Anlassen von Elektromotoren

Die beste Startmethode

Die Netzversorgung wird durch die wieder in Schwung kommende Industrie zunehmend unter Druck gesetzt. Die Chancen einer Netzstörung durch das Anlassen von Elektromotoren steigen. Es gibt verschiedene Techniken zur Reduktion der Spannung während des Anlassens, die sich je nach Anwendung anbieten.

Der einfachste Weg, einen Motor zu starten, ist die Direkteinschaltung. Dazu sind nur ein Schütz und ein Überlastrelais erforderlich. Doch hat dieses Verfahren einen Nachteil – der Anlaufstrom des Motors ist sehr hoch. Dieser Strom ist typischerweise das sechs- bis zehnfache des Nennstroms und kann eine Unterspannung im Netz verursachen. Es bedeutet auch, dass das Anlaufmoment hoch ist, was zu durchrutschenden Riemen und Stoßbelastungen von Lagern und mechanischen Antriebskomponenten sowie möglicherweise zu Produktschäden und Wasserschlag führen kann. Direkteinschaltung ist bei kleinen Motoren akzeptabel, aber je größer der Motor, umso größer sind die potentiellen Probleme. Es gibt verschiedene Wege, diese Effekte zu mindern, einschließlich Stern-Dreieck-Schaltung, Sanftstarter, Anlasstransformatoren, Widerstandsstarter und Frequenzumrichter. Eine Stern-Dreieck-Schaltung besteht aus drei Schützen, einem Überlastrelais und einer Zeitschaltuhr, die die Schütze nach Ablauf der voreingestellten Zeit von Stern auf Dreieck schaltet. Bei Stern-Dreieck sind \’im Stern\‘ sowohl Motorstrom als auch Drehmoment um zwei Drittel niedriger als \’im Dreieck\‘ (da v3*v3=3). Ein Anlasstransformator nutzt einen Transformator, um die Spannungsversorgung um 30 bis 60% zu reduzieren, sodass Strom und Drehmoment reduziert werden. Doch ist die Reduktion deutlich geringer als bei Stern-Dreieck-Schaltung. Eine Zeitschaltuhr wird benutzt, um mit der zweiten Stufe auf volle Geschwindigkeit zu schalten. Ein Widerstandsstarter kann bei Schleifringläufermotoren (aber nicht bei Kurzschlussläufer-Motoren) eingesetzt werden, bei denen die Läuferwicklung so gestaltet ist, dass ein externer Widerstand zugeschaltet werden kann. Der Widerstand wird benutzt, um das Drehmoment zu erhöhen; dies wiederum reduziert die Anlaufgeschwindigkeit und begrenzt den Anlaufstrom. Wenn der Motor mit der geringeren Geschwindigkeit läuft, wird der Widerstand entfernt. Dies geschieht gewöhnlich durch manuelles Herausdrehen, sodass der Motor die Nenndrehzahl erreicht. Sanftstarter und Umrichter reduzieren beide den Strom durch Reduzieren der Spannung beim Anlauf. Sanftstarter steuern im Gegensatz zu Umrichtern nicht die Geschwindigkeit. Während der Anlaufphase verhalten sich beide gleich. Schalten von Thyristoren oder Transistoren kann Spannungsspitzen und Oberschwingungen im Versorgungsnetz erzeugen und elektromagnetische Störungen kreieren, die unter Umständen herausgefiltert werden müssen.

Welcher Starter wo?

Bei der Auswahl eines Anlassverfahrens für einen bestimmten Motor müssen verschiedene Faktoren berücksichtigt werden. Motorlieferanten wie die Firma Marathon können gewöhnlich detaillierte Fachberatung bieten, doch kann grundlegend wie folgt zusammengefasst werden:

  • Ist die Netzversorgung robust und zuverlässig? Wenn nicht, ist ein sanftes Anlassverfahren ratsam. In Westeuropa kann diese Frage überflüssig erscheinen, doch kann es bei großen Motoren und anderswo in der Welt – einschließlich Nordamerika – wo die Netzversorgung nicht so zuverlässig ist, ein Problem sein.
  • Die Anforderungen der Anwendung bezüglich Anlaufdrehmoment, Last, Massenträgheit, Beschleunigung und Geschwindigkeitsbereich.
  • Die Kurzschlusskapazität des Verteilersystems.
  • Prozessüberlegungen wie die Effekte von Stoßbelastungen und Vibrationen auf Maschinen und Anlagen oder Wasserschlag und Druckstöße bei Pumpanwendungen.
  • Motorcharakteristiken wie Einschaltstromstöße, Rotorblockierströme und sich daraus während des Betriebs ergebende Drehmomentwerte.

