Automation im Ikea-Universum

Ikea setzt im Einrichtungssektor auf Qualität 'Made in Italy' und verlegt die Produktion immer mehr nach Italien.
Das Unternehmen Ikea wurde im Jahr 1943 in der kleinen schwedischen Ortschaft Agunnaryd vom 17-jährigen Ingvar Kamprad gegründet. Aus einer simplen Verkaufsstelle von Streichhölzern entwickelte Kamprad einen multinationalen Einrichtungskonzern, der heute weltweit in 41 Ländern mit 131.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von über 24,7Mrd.E tätig ist. Während es anfänglich einfache Möbel im Montage-Bausatz aus schwedischen Holzarten waren, produziert der Konzern heute eigene Einrichtungs- und Designlösungen. In der Logik der Globalisierung wählt Ikea Lieferanten und Partner aus aller Welt, die imstande sind, Einrichtungsgegenständige zum bestmöglichen Preis, zur höchstmöglichen Qualität und gleichzeitig umweltverträglich zu produzieren.

Kürzlich hat der schwedische Riese angekündigt, die Beziehung zu 24 italienischen Zulieferern um rund eine Milliarde Euro ausbauen zu wollen. Nach China und Polen ist Italien mit acht Prozent das drittwichtigste Einkaufsland des Ikea-Konzerns. Lars Petersson, Geschäftsführer von Ikea Italia, unterstreicht: \“Wir haben neue italienische Partner gefunden, die durch Kompetenz, Einsatz und Wettbewerbsfähigkeit in Qualität und Preis ihre asiatischen Konkurrenten übertreffen\“. Dies ist auch dem hohen Automationsgrad der italienischen Unternehmen zu verdanken, was eine höhere Produktivität und Qualität garantiert. Bereits im Jahr 2011 hat der Konzern in Italien mehr eingekauft als verkauft und somit zur auch Ankurbelung der italienischen Wirtschaft beigetragen. Den Großteil stellen dabei die Küchen: Ein Drittel aller von Ikea weltweit verkauften Küchen wird in Italien hergestellt. Sie stammen vorwiegend aus dem Veneto (38%), aus dem Friaul (30%) und aus der Lombardei (26%). Allein in diesen drei Regionen kauft der Ikea-Konzern mehr ein als in Schweden oder Deutschland. Die neuen Produktionsaufträge führen zu schätzungsweise 2.500 neuen Arbeitsplätzen, zu denen noch ca. 6.600 Mitarbeiter des Handels- und Logistiknetzes sowie der Zulieferbetriebe hinzukommen. Diese neue Auftragslage kommt dem italienischen Unternehmen Manuex zugute, das seit 2011 jene Werkhallen betreibt, die von der historischen Textilindustriegröße Fraver aus Quaregna (italienische Provinz Biella) geräumt wurden. Dort werden nun Schienen und Abdeckungen für Schubladen für Küchenmöbel für den Einrichtungsriesen Ikea produziert. Manuex gehört zur Gruppe FGV (das Kürzel steht für die Anfangsbuchstaben der beiden Gründer der Gesellschaft im Jahr 1947, Formenti und Giovenzana, sowie für den Anfangsbuchstaben des Gründungs- und Standortes in der Provinz Como, Veduggio con Colzano).

Die Produktion der Türen

Zur Gewährleistung der Produktion mit den kundenseitigen Volumen-, Flexibilitäts- und Qualitätsvorgaben wurde eine neue Produktions-, Montage- und Verpackungsanlage für die Ikea-Küchenfronten entwickelt. Mit der Projektierung und Projektumsetzung wurde das Unternehmen Process Srl beauftragt, das seit 25 Jahren in der Automation für Holzbearbeitung arbeitet. Process Srl besitzt die Kompetenz zur Realisierung von vollautomatisierten und hochtechnologischen Montage- und Palettierungslinien. Das von der Anlage produzierte Endprodukt ist eine perfekt zusammengebaute und verleimte Front mit Montagemöglichkeit von einer, zwei oder drei Platten sowie mit einem schnellen und vollautomatischen Werkzeugwechsel. Das Anlagenprojekt besteht aus einer Montagelinie, einer Verpackungslinie und einer Palettierungslinie. Das Produktionsvolumen beträgt bis zu zwölf Fronten pro Minute und erfordert nur minimalen Personalaufwand: Für die Steuerung aller automatisierten Vorgänge genügt ein einziger Bediener.

