Deutschland als Tor zur Welt

Ein Expertengespräch mit Wilmar Henning, Geschäftsführer von WEG Deutschland
WEG ist einer der größten Hersteller von Komponenten und Systemen der elektrischen Antriebstechnik weltweit. Wilmar Henning ist Geschäftsführer von WEG-Deutschland und gebürtiger Brasilianer. Er kommt also aus dem Ursprungsland des Antriebstechnikherstellers und kennt das Unternehmen durch seine mehr als 30-jährige Betriebszugehörigkeit sehr genau. Wir haben uns mit ihm über Geschichte, Technologie und Zukunft von WEG und der Antriebstechnik im Allgemeinen unterhalten.

Alleine die Tatsache, dass die familiären Ursprünge von Wilmar Henning auf das schwäbische Metzingen zurückführen und sein Großvater aus dem von mir nur 30km entfernten Backnang stammt, hat schon eine gewisse Brücke in dem Gespräch geschlagen. Der jetzige Deutschland-Geschäftsführer von WEG ist auch technisch gesehen ein ausgewiesener Experte: \“Ich habe im Bereich Konstruktion begonnen, in einer Position in der Entwicklung von Synchron- und Gleichstrommaschinen\“, so Wilmar Henning zu seinen beruflichen Anfängen. Später war er auch in die Fertigung der Produkte involviert und hatte schon sehr früh geschäftliche Kontakte nach Deutschland. WEG hat aktuell 109 Mitarbeiter in Kerpen und noch einmal 15 in Unna. Erst vor einigen Monaten hat WEG zudem die Württembergische Elektromotoren GmbH in Balingen übernommen. Der Name WEG setzt sich zusammen aus Werner, Eggon und Geraldo – den Vornamen der Firmengründer.

Die Herausforderungen der Maschinenbauer

Auf die Frage zu den aktuellen Herausforderungen der Maschinen- und Anlagenbauer verweist Wilmar Henning auf die Systemthematik: \“Ich sehe die größte Herausforderung in der Entscheidung, wie man eine Lösung finden kann, die alle technischen Punkte sowie auch das Kommerzielle abdeckt, um das als erfolgreiches System dann weltweit zu vertreiben.\“ Für ihn ist Deutschland so etwas wie das Tor zur Welt, da deutsche Unternehmen ihre Maschinen- und Anlagen in die ganze Welt exportieren. Gleichzeitig sieht er aber auch die Komplexität dahinter: \“Schon in den 1970er-Jahren dachten sich unsere Gründer, dass das doch einfach funktionieren müsse, doch die Herausforderungen sind sehr komplex. Man muss bei weltweit einsetzbaren Produkten, manchmal weltführende Technologien und Maschinen, die deutsche Unternehmen in die Welt bringen, alle möglichen Spannungen und Betriebsbedingungen anpassen. Das sind Bedingungen, die mit dem Betriebszustand, dem Standort und den Umgebungsbedingungen zu tun haben – also beispielsweise, welche Stromabweichungen beim Bestimmungsort beachtet werden müssen. Nachher kommen noch die Spezifikationen des Endkunden dazu – beispielsweise, dass er nur einen bestimmten Unterlieferanten haben möchte – dann muss man noch die Wünsche bezüglich Standardisierungen berücksichtigen usw. Jetzt kommt noch dazu, dass die Regierungen Richtlinien bestimmen, wie z.B. in Europa die zu energieeffizienten Lösungen.\“ Wilmar Henning sieht eine der Herausforderungen darin, dass auch die Kunden oft kaum noch Mitarbeiter haben, die den kompletten Blick haben, um die einzelnen Themenbereiche miteinander zu verknüpfen, unter anderem auch die kommerziellen Aspekte. \“Früher hat man eine genauere Trennung gehabt: Das ist der Bereich für den Elektriker, das der für den Mechaniker usw. Heute ist das in der Mechatronik alles so miteinander verbunden, dass man in einem Gesamtbild denken muss – da ist es nicht immer einfach sicherzustellen, dass der Kunde die gesamte Erfahrung im eigenen Haus hat. Er ist dann auch auf Beratung angewiesen: \’Würden Sie das mit oder ohne Getriebe machen?\‘; \’Würden Sie das mit diesem oder jenem Bus machen?\‘; \’Wie kann man das später überhaupt steuern?\‘; \’Wie kann man später die Sensortechnik mit einbinden?\‘; \’Wie kann ich das nachher so machen, dass ich wartungsfreie Lösungen habe?\‘ – das Ganze ist schon sehr komplex.\“ Für den Deutschland-Geschäftsführer liegt ein wesentlicher Punkt in der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit seinen Kunden. \“Dass man sagen kann: Ich kenne das aus anderen Märkten; wir kennen diese Anwendungen. Man muss da relativ tief einsteigen. Und das führt dann immer mehr zu einem Co-Design, also einer Mitentwicklung, bei der sich die Kunden an WEG wenden können, wenn sie bei der Zertifizierung oder Abnahme eines Produktes im Ausland Hilfe brauchen. Dafür muss WEG weiterhin flexibel bleiben und diese Flexibilität war immer unsere Stärke. Die Gründer von WEG haben immer gepredigt, Schritt für Schritt anzufangen. Wir fangen am Rande des Tellers an, wir wollen nicht alles auf einmal – wir beweisen erst einmal, was wir machen können.\“ Auf Basis der Spezifikationen der Kunden aus den verschiedenen Märkten entstehen so immer wieder neue Produkte oder Varianten.