Direkteinschaltung oder Anlassen mit voller Spannung kann benutzt werden, wenn die Arbeitsmaschine die sich aus plötzlichem Anlaufen ergebenden Stöße vertragen kann und wenn Spannungsabfälle und andere Störungen des Versorgungsnetzes toleriert werden können. Im allgemeinen können nur kleine und mittelgroße Motoren so abrupt gestartet werden; bei größeren Motoren und Motoren in empfindlichen Anwendungen ist Anlassen mit reduzierter Spannung erforderlich, um die mechanischen Stoßbelastungen auf Geräte und Anlagen zu vermindern, Einschaltströme vom Netz und in Stromkreisen zu begrenzen und Druckwellen in Rohrleitungen zu reduzieren. Es muss beachtet werden, dass sich Spannungsspitzen im Verteilernetz fortsetzen und Probleme in bedeutendem Abstand von dem Motor, an dem sie entstanden sind, verursachen können. Dies gilt insbesondere für größere Motoren und daher haben Marathon und andere kompetente Zulieferer bedeutende Erfahrung auf diesem Gebiet entwickelt. Z.B. können Spannungsspitzen für das Durchbrennen von Sicherungen, Schützen und Schaltanlagen verantwortlich sein. Glühbirnen können flackern, ausgehen oder durchbrennen; sie können Probleme mit anderem Gerät wie Steuerungen und Computern verursachen; Sensoren können falsche Messwerte liefern und Rundfunk-/Funkempfang, Telefon und WiFi-Signale können unterbrochen werden. Und diese Probleme können nicht auf den Betrieb des Motorbetreibers beschränkt sein – Nachbarn können Anspruch auf Schadensersatz haben und Versorgungsunternehmen können Zwangsmaßnahmen einleiten, wenn das Netzwerk gestört wird. Jede Methode zur Reduktion der Anlaufspannung ist verglichen mit der Direkteinschaltung mit gewissen Kosten verbunden. Stern-Dreieck ist bei weitem die billigste Option zur Spannungsreduktion und ist daher traditionell die beliebteste Wahl. Sanftstarter sind bedeutend teurer, bieten aber viele Vorteile bezüglich Finesse und Zuverlässigkeit; sie sind besonders beliebt in Wasser- und Abwasserpumpstationen, wo große Motoren eingesetzt werden und Wasserschlag auf jeden Fall vermieden werden muss. Frequenzumrichter sind noch teurer, sind jedoch die einzige wirkliche Lösung, wenn die Motordrehzahl geregelt werden muss. Anlasstransformatoren und Widerstandsstarter sind ein recht veralteter Ansatz und werden in heutigen Anlagen kaum noch eingesetzt. Der Erfahrung von Marathon nach werden große Motoren zunehmend an entlegenen Einsatzorten oder Standorten, an denen die Belegschaft über die Jahre deutlich reduziert wurde, eingesetzt. Dementsprechend müssen Wartung und Instandhaltung über die möglicherweise lange Lebensdauer der Installation in Betracht gezogen werden. Die einfachere Technik scheint die natürliche Wahl zu sein, doch muss beachtet werden, dass Antriebe über Telemetrie, WiFi oder ein festverdrahtetes Kommunikationsnetz fernabgefragt und betrieben werden können. Damit bieten sie Betreibern ganz neue Möglichkeiten, entlegenes Gerät zu überwachen und zurückzusetzen, um neuen Bedingungen zu entsprechen oder es gegenüber anderen Teilen des Systems zu optimieren. Es ist auch erwähnenswert, dass moderne Elektronik robust und zuverlässig ist und daher wahrscheinlich eine lange und problemlose Nutzungsdauer bietet. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die überwiegende Mehrheit der Anlassoptionen mit niedriger Spannung Stern-Dreieck-Schaltung, Sanftstarter und Frequenzumrichter sind, und dass die Kosten ihre Ausgereiftheit widerspiegeln. Marathon und andere Motorlieferanten können Rat in Abhängigkeit von der jeweiligen Installation bieten.

www.regalbeloit.eu

DMA Europa Ltd.

Das könnte Sie auch Interessieren

Weitere Beiträge

Bild: Ceratizit Deutschland GmbH
Bild: Ceratizit Deutschland GmbH
Werkzeuge – immer passend

Werkzeuge – immer passend

Eine digitalisierte Fertigung hat viele Gesichter… und Recker Technik aus Eschweiler setzt ihr auf jeden Fall einen Smiley auf. Dort bringt die Produktion mit digitalen Zwillingen mehr Effizienz in den Alltag sowie gleichzeitig mehr Überblick über das Toolmanagement und die Werkzeugkosten. Mit dabei: Zwei Tool-O-Maten, die intelligenten Werkzeugausgabesysteme von Ceratizit – dank denen immer das passende Werkzeug für den Job zur Hand ist.

mehr lesen
Bild: Hainbuch GmbH
Bild: Hainbuch GmbH
„Wie passende Spanntechnik die Automation voranbringt“

„Wie passende Spanntechnik die Automation voranbringt“

Zunehmend individuellere Kundenanforderungen, mehr Schwankungen im Auftragseingang und weniger Fachkräfte – diese Faktoren beeinflussen die Fertigungsplanung zunehmend. Gerade bei kleinen Herstellungschargen mit Losgrößen unter 100 macht in diesem Spannungsfeld die Automatisierung, etwa von Hainbuch, den Unterschied. Ein entscheidender Ansatzpunkt in der Umsetzung ist neben Maschine, Roboter und Bediener der Rüst- und Spannprozess.

mehr lesen
Bild: Schunk SE & Co. KG Spanntechnik
Bild: Schunk SE & Co. KG Spanntechnik
Futter für die Ewigkeit

Futter für die Ewigkeit

Siemens Energy setzt für die Präzisionsbearbeitung an einer Horizontaldrehmaschine Magnos Elektropermanent-Magnetspannfutter von Schunk ein. Dank der gleichmäßig dauerhaft wirkenden Magnetspannkraft erfolgt das Spannen der Werkstücke deformations- und vibrationsarm – für eine ausgezeichnete Bearbeitungs- und Oberflächenqualität. Mit der zugehörigen App lässt sich die Spannsituation simulieren und sicher parametrieren.

mehr lesen