Die Anlagenarchitektur

Die Anlagenautomation wird von drei \’Saia\‘-SPSen im Ethernet-Netzwerkverbund übernommen, angeschlossen an die HMI-Schnittstellen und den Scada-Leitrechner. Als Software-Technologie wurde \’Movicon 11\‘, gewählt. Movicon wird von Process Srl seit über einem Jahrzehnt gerade wegen der Einsatzvielfalt, Plattformunabhängigkeit und Flexibilität verwendet. Die Anlage sieht an den einzelnen Linien drei 15\“-HMI-Touchscreens auf Windows-CE-Basis vor. An diese angeschlossen ist der Scada-Rechner mit der Movicon-Software zum Bedienen und Beobachten. Die Wiederverwendbarkeit von Komponenten reduzierte die Entwicklungszeit und somit die Kosten. Für den Teleservice ist das Steuerungssystem auch mit einer Modemverbindung ausgerüstet. Damit sind die Servicetechniker von Process Srl imstande, die SPS-Programme zu optimieren, Alarme zu visualisieren (im Fehlerfall via Fernwirk-Maßnahmen einzugreifen), die täglichen, wöchentlichen und monatlichen Produktionsreports abzurufen und jede weitere benötigte Diagnoseanalyse durchzuführen. Die im Movicon-Scada-Programm integrierten leistungsstarken Funktionen optimieren die Instandhaltung und Produktivität der Anlagen ohne zusätzlichen Aufwand. Die Vorbereitung der Maschine auf eine bestimmte Produktion erfolgt einfach durch den Aufruf eines in der Datenbank des Rechners gespeicherten \’Rezeptes\‘.

Montagelinie

Die Linie ist in drei Abschnitte unterteilt: Im ersten Abschnitt werden die Träger aus zwei Magazinen zugeführt. Sie sind mit Vinylkleberapplikatoren für die Verleimung ausgerüstet. Die Träger werden in Abhängigkeit der Plattengrößen komplett automatisch positioniert. Der zweite Abschnitt ist ein Plattenzuführystem, bestehend aus Portalautomation, Gurtförderband und Plattenförderer. Die Platten werden den Paletten entnommen und auf dem Plattenausrichter abgelegt, der sie zum Portal bringt. Während der Greifer an einer Maschinenseite arbeitet, stockt der Bediener die Stapel und das Magazin an der anderen Maschinenseite auf. Der dritte Abschnitt besteht aus zwei Schenkelförderern an beiden Maschinenseiten. Diese werden von einem Roboter beschickt, der der Palette eine Lage von Schenkeln entnimmt, sie im Zentriersystem zentriert und abwechselnd im linken oder rechten Schenkelmagazin ablegt. Die Schenkel werden von einem Bediener in die beiden Seitenmagazine geladen. Sie werden mit Vinylkleber an der mittigen Fräsung und in den Bohrungen verleimt. Der Kleber wird aus zwei durch Achsen bewegten Pistolen zugeführt. Diese Achsen sind außerdem mit zwei Schmelzkleberpunkte-Applikatoren entlang der Schenkel ausgerüstet. Nach dem Verleimen werden die Schenkel in den Schlussbereich gefahren, wo zehn mit bürstenlosen Motoren (Wechselstrom) betriebene Achsen für die komplette Montage sorgen. Die Förderkette am Maschinenausgang verbindet die Montagelinie über eine Bohrmaschine mit der Verpackungslinie.

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Progea Deutschland GmbH
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