Der Systemgedanke

Wie bei vielen Unternehmen, so hat auch WEG in einer spezifischen Branche begonnen und sich von dort aus in Richtung der unterschiedlichen Branchen, Märkte und Produkte weiterentwickelt. Wilmar Henning dazu: \“Wir haben erstmal viel im Bereich Bergbau gearbeitet – also \’heavy duty\‘ -Anwendungen, die E-robust und E-grob waren, von den Leistungen her, wo man es aber sanft zusammenführen muss. Dort haben wir gemerkt, dass wir unbedingt auch die ganze Umrichtertechnik, also Geschwindigkeitssteuerungen, und dann hinzukommend Software, Busanknüpfungen etc. einbringen müssen. Da haben wir viel von \’Turn-Key Projekten\‘ gelernt.\“ Dabei arbeitet sich WEG gerne vom Heimatmarkt vor in andere Märkte. \“Das fängt in Brasilien an, geht weiter über Lateinamerika und dann machen wir ein paar Projekte in Süd-Afrika und in weiteren Ländern. Aus diesen Erfahrungen gehen wir immer ein paar Schritte weiter. Deswegen haben wir auch unser WEG Solution Center, wo wir alle Produkte aus den verschiedenen Bereichen zusammenbringen und, das als eine Art Koordinierungs-Stelle, auch schon in der Angebots-Phase, der Abwicklung oder dem späteren Service, fungiert. Die umfangreiche Erfahrung der Leute, die dort arbeiten, hilft uns, das dann auch durchzuziehen.\“ In Deutschland gibt es am Standort Unna das \’Automation Competence Center\‘, das stetig ausgebaut wird. Ziel ist es, den Kunden komplette Lösungen anbieten zu können. Dazu gehört auch eine gründliche Schulung der eigenen Mitarbeiter, die den Kunden vor Ort beraten.

Ehrgeizige Ziele

WEG als Konzern hat im Schnitt der letzten Jahre ein jährliches Wachstum von 17% vorzuweisen. WEG ist ein börsennotiertes Unternehmen, wobei sich ein Großteil der Aktien im Familienbesitz befindet. Das Unternehmen hat sehr ehrgeizige Ziele für das zukünftige Wachstum. Für deren Erreichung spielen komplette Antriebslösungen aber auch Zukäufe von Unternehmen eine wichtige Rolle.

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WEG Germany GmbH
http://www.weg.net

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