeführt werden können. Sie entsprechen exakt den in der Produktion eingesetzten Daten. Das hat den Vorteil, dass Aufgaben wie Schulung, Programmierung und Prozessoptimierung offline durchgeführt werden können, ohne die laufende Produktion zu unterbrechen. Selbst hybride Szenarien, bei denen reale Steuerungskomponenten mittels Hardware-in-the-loop an virtuelle Roboter angebunden werden, sind damit problemlos realisierbar.